Borussia Dortmund
Verklagt: BVB-Profi Marius Wolf wollte helfen und muss nun 180.000 Euro zahlen
Marius Wolf, Fußballprofi des BVB, leistet einem „Kumpel“ einen Freundschaftsdienst. Das geht schief. Die Deutsche Bank verklagt ihn. Jetzt muss Wolf zahlen, und zwar viel.
Die Geschichte beginnt mit einem offensichtlich nicht besonders kundigen Berater der Deutschen Bank. Der gewährt im Jahr 2018 – entgegen den Vorgaben der Deutschen Bank – einer Frau einen Kredit über 180.000 Euro, ohne dafür die üblichen Sicherungsnachweise zu verlangen. Es handelt sich um einen sogenannten „Kontokorrentkredit“, mit dem man einen kurzfristigen Zahlungsengpass überbrücken kann.
Einige Monate später fällt der Deutschen Bank bei einer Prüfung auf: Oh, der Kredit über 180.000 Euro ist ja gar nicht abgesichert. Da besteht Handlungsbedarf.
Die Deutsche Bank wendet sich an die Frau und verlangt von ihr, eine Bürgschaft über 180.000 Euro für den ihr gewährten Kredit beizubringen. Woher aber einen solchen Bürgen nehmen? Da fällt ihrem Freund ein, dass er doch einen guten Kumpel hat, der für eine solche Summe bürgen könnte: Marius Wolf, den 27-jährigen BVB-Star, der im Jahr Millionen verdient.
Wolf zeigt sich hilfsbereit und lässt sich darauf ein. Jahre später, als die Sache längst zu einem Fall für die Justiz geworden ist, erklärt Wolf, er habe die Bürgschaftsunterschrift eher als Formalie angesehen. Der Deutschen Bank habe er vertraut. Zudem habe der Bankberater in seinem schicken Anzug einen sehr seriösen Eindruck auf ihn gemacht.
„Grundsätzlich gilt das vertraglich Vereinbarte“
Ob die Deutsche Bank überhaupt nachträglich eine Bürgschaft für den nicht abgesicherten Kredit verlangen konnte, ist fraglich. Auf Nachfrage erklärt Rechtsanwalt David Riechmann für die Verbraucherzentrale NRW: „Grundsätzlich gilt das vertraglich Vereinbarte.“
Hätte die Bank den Kredit tatsächlich kündigen können, wenn sich die Frau geweigert hätte, einen Bürgen zu stellen? Auf diese Frage antwortet Riechmann, er kenne zwar die vertraglichen Details in diesem konkreten Fall nicht, allerdings seien die Kündigungs-Möglichkeiten sehr eng: „Da sehe ich aufgrund der Schilderungen keine passende Passage für die Bank.“
Es kommt, wie es kommen muss: Der Kredit platzt. Weil bei der Frau als Kreditnehmerin nichts zu holen ist, wendet sich die Deutsche Bank an den Bürgen, an Marius Wolf. Er soll zahlen. Als er sich weigert, verklagt ihn die Deutsche Bank vor dem Landgericht Hagen.
Es entwickelt sich ein juristisches Tauziehen. Am 27. Januar 2022 kommt es in Hagen zur mündlichen Verhandlung. Am 17. März 2022 wird das Urteil verkündet: Die Deutsche Bank gewinnt. Marius Wolf wird verurteilt, 175.367,56 Euro an die Deutsche Bank zu zahlen. Die Summe setzt sich zusammen aus 170.908 Euro, die von dem Kredit noch nicht zurückgezahlt worden waren, und 4.459,56 Euro aufgelaufener Zinsen.
Anwalt von Marius Wolf erhebt „Widerklage“ über 1,7 Mio. Euro
Das Gericht, so berichtet Christian Potthast, Pressesprecher des Landgerichts Hagen, habe die von Wolf und seinem Frankfurter Anwalt Adam Rosenberg vorgetragenen Einwände gegen die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrags – unter anderem wegen schlechter Beratung – als „nicht durchgreifend“ eingestuft.
Auch in einem weiteren Punkt erleidet Anwalt Rosenberg vor Gericht eine Niederlage. Er hatte in dem Verfahren nämlich eine sogenannte „Widerklage“ gegen die Deutsche Bank erhoben. Dabei hatte er einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.736.600 Euro wegen angeblicher Schlechtberatung im Zusammenhang mit einem angeblich mit der Deutschen Bank geschlossenen Anlageberatungsvertrag geltend gemacht. Das Gericht wies diese Klage zurück, denn man habe nicht einmal sicher feststellen können, dass ein solcher „Anlageberatungsvertrag“ überhaupt geschlossen worden sei.
Wir haben vergeblich versucht, Marius Wolf für ein persönliches Gespräch zu erreichen. Sein Anwalt Adam Rosenberg sagte lediglich: „Die Jugend und Unerfahrenheit von Marius Wolf wurden ausgenutzt.“ Damit zielt er auf die Deutsche Bank, die übrigens auch in dem Urteil gegen Marius Wolf nicht besonders gut wegkommt.
In der Begründung des Urteils findet sich nämlich ein für die größte deutsche Bank wenig schmeichelhafter Abschnitt. Dort ist zu lesen: „Aus Sicht der Kammer“ liege es nahe, dass der Berater der Deutschen Bank den fraglichen Kredit „unter Verstoß gegen bankinterne Richtlinien und unter Begehung einer Untreuestraftat zum Nachteil der Klägerin (also der Deutschen Bank, Anm. d. Red.) ausgegeben hat.“ Das spiele allerdings für das Verfahren gegen Marius Wolf keine Rolle, da der Kreditvertrag mit der Frau dadurch nicht unwirksam werde.
Die Deutsche Bank äußert sich nicht
Die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt, die wir um Stellungnahme gebeten haben, teilte mit, man werde sich zu einem „laufenden Rechtsverfahren“ und, um das Bankgeheimnis zu wahren, grundsätzlich nicht äußern. Auch über das prinzipielle Vorgehen in Fällen, in denen – aus welchen Gründen auch immer – ein Kredit ohne ausreichende Absicherung vergeben wird und dieses Fehlen dann später auffällt, wolle man nichts sagen, erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank.
Fazit: Nach derzeitigem Stand der Dinge muss Marius Wolf zahlen. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Wolf hat Berufung beim Oberlandesgericht in Hamm eingelegt.
Inzwischen liege, so teilte das Oberlandesgericht (OLG) auf Anfrage mit, die schriftliche Berufungs-Begründung vor. Die werde die zuständige Kammer des OLG jetzt prüfen und dann entscheiden, ob eine Verhandlung zu dem Fall zugelassen oder die Berufung als offensichtlich unbegründet im schriftlichen Verfahren verworfen wird. Dieser Vorgang kann sich noch etliche Wochen hinziehen.
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