BVB-Spielerzeugnis Reus startet rasant – und erlebt doch das nächste Drama

BVB-Spielerzeugnis: Reus startet rasant – und erlebt doch das nächste Drama
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Hinter Borussia Dortmund liegt eine turbulente erste Saisonphase. Zwar hat der BVB die Erwartungen in den Pokalwettbewerben erfüllt, doch in der Bundesliga ist die Mannschaft von Edin Terzic als aktuell Tabellensechster weit hinter den eigenen Ambitionen zurückgeblieben. In unserem Spielerzeugnis blicken wir auf die ersten Monate der Saison 22/23 zurück. Heute im Fokus: Marco Reus.


So lief die erste Saisonphase für Marco Reus: Es roch nach einer Sahne-Spielzeit für den BVB-Kapitän. Denn der Start verlief für ihn katapultartig: Siegtreffer gegen Leverkusen, Siegtreffer gegen Hoffenheim, starke Auftritte in der Liga und auch in der Champions League – samt Tor gegen Kopenhagen. Dann aber das jähe Ende im September. Im Derby gegen Schalke verletzte sich der 33-Jährige am Sprunggelenk, die Ärzte diagnostizierten einen Anriss des Außenbandes. BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl gab zunächst leichte Entwarnung: „Es ist nicht so gravierend, dass die WM für ihn gefährdet wäre“, sagte er.

Doch es kam leider anders. Reus‘ Ehrgeiz und der unbändige Wille, den ersehnten Sprung auf den WM-Zug wirklich schaffen zu wollen, zogen ihn zu früh zum Comeback zurück aufs Spielfeld. Und da die Verletzung noch nicht ausgeheilt war, erlitt er einen Rückschlag. Das lädierte Sprunggelenk verursachte unter Belastung Schmerzen, es entzündete sich, und am Ende ging nichts mehr. Die WM in Katar ging letztlich ohne Marco Reus über die Bühne – und auch auf der BVB-Asienreise reiste er nur als Zaungast und für den Einsatz auf PR-Terminen mit. An Fußball war bis Weihnachten noch nicht zu denken. So steht unter dem Strich eine enttäuschende Halbserie für den Routinier.


Das sagt die Statistik: Auch als 33-Jähriger ist Marco Reus auf dem Fußballfeld noch fleißig unterwegs. Im Schnitt 11,1 Kilometer spult Borussias wichtigster offensiver Akteur pro Partie ab. Das Höchsttempo aus früheren Saisons erreicht er zwar nicht mehr, auch die Zweikampfquote (42 Prozent) sowie die Passquote (79 Prozent) und die Zahl seiner Flanken (drei) waren schon mal besser. Aber da Reus aufgrund seiner Verletzung nur neun Einsätze in der Bundesliga absolviert hat, lesen sich zwei Tore und zwei Assists doch halbwegs passabel. Im Schnitt alle 160 Minuten war der Kapitän an einem BVB-Treffer direkt beteiligt. Dass der torgefährliche Reus in der Hinserie ausfiel, spiegelt die mangelhafte Effizienz des BVB wider: 217 Torschüsse weisen die Borussen auf, es sprangen jedoch nur 25 Tore dabei heraus. 17 Großchancen vergaben die Schwarzgelben.


Das sind die Stärken und Schwächen: Ein gesunder Marco Reus macht den BVB besser und begeistert die Fans. Neben herausragenden technischen Fähigkeiten, Spielfreude und der Qualität, sich aus engen Situationen zu lösen, ist er es häufig, der Dortmunder Angriffe mit einer klugen Aktion einleitet oder den perfekten finalen Pass liefert. Hinzu kommt seine Erfahrung auch in schwierigen Situationen. Dem Alter muss der Offensiv-Wirbler jedoch Tribut zollen. Tempo und Dribbelstärke haben abgenommen, und den Vorwurf, dass er in schwierigen Spielphasen häufig abtauche, den wird er auch nicht mehr los. Hinzu kommen seine wiederkehrenden Blessuren, die es ihm immer schwerer machen, verlässlich zurückzufinden in seinen Rhythmus bester Tage.


Ausblick und Perspektive: Die anstehenden Gespräche mit der sportlichen Führung werden ohne Zweifel schwierig. Marco Reus‘ BVB-Vertrag läuft am Ende dieser Saison aus. Er wird dann 34 Jahre alt sein, und der Klub muss sich genauer denn je überlegen, ob der aktuelle Kapitän noch ein Teil der nächsten Umbruchphase sein kann und einen neuen, hoch dotierten Kontrakt erhält. Zum x-ten Mal steht für Reus nach einer längeren Verletzung nun ab Januar ein Neustart an – wird es womöglich seine letzte Vorbereitung im BVB-Trikot?

Sportlich steckt Reus im Spätherbst seiner Karriere, der unverzichtbare und dominierende Ballverteiler wie einst ist er nicht mehr. Eine überaus wertvolle Kraft bleibt er trotzdem. Auf dem Rasen und daneben, er ist längst weltweit das bekannteste Gesicht des Klubs. Auf der Asienreise zeigte sich erneut der riesige Hype um den Dortmunder Jungen. BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl muss also entscheiden, ob er dem Routinier noch eine tragende Rolle für die nächste Saison zutraut, oder ob die Zeit für eine neue Ära ohne ihn im Sommer gekommen ist.


RN-Note: 2,5

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