BVB-Führungsspieler tauchen in München ab Terzic ist gefordert, Optimismus glaubhaft vorzuleben

BVB-Führungsspieler tauchen in München ab: Terzic ist gefordert, Optimismus glaubhaft vorzuleben
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Schon seit Jahren kämpft Borussia Dortmund gegen den latenten Vorwurf, in wichtigen Partien zu selten auch die notwendige Top-Leistung abrufen zu können. Die Partie in München, herbeigesehnt auch vom BVB, weil man nach einer bislang fast tadellosen Serie im Jahr 2023 mit großem Selbstvertrauen ausgestattet war, endete aber dann mit dem schon bekannten Verlauf wie beim Silvester-Sketch „Dinner for one“: Am Ende hieß es: „The same procedere as every year!“

BVB-Auftritt in München ist besorgniserregend

Warum das so war, vor allem nach einer Anfangsphase, in der der BVB mutig und wach wirkte – und auch spüren konnte, dass da nervöse Bayern auf der anderen Seite standen, das blieb nach den nächsten deprimierenden 90 Minuten allen ein Rätsel. Emre Can schimpfte über die verlorene Ordnung in den Minuten nach dem schlimmen Patzer von Schlussmann Gregor Kobel. Mit versteinerter Miene redete auch Edin Terzic darüber, dass seine Elf nach dem Slapstick-Gegentor „zu lange“ gebraucht habe, „um wieder zurückzukommen.“

Man kann nur hoffen, dass er diesen Satz bei der internen Analyse nicht verwendet – es könnte ja auch bei seinen Spielern den Eindruck erwecken, der sich auch nach dem Ergebnis aufzudrängen scheint: dass der BVB tatsächlich zurückkam. Dass das Top-Spiel eine enge Kiste war. So war es aber nicht. Borussia Dortmund hätte sich auch über sieben, acht Gegentore nicht beschweren können, und das sollte in der Tat Sorgenfalten auf die Stirn der BVB-Verantwortlichen treiben. Warum nur reicht bei einem Team, dass von zehn Liga-Spielen des Jahres neun gewonnen und noch keins verloren hat, ein einziges Gegentor, um sämtliche Energie aus den Körpern zu ziehen, sämtliche Widerstandskraft erlahmen zu lassen und einen Tabellenführer wie kopflose Hühner herumirren zu lassen?

Der BVB ergibt sich in München in sein Schicksal

Bei der Suche nach Antworten landet man dann vielleicht auch bei einem Punkt, der die Rolle Borussia Dortmunds seit Jahren eigentlich ganz gut beschreibt. Immer wieder ist vom Westfalendamm zu hören, dass der Meister gemäß der Aufwendungen für den Profikader nur aus München kommen könne, immer wieder werden die rund 170 Millionen Euro mehr ins Feld geführt, die die Bayern in ihre Mannschaft investieren. Das sind zugegebenermaßen Zahlen, die auch nur schwer wegzudiskutieren sind. Und dennoch ergaben sich in den vergangenen Jahren immer wieder mal Chancen, an diesem Zahlenwerk zu rütteln, die Bedeutung durch eine kluge Transferpolitik und Leidenschaft auf dem Platz herabzusetzen. So wie in dieser Saison.

Wer sich aber selbst in einer Phase, in der viel funktioniert, in der man durch die eigenen Erfolge und Konstanz beim großen Rivalen für Panik-Reaktionen wie einen Trainerwechsel sorgt, kleiner macht als er eigentlich ist, liefert vielleicht unbewusst Alibis für solche Entwicklungen wie am Samstag ab der zwölften Minute. Vielleicht fraß sich nach den guten Anfangsminuten des BVB ja dann doch in die Köpfe, dass es die Bayern sind, dass sie einfach zu gut sind. Und dass es wieder so laufen wird wie eigentlich immer in der Allianz Arena.

BVB-Führungsspieler tauchen in München ab

Nach Kobels schlimmem Patzer sind einige Teamkollegen zu ihrem Torhüter gelaufen und haben versucht, ihn mit Worten aufzubauen. Das war eine wichtige und gute Geste, die für einen intakten Teamgeist spricht – und eigentlich auch ein gutes Signal nach innen und außen. Fehler passieren auch Feldspielern, nur haben sie bei Torhütern sehr oft ein Gegentor zur Folge. Und es waren ja schließlich auch noch 78 Minuten zu spielen. Doch der Geste an den Torhüter folgte: nichts! Vielmehr ergab sich eine komplette Mannschaft quasi sofort in ihr Schicksal.

Das rückt vor allem die Führungsspieler in den Fokus. Darf man bei allem Talent von einem 19-Jährigen wie Jude Bellingham erwarten, dass er sein Team dann durch die nächsten schweren Minuten führt? Dass er als Leader vorangeht, mit Einsatz und Körpersprache? Eher standen andere in der Pflicht, Erfahrung gab es auf dem Rasen genug. Doch die Erfahrenen tauchten mit allen anderen ab.

Zwei wegweisende Spieler für den BVB

So bildete das Bayern-Spiel den von vielen befürchteten Auftakt in eine für Borussia Dortmund enorm wichtige Woche. Vier Tage bleiben Terzic, um seine Spieler wieder aufzurichten und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, um im Pokal in Leipzig zu bestehen. Weitere nur drei Tage danach geht es gegen einen der unbequemsten Gegner der Liga (Union Berlin) darum, nicht weiteren Boden zu verlieren.

Jamie Bynoe-Gittens, Marco Reus und Nico Schlotterbeck sitzen auf der Bank.
Pure BVB-Enttäuschung (v.l.): Jamie Bynoe-Gittens, Marco Reus und Nico Schlotterbeck. © imago / HMB-Media

Auch wenn „Wut und Enttäuschung“, die Terzic für jeden bei Borussia Dortmund reklamierte, in seiner Gestik und Mimik auch deutlich ablesbar und verständlich waren, ist es vor allem er, der jetzt voran gehen muss, der Optimismus glaubhaft vorleben muss. Sätze wie der, „dass es natürlich jetzt sein kann, dass die Bayern alles gewinnen“, sind da eher kontraproduktiv. Borussia Dortmund sollte sich nicht freiwillig zurück in die Schublade des genügsamen Zweiten begeben. Dazu ist der Traum noch zu nahe an der Realität.

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