Borussia Dortmunds U23 weiß in dieser Drittliga-Saison eindeutig um ihre Stärken. Unter Trainer Jan Zimmermann setzt die Mannschaft in aller Regel auf eine kompromisslose Arbeit gegen den Ball. Nach Ballgewinnen zieht der BVB sein schnelles Umschaltspiel auf. Dieses immer wiederkehrende Muster gepaart mit gnadenloser Effizienz hat Schwarzgelb bislang beachtliche 39 Punkte eingebracht und führte auch am Freitag bei Viktoria Köln (3:1) zum Erfolg.
BVB-U23 kassiert siebten Platzverweis
Ebenfalls wiederkehrend ist die Tatsache, dass Schwarzgelb die Partien häufig zu zehnt beendet. In der Domstadt erwischte es Julian Hettwer, der sich für ein umstrittenes Foulspiel an Simon Handle die Rote Karte einhandelte. Es war bereits der siebte Platzverweis in dieser Saison für die BVB-U23. Hinzu kommen 66 Gelbe Karten, das ist nach Unterhaching (71) und Duisburg (69) der dritthöchste Wert aller Drittligisten. In der Fairness-Tabelle rangiert die Borussia auf dem letzten Platz.
Es lief die 59. Minute, als Handle mit Karacho aufs Dortmunder Tor losstürmte. Hettwer und Lion Semic nahmen ihn gemeinsam in die Mangel, der Kölner ging zu Boden. Auch nach mehrfacher Wiederholung der TV-Bilder ließ sich nicht genau ermitteln, ob ein Foul vorlag. Schiedsrichter Lars Erbst, dem weder der VAR noch die Möglichkeit einer Zeitlupe zur Verfügung stand, musste in Realgeschwindigkeit seine Entscheidung treffen – und zückte Rot.
BVB-Platzverweis sorgt für Diskussionen
Hettwer verstand die Welt nicht mehr. Der BVB-Rechtsaußen reagierte empört, schimpfte wie ein Rohrspatz, zeigte dem vierten Offiziellen einen Vogel, riss sich sein Trikot vom Leib, pfefferte es wütend auf den Boden. Die strittige Entscheidung war auch nach Abpfiff die meist diskutierte Szene der Partie. Sofern kein eindeutiges Foul erkennbar sei, dürfe man auch nicht Rot zeigen – diese Argumentationslinie vertraten die Borussen.

Selbst der (vermeintlich) Gefoulte war sich am Mikrofon bei MagentaSport später nicht sicher, ob er getroffen wurde: „Es ist schwierig. Selbst wenn ich das sehe, kann ich es nicht genau sagen. Seine Reaktion spricht auch Bände. Irgendwann war ich am Ball, ob er davor am Ball war, ob er mich da jetzt trifft, es ist ohnehin müßig. Klar, für ihn ist es bitter.“ Viktoria-Coach Olaf Janßen urteilte: „Aus meiner Perspektive spitzelt Hettwer den Ball weg und es war keine Rote Karte.“ Nach mehrmaliger Ansicht der TV-Bilder revidierte er seine Meinung jedoch. In dieser Situation die Rote Karte zu zeigen, sei eine „Kann-Situation“.
BVB-Trainer Zimmermann hält sich zurück
Dortmunds Torschütze Ole Pohlmann war ebenfalls unentschlossen, meinte aber: „Das sieht hart aus, man kann sie schon geben. Der Schiedsrichter hat so entschieden, das ist auch okay.“ Sein Trainer, Jan Zimmermann, der schon in der Vorwoche nach dem Platzverweis gegen Falko Michel (drei Spiele Sperre) gegen den 1. FC Saarbrücken das Gespräch mit dem Unparteiischen gesucht hatte und Gelb sah, hielt sich diesmal vornehm zurück. „Es macht wenig Sinn, wenn ich jetzt jede Woche die Schiedsrichter-Leistung kommentiere.“

Und so rangiert die BVB-U23 in der Kategorie Platzverweise an der Tabellenspitze. Viermal gab es Gelb-Rot (Elongo-Yombo, Bamba, Blank, Göbel), dreimal Rot (Lotka, Michel, Hettwer). Kurios: Während der ersten elf Spieltage blieb die BVB-U23 komplett ohne Hinausstellung. Zur Wahrheit gehört aber auch: Viele dieser Entscheidungen waren knifflig und wurden gegen die Dortmunder ausgelegt, die mehrfach das nötige Fingerspitzengefühl beim Unparteiischen vermissten.
BVB-Stürmer Hettwer entschuldigt sich
„Am Ende hat es der Schiedsrichter entscheiden, ich kann es nicht beeinflussen. Was ich aber beeinflussen kann, ist, dass wir daran arbeiten, dass wir gar nicht in diese Situation kommen, dass wir die eigene Ecke besser zu Ende spielen und eine bessere Absicht haben, damit es gar nicht erst eine strittige Situation werden kann“, meinte Zimmermann selbstkritisch. Auch Hettwers Wutausbruch, der sich im Nachgang beim Referee entschuldigte, werde thematisiert. „Klar kann man sich besser verhalten, wir werden darüber sprechen“, kündigte Zimmermann an. Zugleich zeigte er aber durchaus Verständnis für die emotionale Reaktion des 20-Jährigen.

Einem möglichen Rüpel-Image trat Zimmermann entschieden entgegen. Seine Mannschaft sei keine, die sich bewusst unfair oder grob unsportlich verhalte, stellte der 44-Jährige klar. Dennoch macht auch er sich Gedanken über die Vielzahl an Platzverweisen in den vergangenen Wochen. „Nach der Roten Karte haben wir zwar genau wie letzte Woche sehr aufopferungsvoll verteidigt. Aber wir spielen zu häufig ein Spiel nicht mit elf Mann zu Ende. Daran müssen wir natürlich arbeiten.“ Auch wenn die BVB-U23 in beeindruckender Weise nachgewiesen hat, welche kämpferische Kraft in Unterzahl in ihr steckt, soll das nicht zur Gewohnheit werden. „Wenn wir es in den nächsten Wochen schaffen, den Platz mit elf Mann zu verlassen, dann macht es noch mehr Spaß“, meinte Pohlmann.
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