Beim Gang zum Podium hatte Jan Zimmermann sein Lächeln wiedergefunden. Das war angesichts eines 15-minütigen Totalausfalls aller Systeme und einer daraus resultierenden 1:3-Niederlage bei Rot-Weiss Essen keineswegs selbstverständlich. Doch eine gute Dreiviertelstunde nach Abpfiff hatte der Trainer der BVB-U23 den Schock über die heftige Abreibung an der Hafenstraße einigermaßen verdaut.
BVB-U23 hat viel Personalfluktuation
„Das ist ein bisschen wie bei Und täglich grüßt das Murmeltier. Immer komme ich hierher, Dabro braucht dringend Punkte, ich lass sie ihm da, gratuliere ihm zum Sieg und fahre wieder mit leeren Händen nach Hause“, flachste Zimmermann zu seinem Essener Trainerkollegen Christoph Dabrowski gewandt. Die erste Hälfte hingegen hatte der 44-Jährige in weiten Teilen mit versteinerter Miene verfolgt. Denn sie zeigte die noch herrschenden Probleme schonungslos auf. Mit diesen fünf Herausforderungen hat die BVB-U23 im bisherigen Saisonverlauf und vor dem Heimspiel am Samstag (14 Uhr) gegen 1860 München zu kämpfen:
01). Suche nach Identität: In den vergangenen eineinhalb Jahren waren die Dortmunder die Meister des schnellen Überfalls. Kaum ein Team in Liga drei spielte Umschaltaktionen nach Ballgewinnen so rasant und zielbringend aus. In dieser Saison soll das schwarzgelbe Repertoire um zusätzliche Lösungen in eigenem Ballbesitz erweitert werden. Eine neue Identität muss sich erst noch herausbilden. Ansätze sind bereits zu erkennen, aber an einer konsequenten Verbindung ins letzte Drittel hapert es noch. Die meiste Gefahr erzeugt der BVB bisher über die Außen, wo Julian Hettwer mittlerweile auf den linken Flügel verfrachtet wurde. Rechts ist damit Platz für Babis Drakas und Cole Campbell.
02.) Viel Rotation: Beeinträchtigt wird der Prozess der Selbstfindung auch durch das hohe Maß an personeller Rotation, dem die BVB-U23 unterworfen ist. Dortmunds Zweite hat in dieser Saison noch kein Spiel mit derselben Startelf bestritten. Meist entscheidet sich erst sehr kurzfristig, welches Personal am Spieltag zur Verfügung steht. Teile der Mannschaft nehmen zudem am Training der Profis teil. Das erschwert es, Muster und Abläufe zu etablieren. Das hohe Maß an Rotation mündet bisweilen in fehlender Bindung zum Spiel. Ein Beispiel: Die für die Statik bedeutsame Zehnerposition bekleideten in den letzten drei Partien in Kjell Wätjen, Antonio Foti und Michael Eberwein drei verschiedene Akteure.
BVB-Gefahr bei gegnerischen Standards
03.) Anfälligkeit bei Standards: Ruhende Bälle gegen den BVB haben das Potenzial, den Puls der Borussen nach oben zu jagen. Denn Standardsituationen des Gegners bedeuten häufig eine Gefahr. Dieses Thema ist nicht neu und bleibt auch in dieser Saison bislang akut. Beim 1:3 in Sandhausen setzte es nach einem Freistoß einen Gegentreffer. Die Anfälligkeit nach Eckbällen und Freistößen durch eine bessere Positionierung und konsequentere Verteidigung zu reduzieren, gehört zu den dringlichsten Aufgaben.

04.) Kein Unterschiedspieler: Vor zwei Jahren war es Justin Njinmah, der mittlerweile für Werder Bremen in der Bundesliga auf Torejagd geht. In der vergangenen Saison war es Ole Pohlmann, der als Stratege glänzte und besondere Momente kreierte. In dieser Serie aber ist die BVB-U23 noch auf der Suche nach ihrem Unterschiedspieler. Im Zentrum sind Ayman Azhil und Franz Roggow unentbehrlich, am ehesten aber kommt Julian Hettwer für diese Rolle in Frage. Er ist mit vier Treffern und zwei Assists bislang Topscorer und nach einer schwachen Rückrunde eindeutig im Aufwind.
05.) Keine Vollstrecker: Von Flügelstürmer Hettwer einmal abgesehen, geht von keinem Borussen konstant Gefahr für den Gegner aus. Der BVB-U23 fehlt schlichtweg der eine Fixstern in der Offensive, der verlässlich weiß, wo die Kiste steht. Michael Eberwein ist mit zwei Toren zweitbester Schütze des Teams und mangels Alternativen in der Angriffsmitte häufig erste Wahl. Der Routinier ist jedoch als Mittelstürmer nur bedingt gut eingesetzt, da er eine Position tiefer als Stabilisator deutlich wertvoller wäre.

Jordi Paulina zeigt zwar gute Ansätze, kommt darüber aber noch nicht hinaus. Und Rodney Elongo-Yombo wiederum hat seine Stärken eher auf dem Flügel. Die Boxbesetzung ist noch ausbaufähig. Nicht umsonst vermisste der Sportliche Leiter Ingo Preuß bisweilen „Entschlossenheit und Gier“. Auch Trainer Jan Zimmermann mahnte: „In den Eins-gegen-Eins-Duellen müssen die jungen Spieler schleunigst lernen, präsenter zu sein, sich besser durchzusetzen – das entscheidet am Ende die Spiele.“
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