Homophobie: BVB-Fans protestieren gegen Nmecha-Transfer „Dortmund würde seine Werte verraten“

Homophobie: BVB-Fans protestieren gegen Nmecha-Transfer: „Dortmund würde seine Werte verraten“
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Seit Mittwoch steht der Wechsel von Jude Bellingham zu Real Madrid nun auch offiziell fest. Borussia Dortmund fahndet seit geraumer Weile nach einem geeigneten Nachfolger für den Engländer. Bei der Suche ist auch Felix Nmecha vom VfL Wolfsburg auf dem Radar der BVB-Verantwortlichen aufgetaucht. Das Interesse der Borussia ist nach RN-Informationen verbrieft.

Rainbow Borussen wenden sich an BVB

Die Personalie sorgt bereits jetzt für viel Aufregung. Zwar sind die sportlichen Fähigkeiten des 22-Jährigen unbestritten. Doch Nmecha postete in der Vergangenheit mehrfach transfeindliche und homophobe Ansichten auf seinem Instagram-Account. Nmecha gilt als streng religiös und hat in den sozialen Netzwerken auch Inhalte des als rechtsextrem geltenden US-Moderators Matt Walsh geteilt. In den sozialen Netzwerken aber gehen viele BVB-Fans schon jetzt auf die Barrikaden, sprechen sich gegen einen Transfer aus.

Die queerfeindlichen Beiträge des möglichen Neuzugangs sorgen bei vielen BVB-Fans (mindestens) für Befremden und kontroverse Diskussionen. Am Dienstag hat der Fanclub „Rainbow Borussen“ einen offenen Brief an die Fanabteilung von Borussia Dortmund geschickt. „Wir haben heute per E-Mail den Verein wissen lassen, was wir von Nmecha halten: nämlich nichts“, schreibt deren Mitglied Sebastian Kropp via Twitter. In der Mail an den BVB heißt es weiter: „Wir möchten hiermit unsere größten Bedenken bezüglich einer Verpflichtung dieses Spielers zum Ausdruck bringen. Nmecha ist queerfeindlich eingestellt und fällt immer wieder mit dieser Einstellung auf. So hat er etwa ein Video eines Rechtsradikalen geteilt, um seine Ablehnung gegenüber trans*Personen zum Ausdruck zu bringen. […] Schon jetzt möchten wir klarstellen: wir finden, dass ein Spieler mit einer derartigen Einstellung nicht zu einem Verein passt, der sich selbst einer offenen und toleranten Gesellschaft verschrieben hat.“

BVB-Fanszene gespaltener Meinung

Kropps Tweet und damit der Brief der „Rainbow Borussen“ an die BVB-Führungsriege wurden bei Twitter bereits fast 100.000 Mal gelesen. „Als queerer Fanclub haben wir uns in der Pflicht gesehen, aktiv zu werden. Ein solcher Transfer würde dem Grundwertekodex des Vereins widersprechen“, stellt Sebastian Kropp im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten klar. Die Reaktionen auf die Mail an den BVB fielen unterschiedlich aus. Einerseits gab es Zustimmung und Solidaritätsbekundungen, andererseits sah sich Kropp auch Anfeindungen ausgesetzt. Für ihn steht fest: „Allein das Gerücht hat das Zeug dazu, die Fanszene zu spalten.“

Sebastian Kropp blickt nach vorne.
Sebastian Kropp ist Mitglied der „Rainbow Borussen“ und spricht sich klar gegen eine Verpflichtung von Felix Nmecha aus. © Sebastian Kropp/privat

Etliche schwarzgelbe Anhänger jedoch sehen in einer möglichen Verpflichtung Nmechas eben einen Bruch mit den Werten des Vereins. Diese Ansicht teilt auch Julia Monro. Die Transaktivistin ist selbst seit Jahren BVB-Fan und hat gemeinsam mit Borussia Dortmund im vergangenen Jahr den queeren „Aktionstag für mehr Vielfalt im Fußball“ organisiert.

Dortmund als Modellstandort für Vielfalt

Sie sagt im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten ganz klar: „Dortmund ist Modellstandort für das Projekt Vielfalt im Stadion. Würde der BVB Felix Nmecha verpflichten, wäre das ein Verrat an den eigenen Werten.“ Sie wünscht sich vom Verein und den Verantwortlichen der Borussia eine klare Haltung. Das gelte auch für den VfL Wolfsburg.

Monro weiß, wie es ist, streng religiös geprägt zu sein. Die 41-Jährige wuchs selbst in einem evangelikal-christlich geprägten Elternhaus auf. Sie wurde als Junge großgezogen, konnte sich mit aber mit der männlich zugewiesenen Rolle nicht identifizieren. Im Zuge ihres Outings brach ihre Familie mit ihr. Monro verlor seinerzeit fast ihr gesamtes familiäres und gesellschaftliches Umfeld.

„Die Bibel hat mehr Gewicht als das Grundgesetz“

Bei den Evangelikalen Christen, deren Gesinnung Nmecha offenbar teilt, geschehe alles unter dem Deckmantel der Nächstenliebe. „Viele von ihnen arbeiten mit sehr manipulativen Methoden. Das hat Sektencharakter. Alles, was weltlich ist, ist Sünde“, sagt Monro. „Nicht wenige dieser Gruppen stecken viel Geld in Anti-Gender-Kampagnen und bekämpfen demokratische Grundsätze. Für manche dieser Gruppen hat die Bibel mehr Gewicht als das Grundgesetz. Für sie ist jemand wie ich die Verkörperung des Teufels“, erläutert die Transaktivistin.

Julia Monro lächelt.
In den Augen von Transaktivistin Julia Monro würde der BVB mit einem Transfer von Felix Nmecha seine eigenen Werte verraten. © Mareen Meyer

Dass sich der BVB mit einem Transfer eines Spielers wie Nmecha beschäftigt, kann sie daher nicht nachvollziehen. „Menschen, die solche Inhalte teilen, sind meiner Meinung nach noch nicht in der Realität angekommen. Viele dieser Posts sind verschwörerisch und apokalyptisch – wer solchen Thesen anhängt, der hat in seinem Leben bislang viel verpasst und die Vielfalt unserer Gesellschaft noch nicht kennengelernt“, betont Julia Monro.

Keine Reaktion von Nmecha und Wolfsburg

Ein Transfer Felix Nmechas würde angesichts dessen Gesinnung auch dem Grundwertekodex des BVB widersprechen. Darin heißt es: „Wir werden uns stets für das gesellschaftliche Gelingen einsetzen. Darunter verstehen wir ein Vereinsleben und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus, LSBTI-Feindlichkeit, Sexismus, Gewalt und Diskriminierung. Mit Überzeugung stehen wir zu dieser Haltung.“

Da Julia Monro selbst jahrelang streng religiös gelebt hat, würde sie sich gerne mal mit dem Wolfsburger Fußballprofi austauschen. „Felix Nmecha argumentiert mit seinem Glauben. Da ich aus der gleichen Glaubensrichtung komme, wäre es sehr interessant, mal mit ihm darüber zu sprechen. Ich würde ihn gerne dafür sensibilisieren, was seine Haltung mit Menschen macht“, sagt Monro.

Im April habe sie deswegen bereits über die Kompetenzgruppe Fankulturen und Sportbezogene Soziale Arbeit (Kofas) versucht, Kontakt zum VfL Wolfsburg und Nmecha herzustellen, um sich in einem Gespräch auszutauschen.

Auf eine Reaktion wartet sie bislang vergeblich.

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