BVB im Titelkampf entscheidend benachteiligt? Das sagt die „Wahre Tabelle“

BVB im Titelkampf entscheidend benachteiligt?
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Edin Terzic wies tief frustriert auf „die auch für mich vielleicht einmalige Chance“ hin. Der ausbleibende Elfmeterpfiff in der Foul-Szene gegen Karim Adeyemi, die zumindest strittigen Entscheidungen beim Stoßen von Hofmann gegen Emre Can im Vorfeld des Bochumer Führungstreffers sowie das vom Unparteiischen Sascha Stegemann ebenfalls nicht geahndete Handspiel von Erhan Masocvic kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit erregten die Gemüter in Dortmund.

Das 1:1 am Freitagabend, nur fünf Tage nach der Übernahme der Tabellenführung, veränderte für Borussia Dortmund erneut die Vorzeichen im Fern-Duell mit den Bayern um die Meisterschaft. Die Münchner sprangen am Sonntag, wenn auch nach einem mühsamen Arbeitssieg gegen die Hertha, wieder an die Spitze, der BVB hat die Entscheidung im Titelkampf nicht mehr in der eigenen Hand.

Terzic, an der Seitenlinie sogar noch relativ gefasst, sah wegen seiner zunächst beim vierten Offiziellen und dann direkt bei Stegemann geäußerten Kritik noch die Gelbe Karte. Der erste Weg von Sebastian Kehl führte nach der Partie in die Schiedsrichter-Kabine, wo der Dortmunder Sportdirektor dem Unparteiischen-Gespann so deutlich wie selten zuvor die Meinung sagte. Es wurde hitzig diskutiert und gestritten.

Frust, Enttäuschung, vor allem aber Wut und Ärger über eine möglicherweise entscheidende Einflussnahme des Schiedsrichter-Gespanns im Titelrennen bestimmten die Minuten und Stunden nach dem Abpfiff. Terzic hatte sich bewundernswert schnell wieder im Griff. „Die erste Verantwortung“, meinte er, „suche ich immer bei mir und bei uns. Was ich nur fordere ist, alles dafür tun, in dieser Phase der Saison möglichst keine Fehlentscheidungen zu treffen.“ Das hätte das Gespann um Stegemann nicht getan.

Dortmund durfte sich zu Recht benachteiligt fühlen. Nun kann freilich jede Fehlentscheidung, egal ob am 30. oder beispielsweise am zwölften Spieltag, am Ende über Gold oder Blech, über Titel oder eben nicht entscheiden. „Fehler gleichen sich im Laufe der Saison aus“, so lautet eine alte Fußball-Weisheit. Doch ist das wirklich so? In der „Wahren Tabelle“ sind alle Fehler und strittige Entscheidungen der Unparteiischen im Laufe einer Saison berücksichtigt. Sie ist zwar kein offizielles Dokument, versucht aber nach Anwendung der aktuellen Fußball-Regeln aufzuzeigen, wie sich Abstände und Tabellensituationen verändern könnten.

Der BVB wurde benachteiligt

Allein bei Spielen mit Beteiligung des BVB zählten die Macher der „Wahren Tabelle“ an den bislang 30 Spieltagen 33 strittige Szenen. Die Partie in Bochum zählte zu den zwei Partien, in denen der Schiedsrichter jeweils vier Mal unfreiwillig im Mittelpunkt stand. Zufall oder nicht: die andere Partie fand an eben jenem zwölften Spieltag in Frankfurt statt, Dortmund siegte mit 2:1, der Schiedsrichter hieß: Sascha Stegemann.

Bei Situationen wie der Foul-Szene an Adeyemi gehen die Macher der Wahren Tabelle davon aus, dass ein Elfmeter dann erfolgreich verwandelt worden wäre. Dem BVB fehlen nach Bochum also zwei Zähler auf dem Punktekonto. Korrekturen hätte es zudem in sieben weiteren Partien des BVB geben müssen, nicht immer mit einem Einfluss auf die Punktevergabe in diesem Spiel. So führt die Liste zum Beispiel den Abseitstreffer von Marius Wolf in Freiburg auf, das Spiel hätte der BVB aber auch gewonnen, wenn der Abseitstreffer nicht gezählt hätte.

Für die Partie in Frankfurt galt dies nicht: Adeyemis Foul an Lindström hätte einen Elfmeter nach sich ziehen müssen, der Schubser von Niklas Süle an Mario Götze, der daraufhin im Strafraum mit Gregor Kobel zusammenstieß, ebenso. Statt 1:2 also 3:2 für Frankfurt, macht drei Zähler weniger für den BVB. Gewonnen hingegen hätte Dortmund einen Zähler aus der Partie beim VfL Wolfsburg, die faktisch mit 0:2 verloren ging. Zwei mögliche Elfmeter in diesem Spiel gab es nicht.

BVB-Konkurrent liegt weiter an der Spitze

Und die Bayern? Sie lägen in der Wahren Tabelle zwar auch auf Platz eins, allerdings mit zwei Zählern weniger. Denn im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (2:2) nahm Schiedsrichter Christian Dingert einen VfB-Treffer nach einer leichten Berührung von Führich gegen Kimmich zurück.

Unter Berücksichtigung der Partien des 30. Spieltags würde sich der Titelkampf in der Wahren Tabelle noch weiter zugespitzt darstellen, da lägen BVB und Bayern nämlich gleichauf, München wäre wegen der besseren Tordifferenz gleichwohl wie in der Realität (+1 Punkt) hauchdünn vorn.

Die Wahre Tabelle ist Spielerei. Sie zeigt allerdings ganz gut, dass Woche für Woche die Schiedsrichter im Blickpunkt stehen, dass Fehlentscheidungen auch durch den VAR nicht immer einkassiert werden. Gegner der Technik speisen auch daraus ihre Kritik, allerdings hätte Dortmund die Partie in Bochum ohne den VAR auch nicht gewonnen. Nur wäre Stegemann der alleinige Buhmann gewesen.

BVB-Stürmer hat eine Hand im Gesicht

Eine klare Schwäche hat die statistische Auflistung der Schiedsrichter-Fehler: Beim Spiel in Frankfurt hätte der schon verwarnte Eintracht-Defensivspieler Luca Pellegrini schon nach 21 Minuten Gelb-Rot sehen müssen, nachdem bei einem Laufduell seine Hand im Gesicht von Karim Adeyemi gelandet war. Wie sich die Spielanteile danach verändert hätten, kann die Software nicht vorhersagen.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 1. Mai 2023.

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