Die 0:4-Pleite bei Rot Weiss Essen vor zwei Wochen war der negative Höhepunkt einer Entwicklung, die sich schleichend abgezeichnet hatte. Schon beim 1:2 in Duisburg und beim 0:2 gegen Bielefeld war die BVB-U23 nicht an die Leistungen der Vorwochen herangekommen. Im Derby gegen RWE gab es dann die dritte Niederlage in Serie – das hatte es bis dahin in dieser Saison noch nicht gegeben. Jetzt hat Borussia Dortmunds U23 die Reset-Taste gedrückt. Am Samstag (14 Uhr) empfängt sie Waldhof Mannheim in der Roten Erde. „Ich bin zuversichtlich, dass wir da den Turnaround schaffen“, sagt Kapitän Franz Pfanne. Diese fünf Schlüsselaspekte sind essenziell für eine Besserung im Saison-Endspurt:
01.) Gewissenhaftigkeit: Bei der 0:4-Abreibung in Essen waren vor allem die letzten 20 Minuten, in denen Schwarzgelb gefühlt die weiße Fahne hisste, beunruhigend. Der BVB wirkte sorglos und schwerfällig. „Bei den beiden Gegentoren in der Schlussphase gucken fünf Spieler aus dem Mittelfeld zu und drücken die Daumen, dass nichts Schlimmes passiert. Das geht nicht“, moniert Ingo Preuß im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Der Sportliche Leiter der BVB-U23 mahnt wieder mehr Pflichtbewusstsein an.
„Wir sind gerade in einer Phase, in der sich gefühlt alle zurücklehnen, weil alle den Jungs erzählen, was sie für eine tolle Saison spielen. Sie haben sich von außen einlullen lassen. Wenn dir alle sagen, wie gut du bist, dann lässt du nach“, sagt Preuß. Ein Spannungsabfall nach Erreichen der 45-Punkte-Marke ist unverkennbar. „Wir werden jetzt schauen, wer noch die nötige Spannung hat, wer sich für andere Vereine in der neuen Saison ins Schaufenster stellen will und wer bereit ist, sich für das Team zu zerreißen“, kündigt Preuß an. Er erwartet das Maß an Gewissenhaftigkeit, das die Mannschaft über viele Wochen auszeichnet hat.
02.) Taktische Disziplin: In den vergangenen sechs Spielen hat die BVB-U23 16 Gegentore kassiert. Das waren so viele wie in den 15 (!) Spielen zuvor. Die fehlende Sorgfalt ist auch das Resultat mangelhafter taktischer Disziplin. „Wir können nur bestehen, wenn alle zu 100 Prozent dabei sind. Sobald einer auch nur ein bisschen nachlässt, haben wir keine Chance“, betont Preuß. Antonios Papadopoulos, eigentlich als Stabilisator in der Viererkette fest eingeplant, spielte jüngst häufig vogelwild. Taktische Disziplin gehört aber nicht nur beim Deutsch-Griechen wieder ganz oben auf die Agenda.

„Wir hatten gegen Essen viel zu große Lücken, wir haben nicht richtig nachgeschoben. Jeder hat das gemacht, was er für das Beste gehalten hat“, bemängelt Franz Pfanne. Nicht nur gegen, sondern auch mit dem Ball wichen zuletzt viele Borussen vom Matchplan ab. „Wir hatten im Pressing nicht das letzte Quäntchen, um wirklich in die Zweikämpfe zu kommen. Wir waren oft einen Schritt zu spät, waren ein bisschen zu tief mit der letzten Kette, haben ein bisschen die Überzeugung verloren“, so Pfanne. Der BVB muss schleunigst Höhe und Timing des Pressings verbessern.
BVB-U23 benötigt bessere Konterabsicherung
03.) Verantwortung: Trainer Jan Zimmermann legt viel Wert auf ein hohes Maß an Verantwortung. Jeder seiner Spieler soll sie für sich selbst, aber auch gleichermaßen für die Gruppe übernehmen. Im Idealfall spiegelt sich das auf dem Rasen wider, wenn einer den Fehler des anderen ausbügelt oder ihm in brenzligen Situationen zur Hilfe eilt. Auch diese Bereitschaft offenbarte sich in der laufenden Saison schon einmal deutlicher ausgeprägter. Die defensive Anfälligkeit der vergangenen Wochen ist kein Zufall. Die Schlussphase gegen RWE stand dafür sinnbildlich.

