BVB-Ernüchterung nach 0:0 in Bremen Nuri Sahin sieht viele Dortmunder Defizite

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Im Dortmunder Teamhotel in der Bremer City gab es beim gemeinsamen Frühstück eine ungewöhnliche Unterbrechung der Spieltagsroutine. Stürmer Sebastien Haller, noch normal angereist mit dem Team, verabschiedete sich mit emotionalen Worten von seinen Mitspielern, nachdem auf den letzten Metern des Sommer-Transferfensters sein Blitzwechsel nach Spanien zu La-Liga-Aufsteiger CD Leganes perfekt geworden war. Das, meinte Trainer Nuri Sahin vor dem Anpfiff, zeige „die Brutalität des Fußballgeschäfts“, Haller habe den Schritt unbedingt gehen wollen. In der gerade erst gestarteten Saison zeigte diese Personalie dem neuen Coach vor allem die Schnelllebigkeit und Unkalkulierbarkeit dieses Geschäfts.

BVB-Trainer Sahin nimmt zwei Wechsel vor

Drei Mittelstürmer hat der BVB in diesem Sommer nun abgegeben, die Lücken bis zur Einsatzfähigkeit von Serhou Guirassy müssen nun andere schließen. In Bremen schlug daher die Stunde von Maximilian Beier, der Karim Adeyemi ersetzte. Zweite Änderung im Vergleich zum Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt: Jamie Gittens hatte sich ein Startelf-Mandat verdient, er rückte für Donyell Malen in die Anfangsformation.

Dass der BVB im Weserstadion viel Ballbesitz haben würde, war absehbar. Aus der Überlegenheit, die Dortmund auch durch ein Vorrücken der letzten Abwehrlinie bis an die Mittellinie erzwang, entstand aber wie schon vor einer Woche viel zu wenig Gefahr. Da meistens beteiligt: Neuzugang Pascal Groß, der bei einer Freistoß-Variante mit einem langen Ball an den zweiten Pfosten den Kopf von Waldemar Anton fand. Dessen Hereingabe klärte Niklas Stark in letzter Sekunde (29.). In der stärksten Phase des BVB vor der Pause verpasste auch Niklas Süle nach langem Ball von Groß am zweiten Pfosten per Kopf die Führung. Im Nachgang scheiterte Anton (33./34.).

Brandt und Sabitzer beim BVB kaum zu sehen

Immer wieder allerdings gelang es den Hausherren, Dortmunds Defensive mit schnellen Vorstößen in Verlegenheit zu bringen. Der BVB ging hier hohes Risiko: fünf Mal tappten die Werderaner bis zur Pause in die Abseitsfalle, vor allem bei der Werder-Doppelchance für Justin Njinmah, der an Gregor Kobel scheiterte, und dem knapp neben das Tor gesetzten Nachschuss von Romano Schmid hätte eine Überprüfung auch ein anderes Resultat ergeben können (10./11.).

Hinten heraus nahm bis zur Pause die Ernüchterung zu. Selten bis gar nicht konnte der BVB Gittens‘ Tempo gewinnbringend einsetzen, der zunächst sehr lauffreudige Beier zerrieb sich in Zweikämpfen mit Bewacher Stark, Marcel Sabitzer war kaum zu sehen, auch Julian Brandt tauchte nach starkem Beginn ab. In den letzten 15 Minuten des ersten Durchgangs nahm auch die Spielkontrolle der Gäste deutlich ab, sehr zum Unwillen von Sahin, der seinem Ärger mehrfach lauthals Luft machte.

Adeyemi mit der besten BVB-Chance

Der BVB war gefordert, musste aber nach Wiederbeginn sofort eine gute Werder-Chance überstehen, als Agu mit Tempo an Ryerson vorbeizog und Njinmahs Schuss abgefälscht knapp übers Tor rauschte (49.). Werder witterte nun Morgenluft, nach nicht einmal 55 Minuten hatte zudem die komplette Dortmunder Viererkette Gelb gesehen. Das sollte noch Folgen haben. Sahin reagierte mit einem Doppelwechsel auf den mittlerweile sehr überschaubaren Auftritt seiner Elf, brachte Ramy Bensebaini für Süle und ersetzte den wirkungslosen Gittens durch Adeyemi. Der setzte mit einem fulminanten 25-Meter-Schuss gleich ein Ausrufezeichen – Zetterer im Bremer Tor war auf dem Posten (59.). Auch Nico Schlotterbecks Kopfball wurde zu seiner Beute (62.).

Nun im klaren 4-3-3 suchte Dortmund nach dem Schlüssel, Werder lauerte auf Konter. Und durfte in Überzahl auf den Lucky Punch hoffen, nachdem Schlotterbeck im Zweikampf gegen Njinmah deutlich zu spät kam und seine zweite Gelbe Karte sah (73.). Sahin reagierte, brachte auch noch Felix Nmecha, der zur Stärkung der Defensive in die Kette rückte. Defensiv agierte Dortmund in der Schlussviertelstunde im 5-3-1 und überstand auch die fünfminütige Nachspielzeit ohne größere Probleme. Die letzte Chance hatte im eingewechselten Malen sogar ein Dortmunder, am Ende blieb es beim 0:0. Zufrieden durfte Sahin dennoch kaum sein.

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