BVB reist (fast) ohne Abwehr nach Rom: Das sind Favres Möglichkeiten

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BVB reist (fast) ohne Abwehr nach Rom: Das sind Favres Möglichkeiten

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Beim BVB verschärft sich vor den Spielen gegen Hoffenheim und Rom die personelle Lage in der Defensive. In der Champions League droht der Abwehr-Notstand. Das sind Lucien Favres Möglichkeiten.

Dortmund

, 14.10.2020, 18:50 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Stimmen, die nach einer weiteren Verstärkung fürs defensive Zentrum riefen, waren laut und gut hörbar. Ein Innenverteidiger mehr sollte es bitte noch sein, das forderten sie. Doch Sportdirektor Michael Zorc winkte ab, verwies - gut nachvollziehbar - auf die wirtschaftliche Situation von Borussia Dortmund und wurde vor dem Ende der Transferperiode nicht mehr tätig. Jetzt, weniger als zwei Wochen später, ist die Abwehr-Besatzung auf Kante genäht. Dem BVB gehen die Spezialisten aus.

Emre Can fehlt dem BVB in der Champions League

Dan-Axel Zagadou fehlt wegen einer Außenbandverletzung im rechten Knie weiterhin auf unbestimmte Zeit. Manuel Akanji ist nach seiner Corona-Infektion für das Hoffenheim-Spiel (Samstag, 15.30 Uhr) keine Option, auch sein Einsatz in Rom (Dienstag, 21 Uhr) ist unwahrscheinlich. Und Emre Can kann zwar in der Bundesliga auflaufen. Wenn es am nächsten Dienstag zum ersten Gruppenspiel der Champions League kommt, wird er allerdings rotgesperrt fehlen. BVB-Trainer Lucien Favre muss improvisieren. Welche Optionen bleiben ihm?

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Die höchst akute Abwehrfrage ist auch eine des Systems. Hält der Schweizer an der Dreierkette fest? Oder schwenkt er um auf Viererreihe? Die - das hat der 62-Jährige oft genug betont - ist ihm am liebsten. In den zurückliegenden Monaten bekräftigte Favre im regelmäßigen Wechsel, dass „alle“ beziehungsweise „viele“ Top-Teams in dieser defensiven Anordnung aufliefen. Und in der Sommervorbereitung versuchte er zum wiederholten Mal, seiner Mannschaft den Rückwärtsgang mit Viererkette nahe zu bringen.

BVB-Trainer Favre testet die Viererkette - mit mäßigem Erfolg

Das hatte eher dürftigen Erfolg. Pünktlich zu den ersten Pflichtterminen 20/21 berief er also wieder die Dreierreihe. Folgt jetzt zwangsweise und abermals die Rolle rückwärts? In Weltmeister Mats Hummels ist gegen Lazio höchstwahrscheinlich nur noch ein gelernter Innenverteidiger spielfähig. Neben ihm wäre Lukasz Piszczek, der zuletzt beim Pokal-Spiel in Duisburg zu Einsatz kam, eine mögliche Option. Auf den Außenbahnen links und rechts könnten leicht zurückgezogen Raphael Guerreiro und Thomas Meunier auflaufen.

Mögliche BVB-Abwehrformationen für das Spiel in Rom am Dienstagabend.

Mögliche BVB-Abwehrformationen für das Spiel in Rom am Dienstagabend. © Sauerland

Der belgische Neuzugang hat bei seiner Antrittspressekonferenz zwar durchblicken lassen, das Stürmen und Drängen gegenüber einer eher zurückhaltend-defensiven Spielart zu präferieren. Zuweilen erfordern besondere Situationen aber besondere Maßnahmen. Und: Rücksicht auf derlei Mini-Befindlichkeiten kann Favre in der derzeitigen Abwehr-Notlage eigentlich nicht nehmen. Es sei denn, Dortmunds Trainer bliebe bei der Dreierkette, mit der sich das gesamte BVB-Personal nachweislich am wohlsten fühlt.

Thomas Delaney wäre ein Kandidat für die BVB-Abwehr

Allein: Wo bekommt Favre für die Partie in Rom den dritten Innendienstler her? Hummels ist freilich gesetzt; Piszczek hat rechts innen schon öfter einen soliden Job getan, wäre demnach ebenfalls ein logischer Startelfkandidat. Dahinter aber wird es dann eher dünn, das Dortmunder Profi-Aufgebot weist keinen weiteren wirklich geübten Spieler für dieses Mandat auf. Und dass sich Favre in der U23 bedient, gilt als ausgeschlossen. Es braucht eine für die Königsklasse taugliche Kraft. Wie Meunier, den wiederum Rückkehrer Mateu Morey ersetzen könnte. Oder Thomas Delaney.

Der Däne, in der aktuellen Saison bislang eher Einwechselspieler denn Leistungsträger, spielt für gewöhnlich im defensiven Mittelfeld und überzeugte in der Vergangenheit vor allem dank seiner ausgeprägten Infight-Qualitäten. Aggressiv wie klug kann sich Linksfuß Delaney in Zweikämpfen behaupten, ist mit 29 Jahren ein erfahrenes Kadermitglied - und kam während seiner Zeit beim FC Kopenhagen gelegentlich in der Abwehr zum Zug. Die Aufgaben in letzter Linie kennt der gelernte Sechser zumindest ein wenig.

Auch Nico Schulz wird dem BVB in den kommenden Wochen fehlen

Im Gegensatz zu Axel Witsel, der auf dieser Position Zeit seiner Profi-Karriere noch gar nicht gespielt hat. Für den 31-Jährigen wäre es ein Kaltstart. Und Favre müsste zudem das zentrale Mittelfeld der Borussia umbauen. Die 2:3-Niederlage gegen Bayern München im Supercup mal ausgenommen, kam Witsel in allen vier Pflichtspielen in diesem so wichtigen Feldbereich zum Einsatz. Eine Versetzung des Belgiers würde die Dortmunder Statik durchaus deutlich verändern. Will Favre das riskieren?

Gewiss ist: Im Dortmunder Lager werden sie ganz fest die Daumen drücken, dass sich nach dem Aufeinandertreffen mit Hoffenheim kein weiterer Defensivspieler in den Krankenstand verabschieden muss. Nach seiner Reise zum Nationalteam hatte sich kürzlich erst Nico Schulz abgemeldet. Wegen eines Muskelfaserrisses fällt der Linksverteidiger wochenlang aus. Viel darf im Abwehrbereich der Borussia nun nicht mehr passieren. Schon jetzt muss Lucien Favre schließlich reichlich tüfteln.