„Ich erwarte von meinen erfahrenen Spielern, dass sie die Situation besser einschätzen, kompakter stehen und wir nicht hinten raus in die Konter laufen, so offen sind und so deutlich verlieren. Das geht so nicht auf diesem Niveau, damit müssen wir verantwortungsvoller umgehen“, unterstreicht Zimmermann. Das betrifft auch das Thema Restverteidigung.
Großer Konkurrenzkampf bei der BVB-U23
04.) Geschärfte Sinne: Zur Wahrheit gehört auch, dass die BVB-U23 unterm Strich bislang eine wirklich gute Drittliga-Saison spielt. Leistungsdellen und Fehler gehören zum Entwicklungsprozess dieser jungen Mannschaft. „Ich will das nicht verniedlichen, aber so eine Phase hat jede Mannschaft einmal. Wir hatten sie die ganze Saison noch nicht“, sagt Ingo Preuß. Dennoch machte es zuletzt den Anschein, als verspiele der Dortmunder Unterbau leichtfertig seine zuvor hart erarbeitete Ausgangsposition. „Wir haben uns die letzten drei Spiele anders vorgestellt. Aber auch solche Niederlagen gehören dazu. Jeder muss lernen, damit umzugehen und weiterzumachen. Es bringt ja nichts, wenn wir jetzt aufhören, Fußball zu spielen und am Ende irgendwie gerade noch so mit 45 Punkten die Klasse zu halten. Das kann ja nicht unser Anspruch sein“, betont Franz Pfanne.

Die zweiwöchige Meisterschaftspause haben sie bei der Borussia genutzt, „um uns zu sammeln und die Jungs noch mal einzunorden“ (Preuß). Dabei haben die Verantwortlichen viele Gespräche geführt. „Das 0:4 in Essen war ein Spiel, das aus der Reihe getanzt ist. Jedem ist klar, dass wir das nicht noch einmal erleben wollen. Wir haben nun wieder einen gesunden Konkurrenzkampf, so dass es sich kein Spieler erlauben kann, nachzulassen“, versichert Jan Zimmermann. In den Saison-Endspurt soll es wieder mit geschärften Sinnen gehen.
Wie geht BVB-U23 mit Negativerlebnis um?
05.) Rückkehr zum Selbstverständnis: Dass es die BVB-U23 viel besser kann, als in den vergangenen drei Partien demonstriert, hat der bisherige Saisonverlauf bewiesen. „Es gehört vielleicht auch mal dazu, dass man so auf die Fresse kriegt. Auch wenn jetzt es gerade brutal weh tut, für die Zukunft ist das für uns als Mannschaft und besonders für die jungen Spieler nicht schlecht. Indem man lernt, wie man mal mit so einem richtigen Negativerlebnis umgehen muss. Es ist nicht alles immer nur rosig im Fußball“, stellt Pfanne klar.
Beim 3:2-Sieg im Geheimtest gegen RW Oberhausen vor einer Woche war schon wieder ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar, machte die Mannschaft einen wichtigen Schritt zurück zum alten Selbstverständnis. „Das Testspiel gegen Oberhausen hat uns viele Aufschlüsse und viel Vertrauen in Abläufe und Spielweise gegeben. Im Spielaufbau haben wir gut kombiniert und waren im letzten Drittel zielstrebig und durchsetzungsstark. Diesen Schwung wollen wir mitnehmen in den Saison-Endspurt“, sagt Zimmermann.