Marco Lehmann stand in der Mixed Zone. In der Chronologie seiner Analyse war der Trainer der BVB-U17 gerade in der zweiten Hälfte angekommen. An der Stelle, „wo wir unseren Fußball auf den Platz gekriegt haben und es auch am Rand angefangen hat, richtig Spaß zu machen“. Da gab die hinter ihm platzierte grüne Stellwand des DFB kurzzeitig nach und knallte in seinen Rücken. Lehmann nahm es mit Humor. Viel wichtiger war ohnehin, dass seine Jungs nicht nachgegeben hatten.
BVB-Siegermentalität entwickelt
Allen Widrigkeiten und einem zweimaligen Rückstand zum Trotz hatten sie in einem dramatischen Finale schließlich in der Nachspielzeit der Verlängerung durch einen Treffer von Jan-Luca Riedl gegen Bayer Leverkusen das 3:2 erzielt und die Deutsche Meisterschaft gewonnen. „Wenn es dazu ein Hollywood-Drehbuch gegeben hätte, hätte man es wahrscheinlich auf den Müll geworfen, weil alle gesagt hätten, dass es zu unrealistisch wäre. Der Spielverlauf war der reine Wahnsinn. Wenn du ein Spiel so gewinnst, ist das ja völlig verrückt“, sagte Lehmann im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Die BVB-U17 bejubelte bei ihrer 15. Teilnahme den achten Titelgewinn – deutscher Rekord. Der Gewinn der Meisterschaft ist auch der Verdienst des Trainers. „Marco Lehmann hat einen extrem großen Anteil an diesem Erfolg. Er hat die Mannschaft lange Zeit betreut, sie aufgebaut und ein tolles Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen. Nur mit dieser Siegermentalität holst du am Ende auch den Titel“, rühmte Geschäftsführer Sport Lars Ricken die Leistungen des 41-Jährigen.
Lehmann ist Dortmunder Junge durch und durch. In Brackel geboren, spielte er selbst beim SV Brackel 06 und begann dort bereits als 15-Jähriger parallel auch seine Trainertätigkeit im Verein. Fußball blieb Hobby und Nebenberuf, zunächst auch als er 2012 zu Borussia Dortmund wechselte. Zu dieser Zeit war er zunächst in einer Forschungseinrichtung im öffentlichen Dienst tätig, ehe er Massimo Mariotti im BVB-Nachwuchsleistungszentrum als hauptamtlichen Trainer beerbte. Lehmann bildete sich über die Jahre weiter, mittlerweile ist er Inhaber der Uefa-A-Lizenz.
Lehmanns BVB-Meisterstück
Der Titelgewinn mit der BVB-U17 ist sein Meisterstück. „In den elf Jahren bei Borussia Dortmund ist das mein persönliches Highlight“, sagte er vor dem Finale im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Zugleich war und ist es im wahrsten Sinne ein End-Spiel, denn der gemeinsame Weg, den Trainer und Mannschaft eingeschlagen haben, findet keine Fortsetzung.
Nach vier Jahren als Trainer des Jahrgangs 2007 erlebte die Zusammenarbeit ihren Höhepunkt mit goldenem Lametta nach der Siegerehrung und in einer rauschenden Party, die in einer Dortmunder Kneipe erst gegen 2 Uhr nachts ihr Ende fand. Es war der krönende Abschluss für Team und Trainer. „In vier Jahren mit den Jungs und dem Staff sind wir ganz stark zusammengewachsen. Wir wussten alle, dass das der große Höhepunkt sein würde. Das war etwas Cooles und echt etwas Besonderes“, bekannte Lehmann.
Lehmann übernimmt BVB-U16
Er gibt die U17 ab. Zur neuen Saison übernimmt der 41-Jährige beim BVB die U16 in der Westfalenliga, während deren bisheriger Coach Karsten Gorges mit seinen Jungs aufrückt und künftig die U17 übernimmt. Diese Rotation im Rahmen eines rollierenden Systems steht seit zwei Jahren fest. Daran ändert auch die Deutsche Meisterschaft nichts. „Natürlich fällt mir dieser Schritt schwer, andererseits ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um die Mannschaft abzugeben. Unseren gemeinsamen Weg mit diesem Spiel so zu beenden – mehr geht nicht. Und ich weiß, dass die Jungs in guten Händen sind“, sagt Lehmann.
Ganz vorbei ist der gemeinsame Weg aber noch nicht. Nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft spendierte der BVB-Trainer seinen Jungs zwei freie Tage. Vernünftig. Partie und Party forderten schließlich ihren Tribut. Er selbst war am Montag jedoch bereits vormittags wieder auf der Geschäftsstelle in Brackel zur obligatorischen Toptalente-Sitzung. Am Mittwoch kommen die Meisterhelden wieder zusammen. Denn es gibt auch sportlich noch etwas zu tun. Am Donnerstag (18.30 Uhr) gastiert die BVB-U17 im Halbfinale des Westfalenpokals beim Hombrucher SV. Im Endspiel wartet Schalke 04. Der gemeinsame Weg könnte also noch mit einem Pokaltriumph gegen den großen Rivalen gekrönt werden.