Nach der 1:2-Pleite beim FC Augsburg herrscht bei Borussia Dortmund Alarmstimmung. Nach nur einem Punkt aus vier Auswärtsspielen ist die Ratlosigkeit bei Schwarzgelb groß. Das sagen Julian Brandt, Sebastian Kehl und Nuri Sahin:
Nuri Sahin (BVB-Trainer): „Das ist absoluter Wahnsinn, wie wir hier Gegentore kassieren, so viel Aufwand betreiben und dann wieder mit leeren Händen dastehen. Beim ersten Gegentor begleiten wir nur statt zu stechen. Die Voraussetzungen waren ja eigentlich gut. Wir waren in Führung und eigentlich ist so etwas ja auch ein Brustlöser in einer schweren Zeit. Es ist sehr verkopft gerade. Das muss runterwandern in den Bauch, also mit Bauchgefühl Fußballspielen und nicht mit Kopfkino. (...) Ich habe nicht das Gefühl, dass die Mannschaft mich hängen lässt.
Marcel Sabitzer war zur Pause verletzt. Das habe ich auch noch nie erlebt, dass wir dreimal wegen Verletzungen wechseln mussten. (…]) Wir, die Führungsspieler, die Führungspersonen, müssen voran marschieren. Ich bin seit zehn Monaten bei diesem Verein. Fakt ist, dass wir es bisher nicht hinbekommen haben. Ich würde nicht sagen, dass die Jungs kompliziert sind, denn der Zugang zu ihnen oder die Gespräche mit den Jungs, sie sind da, der Austausch ist da. Die Spieler sehen es auch ein oder sehen auch, wo Bedarf ist. Aber wir werden daran gemessen, was auf dem Platz passiert. Davor kann sich bei uns niemand wegducken. Die Ansprüche, die wir haben, die wir uns setzen, denen werden wir nicht gerecht.“
Nico Schlotterbeck (BVB-Innenverteidiger): „Wenn wir wüssten, woran es liegt, würden wir das natürlich ändern. Dass wir das alle nicht wollen und bisher auswärts nur einen Punkt geholt haben, das darf keine Ausrede sein. Wir müssen jeden dritten Tag performen. Wir haben jetzt ein ganz wichtiges Spiel am Dienstag, da müssen wir die Köpfe oben behalten und uns zusammenraffen.“
Julian Brandt (BVB-Mittelfeldspieler): „Es gibt viele Wiedererkennungsmerkmale, die wir in den letzten Spielen schon hatten, die sich heute auch wieder gezeigt haben. Wir betreiben sehr viel Aufwand, um Tore zu schießen. Der Gegner, so fühlt es sich an, braucht nicht viel Aufwand, um Tore zu schießen. Gegentore, das merkt man momentan, tun uns sehr, sehr weh. Richtung Halbzeit ist es ein bisschen dahin geplätschert – aber wir hatten zumindest noch eine gewisse Struktur im Ballbesitz. Der Punch im letzten Drittel ist uns ein bisschen abgegangen. Das 2:1 ist für uns ein absoluter Nackenschlag gewesen.
Genau ab dem Zeitpunkt war es wild, gingen die Bälle in die Luft, kamen die körperbetonten Duelle zustande und dass das jetzt nicht unsere Paradedisziplin ist, das hat man in den letzten Jahren schon gemerkt – vor allem aber auch in dieser Saison in den letzten Spielen. Darauf haben wir uns eingelassen. Und dann war das Spiel mit dem Ball, das strukturierte, geduldige Spiel, das man eigentlich bei einem 2:1 braucht, gar nicht mehr gegeben. Und dann war es das Spiel, was Augsburg wollte. (…) Es gibt so viele Warum-Fragen und Wieso-Fragen. Ich kann sie gar nicht alle beantworten. Ich sage ganz ehrlich: Ich bin seit sechs Jahren hier. Ich habe so eine Phase hier noch nie erlebt. Eins steht aber außer Frage: Wir dürfen jetzt auf gar keinen Fall anfangen, uns gegenseitig nicht mehr zu vertrauen. Ich weiß nicht, ob es das Pech ist oder das Glück, aber wir haben am Dienstag ja wieder ein Auswärtsspiel und wir müssen uns einfach selber beweisen.
(…) Unser Problem ist momentan, dass wenn wir ein 1:2 kriegen, jeder erst einmal mit sich selbst beschäftigt ist. Jeder versucht, seine eigene Leistung in den Griff zu kriegen. Ein Tau ist leichter mit vielen Leuten zu ziehen als alleine. Dieses Synchronschwimmen kriegen wir gar nicht hin, es ist vogelwild. Es ist alles verwirrend auf dem Platz. Du kannst als Führungsspieler sagen: Okay, ich versuche, uns zusammenzubringen. Wenn wir alle aber gar nicht bei der Sache sind, ist das wie bei einem Lehrer, bei dem die ganze Klasse nur sabbelt und da hört auch keiner zu. Wir müssen ganz vorne bei den Basics wieder anfangen. (…) Ich vertraue dem Trainer hundertprozentig, ich zweifle auch nicht an ihm.“
Sebastian Kehl (BVB-Sportdirektor): „Wir kassieren wieder leichte Gegentore. Wir betreiben einen riesigen Aufwand. Aber am Ende waren wir auch zu harmlos über das ganze Spiel hinweg. Mich ärgern einfach die vielen Gegentore. Manche Dinge kann ich auch nicht erklären. Die Verantwortlichkeiten liegen am Ende dann schon noch auf dem Platz und wir müssen zusehen, dass die Jungs, die von Anfang auf dem Platz standen, es besser machen. Wir haben am Dienstag die Möglichkeit, im DFB-Pokal eine Runde weiterzukommen. Wir werden versuchen, die Kräfte, die noch da sind, zu bündeln.

(...) Die Verletzten-Situationen ist sicherlich auch nicht unbedingt hilfreich. Sabitzer musste raus wegen Rückenschmerzen, er konnte sich nicht mehr bewegen. Waldemar Anton hatte Probleme mit der Muskulatur im Bauch-Hüft-Bereich. Julian Ryerson hatte Adduktorenprobleme. Deswegen musste er auch schon bei Real Madrid raus. Ansonsten wird keiner zurückkommen bis Dienstag. Daher rücken wir noch enger zusammen. Dass wir in der Bundesliga hinterherlaufen, brauche ich nicht extra zu betonen. Wir werden die Jungs nochmal an das erinnern, was sie selbst auch an Anspruch formuliert haben, warum sie hier beim BVB spielen. (…) Ich arbeite jeden Tag mit Nuri zusammen. Ich sehe, wie akribisch er sich auf die Spiele vorbereitet, wie hart wir daran arbeiten. Daher marschieren wir gemeinsam weiter. Keine Frage, wir stehen komplett dahinter.“
BVB im freien Fall – Alarmstimmung nach Augsburg-Pleite: Video-Analyse zum 1:2