Bei einem Frisör am Borsigplatz bekommt Robert Kische (36) an diesem Montag (22.5.) einen frischen Schnitt für die erhoffte Meisterfeier des BVB am nächsten Wochenende. „Sehen meine Haare gut aus?“ Robert vergewissert sich bei unserem Reporter, bevor er für ein Foto an der Wiege des BVB posiert. Na sicher, die Frisur sitzt.
Von dem Friseur bekommen Kunden wie Robert ein BVB-Poster geschenkt. Robert hat es fein säuberlich zusammengerollt in der Hand und übergibt es kurz an seine Lebensgefährtin. Im Frisörladen antwortet ein Angestellter amüsiert auf die Frage, wie die Stimmung vor dem Meisterschaftsendspiel gegen den FSV Mainz 05 am Samstag (27.5.) ist: „Alle verrückt hier.“
BVB-verrückt
Er zeigt dabei auch auf Robert, der das zwar nicht mitbekommt, aber bestimmt nicht widersprechen würde. BVB-verrückt ist er, im positiven Sinn.
Der 36-Jährige wohnt mit seiner Lebensgefährtin, einer gebürtigen Dortmunderin, ganz nah am Borsigplatz. Nein, nicht so nah, als dass er eine mögliche Meisterfeier aus seinem Fenster bestaunen könnte. Aber nah genug, um sich quasi von der Haustür ins Getümmel zu stürzen, sofern es denn so kommt wie erhofft.
Robert steht vor dem Friseurladen und zeigt auf einen schönen, hellen Altbau mit Verzierungen an der Fassade und großzügigen Balkonen. „Da würde ich gerne wohnen“, sagt er und lacht. Denn dann hätte er die beste Sicht von oben auf eine mögliche Feier.
Feiern im Getümmel
Was macht er stattdessen, falls der BVB am Samstag den Titel holt und es am Sonntag eine große Feier auf dem Borsigplatz gibt? „Ich werde hier stehen und feiern“, sagt Robert. Mitten im Getümmel. So wie er es auch schon 2011 und 2012 getan hat.
Der 36-Jährige erinnert sich, dass er damals gerade erst von Riesa in Sachsen nach Dortmund gezogen war. Fan des BVB war er aber schon vorher. Sein Onkel, Mitglied in einem Dresdener BVB-Fanclub, hatte ihn auf den Geschmack gebracht. 2003 sei er zum ersten Mal im Stadion gewesen.

„Wir sind damals einige Male mit dem Fanclub hierhergefahren“, erzählt Robert. Als er nach Dortmund gezogen war und Trainer Jürgen Klopp den BVB in der Saison 2010/2011 überraschend zum Titel führte, hatte Robert eine Dauerkarte ersteigert. „Ich war bei jedem Heimspiel im Stadion.“ Die Dauerkarte musste er dem Inhaber später zurückgeben. „Aber immerhin hatte ich die Meisterschaft“, sagt er.
Schwester ist Bayern-Fan
Der 36-Jährige erinnert sich, dass es das Stadion und die Fans auf der Südtribüne im Speziellen waren, die ihn sein Herz an Borussia Dortmund verlieren ließen. Das ist längst keine Selbstverständlichkeit in der Familie Kische. Roberts Schwester beispielsweise ist Bayern-Fan.
Wie waren die großen Feiern 2011 und 2012? „Der ganze Borsigplatz ist explodiert“, sagt Robert. Wie die BVB-Spieler mit Trainer Jürgen Klopp im Bus an den jubelnden Fans vorbeifuhren - das hat Robert noch genau vor Augen. Er deutet auf den Gehweg am Borsigplatz. „Ich stand hier und Jürgen Klopp hat gesungen.“ Den Sieg des DFB-Pokals 2017 hatte Robert auch auf dem Borsigplatz gefeiert.
Jeden Tag ein BVB-Fanshirt
An diesem Montag wehen rund um die Wiege des BVB die schwarzgelben Fahnen im Wind. Echte Liebe. „Das knistert hier jetzt schon“, beschreibt Robert, wie er die Stimmung eine Woche vor dem möglichen Triumph wahrnimmt. Er hat ein gutes Gefühl für das Spiel gegen Mainz. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, fragt Robert. Bis dahin wird er, wie an diesem Montag, jeden Tag ein anderes BVB-Fanshirt tragen.