Nach 63 Minuten war Schluss für Julian Brandt beim 3:3 des BVB in Stuttgart, das dramatische Finale dieser Partie erlebte er nur vom Spielfeldrand aus. Im Schwabenland setzte sich fort, was bei weiteren Auftritten in ähnlicher Ausprägung Anlass zu Besorgnis geben dürfte: Die Muskelverletzung, die sich der 26-Jährige beim Champions-League-Rückspiel der Borussia beim FC Chelsea schon nach ein paar Minuten zuzog, hat ihn unübersehbar Rhythmus und Form gekostet. Für die Wende zurück zum guten Gefühl benötigt der BVB auch die Form-Wende bei Julian Brandt.
Brandt eine der wenigen BVB-Konstanten
Weil Brandt ein reflektierter junger Mann ist, der Höhen und Tiefen gleichermaßen realistisch einschätzen kann, wird er sich durch das kleine Zwischentief nicht aus der Fassung bringen lassen. „Im Fußball“, hat er im Winter-Trainingslager in Marbella erklärt und dabei breit gegrinst, „geht es doch immer rasend schnell. Jetzt fragt ihr mich nach einer Vertragsverlängerung, vor ein paar Monaten stand ich noch auf der Abschussliste.“ Die Wende zum Positiven vollzog sich bei Brandt schleichend, aber stetig nach dem Trainerwechsel zu Edin Terzic, der sich den begnadeten Fußballer zur Brust nahm und ihm eindringlich den Weg erläuterte, der von einem Spieler mit seinen Fähigkeiten im schwarzgelben Trikot erwartet werde.
Dieser Weg beinhaltet vor allem ein Zulegen bei der Arbeit gegen den Ball, die Brandt nicht unwillig, aber oftmals inkonsequent betrieb. Fußballerisch sollte er eine bessere Balance finden – Risiko, wenn Risiko angezeigt war, eine sichere Spielweise, wenn zu viel Risiko das Risiko für die Mannschaft zu hoch steigen ließ. Das gelang ihm im Laufe der Hinrunde immer besser. In einer in ihren Leistungen stark schwankenden Mannschaft war Julian Brandt eine seltene Konstante.
Brandt verlängert BVB-Vertrag bis 2026
Brandt hat, entgegen der Ankündigungen im Winter, sich mit Vertragsangelegenheiten erst in der Sommerpause beschäftigen zu wollen, mittlerweile seinen Vertrag tatsächlich verlängert. Er läuft nun erst am 30. Juni 2026 aus, Julian Brandt wird dann 30 Jahre alt sein. Er ist jetzt, kurz vor seinem 27. Geburtstag, in einem Alter, in dem von ihm auch Führungsqualitäten erwartet werden. Doch seit seiner Rückkehr auf den Platz läuft es persönlich nicht mehr rund, die gleichzeitige Negativserie der Borussia ist kein Zufall. Die Zwangspause im März, mehr als drei Wochen lang, hat ihn unverkennbar einiges an Selbstverständnis, Klarheit und Klugheit in seinem Spiel gekostet.
Die statistischen Werte untermauern das, sie sind alarmierend. In den vier Partien nach seiner Rückkehr blieb er ohne Torbeteiligung, drei der vier Partien gewann Dortmund nicht und verlor zwei. In sechs der acht Spiele des Kalenderjahrs bis zu seiner Verletzung trug er jeweils mit einem Scorerpunkt maßgeblich zur Dortmunder Erfolgsserie bei. Vor allem in den Bereichen Arbeit gegen den Ball und Ballkontrolle muss Brandt schnell zur alten Stärke zurückfinden.
Brandt ist als BVB-Führungsspieler gefordert
In seinen Zweikampfwerten lag er bis zu seiner Zwangspause immer um den Bereich von 50 Prozent gewonnener Duelle. In München (25), Leipzig (20) und Stuttgart, als er nur eins von neun Duellen (11) für sich entschied, lagen die Werte deutlich darunter. In allen genannten Partien entschied Brandt nicht ein Dribbling für sich. Gegen Stuttgart versuchte er gar nur einmal, an einem Gegenspieler vorbeizuziehen.
In den (geheimen) Trainingseinheiten in dieser Woche, so ist aus dem Klub zu vernehmen, soll die Intensität und Zweikampfführung im gesamten Team auf deutlich höherem Niveau stattgefunden haben, in der Aufarbeitung des Spiels werden deutliche Worte gefallen sein. Brandt gehört zur Abteilung Kreativität, Torchancen-Erarbeitung und -Verwertung. Um die Eintracht aus Frankfurt am Samstag (18.30 Uhr, live auf Sky) im Griff zu behalten, muss der BVB auch in diesen Elementen klarer und strukturierter agieren. Einer der künftigen Führungsspieler ist aufgerufen, dann vorweg zu gehen.
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