„Wir möchten wieder die beste U23 Deutschlands sein“, hatte Kapitän Franz Pfanne vor Saisonbeginn gesagt. Von diesem Anspruch trennen die BVB-U23 zur Winterpause satte 13 Punkte. Die U23 des SC Freiburg steht mit 31 Zählern auf Rang fünf, die Borussia dagegen mit 18 Punkten auf Platz 14. Das von Pfanne proklamierte Ziel zu erreichen, dürfte schwierig werden. Für die BVB-U23 wird es im neuen Jahr in erster Linie darum gehen, den Klassenerhalt so schnell wie möglich in trockene Tücher zu bringen. Diese fünf Baustellen muss sie dafür beackern:
01.) Harmlosigkeit in der Offensive: Das größte Defizit liegt auf der Hand. „13 Tore in 17 Spielen sind zu wenig, das ist klar. Da spricht leider auch die Expected-Goal Statistik eine klare Sprache“, sagt Trainer Christian Preußer im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. In den Statistiken der Website „footystats.org“ weist die BVB-U23 mit 1,24 Treffern bei den Expected-Goals den viertschlechtesten Wert auf. In sieben von 17 Spielen blieben Schwarzgelben torlos – das entspricht 41 Prozent aller Partien. Nur der FSV Zwickau (neun) und der SV Meppen (zehn) blieben noch häufiger ohne Treffer. Mehr als zwei Tore gelangen dem BVB nie. Das liegt auch an der mangelnden Verwertung hochkarätiger Möglichkeiten.
„Die Chancen sind ja da, es ist nicht so, dass wir uns keine erspielen. Aber es fehlt die Kaltschnäuzigkeit. Uns fehlen das Selbstverständnis und auch die Ruhe vor dem Tor. Es muss unser Hauptziel sein, daran zu arbeiten und das zu verbessern, weil es offensichtlich ist, dass es daran hapert“, unterstreicht Routinier Niklas Dams. Die ergreifende Harmlosigkeit in der Offensive ist das Resultat von Baustelle Nummer zwei.
02.) Zu wenig Tiefe im Spiel: Die BVB-U23 ist von ihrem selbst formulierten Anspruch, die Initiative ergreifen, dominanten, offensiven und ansehnlichen Fußball spielen zu wollen, noch weit entfernt. Ihr Spiel wirkt mitunter eindimensional und zäh. „Wir brauchen mehr Tiefe im Spiel“, urteilt Christian Preußer. Mal fehlt es seinem Team an Entschlossenheit, mal am Tempo, um die Vorzüge von Spielern wie Justin Njinmah oder Marco Pasalic besser zur Geltung zu bringen. „Wir brauchen Lösungen, damit wir mit ein, zwei Kontakten schnell nach vorne kommen“, sagt Preußer.

Häufig hat sein Team noch zu viel Ballbesitz in ungefährlichen Zonen. Statt zu gestalten, verfällt der BVB dann in den Modus des Verwaltens. Über ihr Kombinationsspiel finden die Borussen aber zu selten Lücken beim Gegner. Ingo Preuß bemängelt vor allem das Freilaufverhalten der Spieler. „Angebote, Angebote, Angebote – es geht darum, Optionen anzubieten für denjenigen, der am Ball ist. Das müssen wir unbedingt verbessern“, betont der Sportliche Leiter. Permanentes Freilaufen aber kostet Kraft und setzt Fleiß und Beharrlichkeit voraus. Was zu Baustelle Nummer drei führt.
03.) Auf die Dauer hilft nur Power: Power gehört zu den Lieblingsvokabeln von Christian Preußer. Er sieht das so: Bevor seine Mannschaft fußballerisch glänzen kann, müssen erst die Schweißperlen auf den Gesichtern der Spieler glänzen. Arbeit geht vor Ästhetik. In der 3. Liga ist unbändige Einsatzbereitschaft gepaart mit einer entsprechenden Physis die Grundvoraussetzung, um erfolgreich zu sein. „Es kommt in der 3. Liga sehr darauf an, wie man in die Zweikämpfe geht und wie man das Spiel annimmt – darüber werden die Spiele entscheiden. Sobald man das nicht auf den Platz bringt, hat man keine Chance“, sagt Kapitän Franz Pfanne.
Den allerletzten Willen konnte man nicht von allen Spielern immer gleichermaßen erkennen. Das aber wird ab Januar unerlässlich sein. „Wir brauchen Power und zwar immer. Wir müssen permanent am Anschlag sein, auch beim Einwurf, auch beim Anstoß oder Eckbällen. Wir müssen den Fokus immer hochhalten. Das wird die Aufgabe sein. Das ist anstrengend, aber das verlangt die 3. Liga und das machen die Mannschaften, die vor uns stehen, gerade noch besser als wir“, urteilt Christian Preußer. Und das korrespondiert eng mit Baustelle Nummer vier.

04.) Das falsche Mindset: Auf selbsterfüllende Prophezeiungen haben sie in Dortmund keine Lust. Genau die nimmt Christian Preußer jedoch wahr, was ein echtes Problem darstellt. „Ich habe manchmal das Gefühl in unseren Spielen, dass wenn wir eine Torchance vergeben haben, und dann auch eine zweite Torchance vergeben – für viele klar ist, dass wir auch die dritte vergeben werden.“ Für Preußer ein No-Go: „Dagegen müssen wir ankämpfen. Das hat etwas mit dem Mindset zu tun. Solche Situationen müssen wir schneller abhaken und uns gleich auf die nächste Aktion fokussieren – im festen Glauben: Den nächsten haue ich rein.“
Darüber hinaus ist die notwendige Haltung und der korrekte Umgang bei Negativerlebnissen nicht bei allen Spielern gleichermaßen gut ausgeprägt. Die Fähigkeit, auf Rückschläge angemessen zu reagieren, ist aber essenziell. „Die Jungs müssen körperlicher werden, damit sie sich in der 3. Liga behaupten können. Und sie müssen mental damit umgehen, wenn sie mal nicht spielen oder nicht im Kader stehen“, sagt Christian Preußer. Mit diesem Lernprozess gingen die Spieler mittlerweile besser um als noch vor zwei, drei Monaten. Dass es viel Frust in den eigenen Reihen gegeben hat, liegt aber nicht nur an den vielen Niederlagen, sondern auch an Baustelle Nummer fünf.
05.) Der Kader ist zu groß: Zählt man auch die Akteure des (erweiterten) Profi-Kaders dazu, umfasst die kickende Belegschaft der BVB-U23 31 (!) Spieler. 20 von ihnen können im Spieltagskader stehen, der Rest schaut von der Tribüne aus zu. Gute Trainingsleistungen hin oder her – in der Hinrunde gab es in der U23 viele lange Gesichter und einige Spieler, die kaum bis gar nicht zum Zug gekommen sind. Das zehrt an der Motivation und geht zu Lasten der Stimmung. Deshalb will der BVB im Winter unbedingt abspecken und sich von bis zu vier Spielern trennen. Valentino Vermeulen und Dennis Lütke-Frie (je null Einsatzminuten), Aday Ercan (86), Marco Hober (94) und Timo Bornemann (127) gehörten im bisherigen Saisonverlauf zu den Bankdrückern und sind damit am ehesten Kandidaten, von denen sich der BVB im Winter trennen könnte.
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