BVB-Stürmer Sebastien Haller auf dem Weg zum Meisterhelden „Immer noch das größte Wunder“

BVB-Stürmer Sebastien Haller auf dem Weg zum Meisterhelden: „Immer noch das größte Wunder“
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Als Sebastien Haller im Januar im Trainingslager in Marbella erstmals öffentlich über seine Krebsbehandlung sprach, zog er mit seinen Worten alle in seinen Bann. „Aufgeben“, sagte Haller damals, „war nie eine Option für mich. Ich hatte ein klares Ziel vor Augen, so schnell wie möglich wieder bei meiner Mannschaft zu sein.“ Haller wirkte aufgeräumt in diesem Gespräch, voller positiver Energie und Tatendrang. Seine Sätze hinterließen Eindruck, machten nachdenklich, aber auch optimistisch.

Hallers mühsamer Weg beim BVB

Doch natürlich war die Rückkehr zum Team zwar der wichtigste, aber nur ein erster von vielen weiteren Schritten. Gut vier Monate ist das nun her, eine Zeit, in der Sebastien Haller ebenso Aufs und Abs erlebte wie während seiner eigentlichen Therapie. Zurück im Team zu sein, hieß noch für eine lange Zeit nicht, wieder voll bei Kräften zu sein. Wie sollte das auch gehen. Haller spielte, er ackerte, er rieb sich auf. Aber die Zahl der Spiele, in denen deutlich zu sehen war, wie sehr er sich dafür quälen musste und wieviel ihm auch noch fehlte, wuchs nach seinem sensationell schnellen Comeback mit jedem Einsatz.

Schon seit einigen Wochen aber ist erkennbar, dass Haller einen riesigen Schritt vorwärts gemacht hat. Er wirkt spritziger, spielt griffiger und effektiver, ist deutlich besser ins Spiel eingebunden – und seinen Torriecher hat er ohnehin nicht eingebüßt. Fünf Treffer und vier Torvorbereitungen in den vergangenen fünf Partien sind der statistische Beleg dafür, dass Sebastien Haller seinem „alten“ Leistungsniveau deutlich näher gekommen ist.

Haller erlöst den BVB in Augsburg

Die Partie in Augsburg war ein beeindruckender Beleg dafür, wie wichtig dieser Spieler für den BVB ist und in Zukunft noch werden kann. Wie der Ivorer instinktiv erahnte, dass ihm der schlechte Klärungsversuch von Augsburgs Innenverteidiger Bauer eine Torchance ermöglichen könnte, war ebenso imposant wie die Konsequenz, mit der er diese Chance dann ergriff. Hallers Tor zum 1:0 war der Dosenöffner in diesem Spiel, und es stieß die Tür zur Meisterschaft ganz weit auf. Es ist eine dieser schönen Geschichten im Fußball, dass ausgerechnet der Spieler nun das entscheidende Mosaiksteinchen bei der Dortmunder Titeljagd sein könnte, der den „größten Rückschlag für einen Profisportler verkraften musste“, wie Edin Terzic formulierte – und dessen Erkrankung im vergangenen Sommer einen ganzen Klub in Schockstarre versetzt hatte.


Auch wenn Borussia Dortmund jegliche Erfahrungswerte fehlten, wie mit einer solchen Erkrankung umzugehen ist, wuchs doch im Verlauf der Hinrunde die Befürchtung, der Nationalspieler der Elfenbeinküste könne möglicherweise die komplette Saison verpassen. Ob er jemals wieder sein altes Niveau erreichen könnte, hing als Droh-Szenario wochenlang über dem Klub. Anders als einige Profikollegen mit ähnlicher Diagnose musste Haller eine Operation und mehrere Chemo-Zyklen hinter sich bringen, in denen sein Immunsystem quasi auf Null heruntergefahren wurde.

Sorgen um BVB-Angreifer Haller

Zurück im Kader, wurde der Stürmer engmaschig überwacht – ein Vorgehen, das bis heute beibehalten wurde. Zu den rein medizinischen Kontrollen gesellten sich auch sportliche Justierungen, wie Terzic nach dem Sieg in Augsburg erläuterte. „Erst vor zwei Wochen haben wir mit ihm darüber gesprochen, wie er sein Spiel anpassen muss. Wir haben gesagt, wenn du nicht mehr die physische Geschwindigkeit hast wie vor zwei Jahren, musst du im Kopf schneller sein.“

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Nicht nur Dortmunds Trainer war nach dem vielleicht vorentscheidenden Sieg in Augsburg voll des Lobes über Haller, über dessen Energie und Willenskraft. „Immer noch das größte Wunder“ dieser für den BVB so wechselhaften Saison sei Hallers sensationelle Rückkehr schon im Winter und die Verbissenheit, mit der der Stürmer dann nach seinem Comeback für eine Verbesserung seiner Konstitution gearbeitet habe. „Und ich hoffe, dass er es auch gegen Mainz zeigen kann. Er ist aber unabhängig davon unser Held der Saison!“

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Haller hat in Augsburg seine Saisontore acht und neun erzielt. Das 1:0 wie beschrieben mit großem Instinkt und Entschlossenheit, das 2:0 in typischer Mittelstürmer-Manier. Ein Abstaubertor. Aber Haller stand eben dort, wo ein Torjäger stehen muss. Die Wichtigkeit Hallers geht jedoch über seine statistische Performance hinaus. Er habe während seiner Abwesenheit als Person und als Sportler gefehlt, meinte Terzic. „Wir haben seine Energie, seine Positivität vermisst. Wir haben sehr gelitten ohne ihn.“

Sebastien Haller als BVB-Titelfaktor

Von der verbesserten Dynamik und Spritzigkeit profitieren auch seine Nebenleute, Haller macht seine Mitspieler messbar besser. Terzic nennt das „Sekunden, die er uns generiert“, was heißen soll, dass der 28-Jährige durch seine Fähigkeit, Bälle festzumachen und zu behaupten, Mitspielern ermöglicht, schnell nachzurücken. Die deutlichen Entwicklungsschritte, die Karim Adeyemi und Donyell Malen vollzogen hätten, hingen auch mit Hallers Formsteigerung zusammen, sagt Terzic: „Er lässt seine Mitspieler strahlen.“

Wie er seine beiden Treffer in Augsburg erzielte, zeugt davon, wie weit der Anpassungsprozess in diesem Punkt schon fortgeschritten ist. Sollte der BVB am Wochenende über die Ziellinie springen, gibt es einige Gründe für den Erfolg. Ein starker Torwart zum Beispiel, ungeahnte Comeback-Qualitäten einer Elf, der man auch in dieser Saison in einigen Phasen die Mentalität abgesprochen hat. Aber auch ein Stürmer, der sich in bewundernswerter Art und Weise aus der schwierigsten Situation herausgekämpft hat, die einen Profisportler ereilen kann.

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