BVB gegen Bochum – Derby mit steigender Bedeutung? „Wir sind für die der Feind Nummer eins“

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Kleines Derby, B1-Derby: Die Beinamen, die das Duell zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Bochum umschreiben, geben ein erstes Gefühl für den Stellenwert. Fakt ist: Die Fans beider Lager freuen sich auf das Kräftemessen der beiden Ruhrpott-Klubs am Sonntagabend (17.30 Uhr, live auf DAZN), die rund 8000 Gäste-Karten waren in kürzester Zeit vergriffen.

Überholt Bochum den S04 als BVB-Konkurrenten?

Kein Wunder, denn angesichts des anhaltenden Schalker Tiefflugs in der 2. Bundesliga ist es das einzige BVB-Kräftemessen gegen einen Gegner aus der nahen Umgebung. Verschiebt sich parallel zum sportlichen Kräfteverhältnis auch die Rivalität? Wird der VfL Bochum in Abwesenheit des S04 zum neuen Hauptrivalen?

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Nein, meint Thilo Danielsmeyer. Als Leiter des Fanprojektes Dortmund ist er im ständigen Austausch mit der aktiven Szene. Er weiß, was Ultras und Allesfahrer umtreibt. Danielsmeyer, der schon seit 1992 beim Fanprojekt ein Ohr für die Belange der schwarzgelben Anhänger hat, sagt: Schalke bleibt der Hauptrivale. „Das ist überhaupt nicht zu vergleichen“, meint der studierte Sportlehrer. „Bei den Derbys gegen Schalke brannte bei uns im Fanprojekt schon zwei Wochen vorher die Luft, es wurden Krisensitzungen abgehalten.“

Bochum fiebert dem Derby gegen den BVB entgegen

Gleichwohl räumt er ein: „Eine Partie gegen Bochum ist natürlich durch den lokalen Bezug etwas anderes als zum Beispiel gegen Freiburg.“ Dortmund gegen Bochum kann aus BVB-Sicht in Sachen Rivalität also bei weitem nicht mit dem Duell gegen Schalke mithalten. Doch für die Bochumer Anhänger, schätzt Danielsmeyer ein, sei es komplett anders: „Die hassen uns, wir sind für die der Feind Nummer eins.“

Diese Einschätzung stützt Florian Kovatsch vom Bochumer Fanprojekt. Vor allem bei den Ultras sei die Gier nach Spielen gegen die Revierrivalen riesig: „Wir hatten zehn Jahre kein Derby, entsprechend groß ist die Sehnsucht. Viele in der aktiven Fanszene sind noch so jung, dass sie bis zu unserem Aufstieg kein Spiel gegen den BVB miterlebt haben, daher ist da der Hass da schon recht ausgeprägt.“ Auch Martin Kree, einst Spieler sowohl in Bochum als auch bei der Borussia, meint: „Die Bochumer Fans reagieren viel allergischer auf Dortmund als umgekehrt.“

Rasierklingen im BVB-Fanblock

In den vergangenen Jahren hat es mehrere Vorfälle gegeben, die auf eine gewachsene Rivalität schließen lassen. Im Dezember 2021 prügelten Hooligans beider Fanlager am Kemnader See aufeinander ein, kurz darauf folgten Wohnungsdurchsuchungen der Polizei, bei denen unter anderem Messer, Baseballschläger und Pyrotechnik gefunden wurden. Im Januar 2023 wurden beim Dortmunder Spiel in Mainz im Auswärtsblock mit Rasierklingen gespickte BVB-Sticker gefunden – eine fiese Aktion, mutmaßlich an die Fans des VfL Bochum gerichtet, die nach den Borussen den Mainzer Gästeblock besuchten.

Micel Alester grinst in die Kamera.
Spricht über die Rivalität zwischen dem BVB und Bochum: Micel Alester. © Bytomski

Doch von Hass zu sprechen, geht Micel Alester deutlich zu weit. Der Endvierziger ist leidenschaftlicher VfL-Fan und fiebert dem Derby, das er mit seinen Kindern besuchen wird, engegen. „Mir geht es eher darum, den großen Nachbarn zu ärgern, zu zeigen: Wir können auch Fußball spielen. In meinem Freundeskreis sind fast alle Dortmund-Fans. Da wird sich geneckt, nach Niederlagen werden schon mal Taschentücher zur Arbeit mitgebracht.“ Solche Aktionen sind für Alester das Salz in der Suppe.

„Dortmund ist der große Verein“

Bei der Frage, ob dem BVB oder Schalke von den Bochumer Fans mehr Abneigung entgegengebracht wird, wollen sich sowohl Alester als auch Kovatsch nicht festlegen. „Es hängt davon ab, mit wem man spricht, welche persönlichen Erfahrungen der Fan gemacht hat“, sagt Kovatsch. „Da Dortmund über Jahrzehnte extrem erfolgreich ist, ist ein Sieg gegen den BVB für einige möglicherweise etwas herausragender.“ Alester stimmt zu: „Dortmund ist der große Verein, nur wenige Kilometer entfernt. Da kommen wir nicht dran – umso süßer sind die Siege wie das 4:3 vor knapp zwei Jahren.“