Kjell Wätjen ließ Kopf und Schultern hängen. Einen Moment lange starrte er tief gebeugt auf den Rasen, um sich im nächsten Augenblick die Hände vors Gesicht zu halten. So ein Mist. Marcel Lotka hatte versucht, ihn per flachem Abstoß anzuspielen, die Kugel stattdessen aber in die Füße von Cedric Harenbrock gespielt. Wätjen versuchte noch, das Missgeschick auszubügeln und versenkte den Ball dabei versehentlich zum 0:1 (17.) im eigenen Tor. Hansa Rostocks frühe Führung als Resultat fehlender Abstimmung.
Später BVB-Treffer zum Ausgleich
Dass dieser Rückstand am Ende nicht ins Gewicht fiel, war einer engagierten Leistung der BVB-U23 zu verdanken, die durch einen Last-Minute-Treffer von Julian Hettwer zum 1:1 (90.+5) noch einen verdienten Punkt aus dem Ostseestadion mitnahm. Und so erlebte der Debütanten-Ball der Schwarzgelben doch noch ein versöhnliches Ende. Neben Wätjen verhalf Trainer Jan Zimmermann auch Filippo Mane sowie den U19-Akteuren Almugera Kabar und Cole Campbell zu ihrem Drittliga-Debüt. Alle vier durften von Beginn an ran. Der hohe Grünschnabel-Faktor machte sich dann auch bemerkbar. Wätjen war auf der Doppelsechs an der Seite von Franz Roggow nach schwieriger Saison-Vorbereitung eine gewisse Nervosität anzumerken.
Auch Linksverteidiger Almugera Kabar hatte mitunter Schwierigkeiten gegen die agilen und robusten Jan Mejdr, Nils Fröling und Adrien Lebeau. Für sein hartes Einsteigen gegen Fröling nach 19 Minuten kam er noch ungeschoren davon, für sein ungestümes Kopfballduell gegen Mejdr aber sah er die Gelbe Karte. Der 18-Jährige, der in der Jugend vielen Gegenspielern aufgrund seiner enormen Physis überlegen ist, hatte es in Rostock mit mindestens ebenbürtigen Kontrahenten zu tun – und bekam das in vielen (verlorenen) Zweikämpfen deutlich zu spüren.
BVB-Youngster Campbell mit guten Akzenten
Dennoch wählte er immer wieder mutig den Weg nach vorne, was zweifellos auch für Campbell galt. Der Rechtsaußen, für den Hettwer zunächst auf der Bank Platz nehmen musste, suchte immer wieder forsch das Eins-gegen-Eins (häufig gegen Alexander Rossipal), setzte nach und sorgte für Ballgewinne. Der US-Amerikaner arbeitete auch defensiv gut mit. Gleichzeitig agierte er im eigenen Ballbesitz häufig noch zu eigensinnig und verpasste es, den besser postierten Mitspieler in Szene zu setzen.

Wätjen hingegen war nach nur zwei Trainingseinheiten fehlende Bindung anzumerken. Seine beste Szene hatte der 18-Jährige, als er mit einem Heber auf Ayman Azhil beinahe den Ausgleich (43.) vorbereitet hätte, doch Rostocks Ahmet Gürleyen rettete noch vor der Linie. Auch Innenverteidiger Mane erlebte einen durchwachsenen Nachmittag. Einem starken Tackling gegen Albin Berisha (5.) folgte ein Katastrophen-Fehlpass nach einer halben Stunde, der unbestraft blieb. Auch sein Ballverlust nach 61 Minuten an der eigenen Mittellinie, der zu einem Konter führte, ging noch einmal glimpflich aus.
BVB-Trainer Zimmermann lobt Krevsun
„In dieser Konstellation haben wir erst zweimal zusammen trainiert. Da ist es nur natürlich, dass wir noch keinen genauen Rhythmus haben, dass Abläufe und Automatismen noch nicht so funktionieren. Wie sich die Mannschaft aber in das Spiel reingearbeitet, wie sich gewehrt hat und mit dem Rückstand umgegangen ist, das hat mir gut gefallen“, sagte Zimmermann im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Nach 58 Minuten war das Debüt von Wätjen und Kabar beendet, nach 73 Zeigerumdrehungen auch das von Campbell und Mane. Dafür kam in Danylo Krevsun ein weiteres Eigengewächs zum Einsatz. Der Ukrainer erledigte seinen Job mit viel Einsatz und sehr viel Nervenstärke, weshalb ihn Zimmermann als „Eisvogel“ adelte. Der Einsatz der fünf Youngster im Ostseestadion demonstrierte daher zweierlei: „Wir haben eine junge und sehr talentierte Mannschaft“, so Zimmermann. Zugleich wurde den Eigengewächsen bei ihrem ersten Auftritt in der 3. Liga gezeigt, wie dünn die Luft in einer Männer-Profiliga werden kann. Fehler sind in diesem Entwicklungsprozess eingepreist.
Wichtige Erfahrung für BVB-Talente
„Die Atmosphäre in Rostock ist besonders, das Stadion ist voll, das Publikum ist laut. Das haben viele unserer Jungs so noch nicht erlebt. Dazu ist Hansa ein Zweitliga-Absteiger, der über eine sehr robuste und zweikampfstarke Mannschaft verfügt. Mit diesem Druck und dieser Wucht klarzukommen, war für die Entwicklung unserer jungen Spieler eine wertvolle Erfahrung“, konstatierte Zimmermann. Und eine, die dank eines späten Wirkungstreffers von Hettwer nach Vorlage von Michael Eberwein belohnt wurde. „Mit der jungen Mannschaft, die wir heute hatten, waren wir sehr mutig. Wer sich hier so wehrt und nach einem Rückstand zurückkommt, ist auf einem richtigen Weg“, lobte Zimmermann.
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