BVB-Sportdirektor Michael Zorc - der 1,6-Milliarden-Euro-Mann

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BVB-Sportdirektor Michael Zorc - der 1,6-Milliarden-Euro-Mann

rnBorussia Dortmund

Seit 20 Jahren leitet Sportdirektor Michael Zorc die Geschicke im Management von Borussia Dortmund. Er fädelt die Transfers des Klubs ein. Die Bilanz dieser Ära liefert Überraschungen.

Dortmund

, 04.09.2019, 09:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Im schnelllebigen Geschäft Profi-Fußball sind 20 Jahre eine ewig anmutende Zeit. Auch auf der Position des Managers, auf der größere Kontinuität herrscht als auf der Trainerposition oder im Spielerkader. BVB-Sportdirektor Michael Zorc ist mittlerweile mehr als zwei Dekaden im Management tätig - und damit ligaweit der Dienstälteste auf seiner Position. Zorcs Jubiläum bietet den passenden Zeitpunkt, sich mit der Transferbilanz des Dortmunder Rekordtorschützen zu beschäftigen.

Die Zahlen beeindrucken

Allein die nackten Zahlen sind beeindruckend: 188 Spieler verpflichtete der BVB während der Amtszeit von Michael Zorc - hier gibt es die Liste aller Transfers in der Zorc-Ära. Wenn man die zurückkehrenden Spieler aus Leihen mit hinzuzählt, begrüßte Zorc sogar neue 240 Spieler in Dortmund, also im Schnitt 12 pro Saison. Im gleichen Zeitraum verabschiedete der BVB 247 Profis (mit Leihen).

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Beeindruckend ist auch die Entwicklung des Transfervolumens. An dieser Zahl lässt sich ablesen, welche Geldmengen mittlerweile auf dem Transfermarkt bewegt werden. Die Entwicklung zeigt den Trend der jüngsten Jahre: Die Klubs nehmen immer mehr Geld für Spieler in die Hand - der BVB bildet da keine Ausnahme. Bis zur Saison 2011/12 lagen die Ein- und Ausgaben unter Michael Zorc mit Ausnahme der Spielzeit 2001/02 nie über 50 Millionen Euro, seitdem aber wurde diese Grenze immer überschritten.

In den zwei Jahrzenten, in denen Michael Zorc im Management des BVB tätig ist, summiert sich das Gesamtvolumen aus Einnahmen und Ausgaben aller Spielertransfers auf 1,63 Milliarden Euro (plus etliche Millionen für geliehene und ausgeliehene Spieler). Zum Vergleich: Die Hamburger Elbphilharmonie war mit 866 Millionen Euro „nur“ etwa halb so teuer.

Einen krassen Ausreißer stellt die Saison 2017/18 dar. Dort wanderten mehr als 370 Millionen Euro, davon mehr als zwei Drittel (260,95 Millionen Euro) an Einnahmen, über die BVB-Ladentheke. In dieser Saison verließen sowohl Rekordverkauf Ousmane Dembélé (125 Millionen Euro) als auch Pierre-Emerick Aubameyang (63,8 Millionen) die Borussia.

Ausgeglichenes Verhältnis

Bemerkenswert: Das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben der Zorc-Ägide ist nahezu ausgeglichen. Der heute 57-Jährige gab 823,4 Millionen Euro für Spieler aus und nahm im gleichen Zeitraum 806,8 Millionen Euro durch Transfers ein. Zorc gelang es also durch kluges Pokern auf dem Transfermarkt, insgesamt ohne riesige Investitionen auszukommen - und den BVB trotzdem in der europäischen Elite zu platzieren.

Ein weiterer Blick lohnt sich auf das Verhältnis zwischen Ausgaben und Einnahmen nach Saisons. Lag das Verhältnis in der Phase von 2005 bis 2014 immer innerhalb einer Spanne von höchstens etwa 10 Millionen Euro, so war der Ausschlag in den Jahren davor und danach deutlich extremer.

Zu erklären ist diese Phase der weitestgehend ausgeglichenen Transferbilanz und das vergleichsweise geringe Transfervolumen vor allem durch die damalige desaströse Finanzlage des BVB, die den Klub sogar in seiner Existenz bedrohte. Erst mit der wirtschaftlichen Erholung und Konsolidierung zum Ende der Nullerjahre wurden wieder vermehrt große Transfers getätigt.

BVB-Transfers erreichen neue Dimensionen

Die Transferpolitik, die Borussia Dortmund seit 2016 betreibt, hat noch einmal ganz neue Dimensionen erreicht. Acht der zehn teuersten Zugänge hat der BVB seitdem verpflichtet. In Mario Götze, Julian Brandt Thorgan Hazard, Nico Schulz, André Schürrle (der allerdings an Spartak Moskau verliehen ist) und Mats Hummels stehen sechs von ihnen derzeit in Dortmund unter Vertrag und sollen helfen, den Deutschen Meistertitel wieder nach Westfalen zu holen.

Grundlage dafür, überhaupt viel Geld für Topspieler in die Hand nehmen zu können, ist dabei die kluge und äußerst lukrative Verkaufspolitik des BVB der vergangenen Jahre. Allein 2017/18 erwirtschaftete das Dortmunder Management unter Michael Zorc einen Transferüberschuss von mehr als 150 Millionen Euro. Dank Christian Pulisic, der aus der eigenen Jugend kam und im Winter 64 Millionen Euro vom FC Chelsea einbrachte, konnte der BVB jetzt im Sommer kräftig einkaufen. Zudem gab er in Abdou Diallo (für 32 Millionen Euro nach Paris) und Maximilian Philipp (für 20 Millionen Euro nach Moskau) auch Profis gegen hohe Ablösen ab.

Darüberhinaus ein Markenzeichen der Ära Zorc: Die Weiterentwicklung und der mit hohem Gewinn folgende Verkauf von Spielern. Denn gerade das Beispiel Ousmane Dembélé zeigt, wie Borussia Dortmund jungen Spielern Chancen gibt, um sie später möglichst gewinnbringend zu veräußern. Dembélé kam 2016 für 15 Millionen Euro nach Westfalen und verließ Dortmund nach nur einem Jahr für 125 Millionen Euro - eine Wertsteigerung um mehr als das Achtfache. Und die Beispiele Pierre-Emerick Aubameyang oder Mats Hummels zeigen, dass das kein Einzelfall ist.

Dem gegenüber sind die Verluste, errechnet aus der Differenz von Ausgaben für Neuzugänge und den Einnahmen bei der Trennung von Klub und Spieler, deutlich geringer als die Maximalgewinne. Für die top drei, bestehend aus Marcio Amoroso, Evanilson und Jan Koller, gab der BVB zusammen 51 Millionen Euro mehr aus, als er einnahm. Zudem fallen diese Trennungen von den Profis in die Jahre 2004 bis 2006, also in den Zeitraum, als der es der Borussia wirtschaftlich schlecht ging. Dort ging es auch darum, Einnahmen zu generieren oder teure Gehälter zu sparen.

Insgesamt fällt das Zeugnis für Michael Zorc also überaus positiv aus. In den 20 Jahren, in denen der heute 57-Jährige mit am Ruder beim BVB sitzt, hat er den Verein zunächst mit durch eine der schwierigsten Phasen der Vereinsgeschichte geführt und es geschafft, den Klub wirtschaftlich als deutsche Nummer zwei zu etablieren. Auch für die Zukunft ist Borussia Dortmund im ökonomischen Bereich bestens aufgestellt - auch dank des 1,6-Milliarden-Mannes Michael Zorc.

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