Die Südtribüne wackelt, ihr Gesang ist vermutlich noch im Dortmunder Norden zu hören. Von allen Rängen ist Applaus zu vernehmen. Die Fans feiern ihre Mannschaft – nicht für das Weiterkommen in der Champions League. Aber für einen emotionalen Fußball-Abend, an dem der BVB lange Zeit an der Sensation schnuppert und Barcelona teilweise entzaubert.
Furioser BVB-Start gegen Barcelona
Kaum einer traute sich im Vorfeld, es auszusprechen. Doch dieses Besondere in der Luft an diesem Dienstagabend im Signal Iduna Park war Beweis genug dafür, dass tatsächlich noch einige in Schwarzgelb an das größte Fußball-Wunder der Vereinsgeschichte glaubten. Schon weit vor Abpfiff bebte das Stadion. Dieses kleine Fünkchen Hoffnung ließ Dortmund träumen.
Und aus dem Fünkchen wurde ganz schnell ein Funke. Karim Adeyemi steckte den Ball auf Pascal Groß durch, Barca-Keeper Wojcech Szczesny räumte den Dortmunder ab. Elfmeter! Oder doch nicht? Der Linienrichter hatte die Fahne gehoben – doch die Entscheidung wurde vom VAR einkassiert. Serhou Guirassy schritt zum Punkt und chippte das Leder voller Selbstvertrauen in die Mitte (11.). Traumstart für den BVB, der somit auch nicht allzu lange den beiden vorherigen Großchancen nachtrauern musste. Guirassy verpasste gleich zwei scharfe Hereingaben von links.
BVB zeigt die beste Leistung der Saison
Jeder Zweikampf, jeder gute Pass, jeder Abschluss wurde von den Anhängern frenetisch bejubelt. Und das fast im Sekundentakt, weil Borussia Dortmund in den ersten 45 Minuten die vermutlich beste Leistung dieser Saison zeigte. Klare Grundstruktur im 3-5-2, intensives Anlaufen jedes einzelnen Gegenspielers, unnachgiebig in den Zweikämpfen, scharfe Pässe und tolle Kombinationen. Dortmund fightete nicht nur, Dortmund spielte Fußball. Und was für einen.
So guten Fußball, dass Barcelona extrem beeindruckt reagierte und der Ball plötzlich schon wieder im Netz der Gäste lag. Felix Nmecha hatte Groß auf die Reise geschickt, der schob überlegt ein – stand beim Pass allerdings deutlich im Abseits und verzichtete direkt auf den Jubel (16.). Zwischen Fans und Spielern war längst eine Symbiose entstanden, die man lange Zeit nicht mehr so intensiv gespürt hatte. Wie beflügelt spielten sich die Gastgeber gegen ein fast komplett abgemeldetes Barca Chance um Chance heraus: Ramy Bensebaini stieg nach einer Ecke am höchsten (20.), Maximilian Beier hatte wohl nicht mitbekommen, wie frei er beim Groß-Freistoß zum Kopfball kam (29.) und für Adeyemi wurde der Winkel nach langem Lauf zu spitz (37.).
BVB-Stürmer Guirassy ist überall
Doch der sprichwörtliche Funke wurde erst nach dem Wiederanpfiff zu einer immer größer werdenden Flamme. Adeyemi und Groß ließen die große Doppelchance auf das 2:0 noch liegen, doch Guirassy drückte die anschließende Ecke nach Bensebaini-Vorarbeit per Kopf über die Linie (49.). Der BVB schnupperte tatsächlich an der Sensation. Das Stadion explodierte. Und wurde plötzlich mucksmäuschenstill. Die irre Aufholjagd fand in der 54. Minute ihr jähes Ende. Groß ließ auf dem Flügel Fermin laufen, dessen Hereingabe bugsierte Bensebaini aus fünf Metern ins eigene Netz. Der dicke Dämpfer!
Doch auch der sollte Fans und Mannschaft nicht von ihrem Glauben abbringen. In etlichen Spielen wäre dieses Team nach solch diesem Rückschlag zusammengebrochen. An diesem Abend ging es einfach weiter, als sei nichts geschehen – und setzte in Person von Guirassy sogar noch einen drauf. Nach einem schwachen Klärungsversuch von Ronald Araujo setzte der Guineer den Ball zum dritten Mal ins Netz.
BVB-Joker Brandt steht knapp im Abseits
Und wer weiß, was an diesem Abend noch passiert wäre, wenn Julian Brandt nicht zwei Schritte im Abseits gestanden hätte, als er nach einem langen Lauf durch die Beine von Szczesny zum vermeintlichen 4:1 traf (79.). So blieb die Sensation aus. Doch der BVB hatte Barcelona an diesem Abend die erste Pflichtspiel-Niederlage im Jahr 2025 zugefügt und auf Europas größter Fußballbühne noch einmal sein bestes Gesicht gezeigt. Wann Borussia Dortmund dort wieder spielen darf, ist eine mehr denn je offene Frage.