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BVB-Entwicklung ist messbar - Sancho-Formkrise gibt Rätsel auf
Meinung
Die bittere Niederlage gegen den FC Bayern zeigt: Beim BVB ist eine Weiterentwicklung erkennbar. Die Mischung aus Talent und Erfahrung passt - doch die Formkrise von Jadon Sancho gibt Rätsel auf.
Das Seufzen über die verpasste Chance war beinahe in jedem Satz herauszuhören, den Lucien Favre nach dem 2:3 im Gipfeltreffen mit den Bayern sprach. So viele eigene Möglichkeiten habe man gehabt, die Gegentore seien natürlich ein Knackpunkt gewesen, ein schönes Spiel für die Zuschauer vor den Fernsehern sei es gewesen. Und der BVB habe guten Fußball gespielt. Als Trainer, so Favre niedergeschlagen, sei er daher natürlich sehr enttäuscht.
Am Ende lief die Partie also so, wie man das wohl befürchten musste - und erwarten konnte? Borussia Dortmund war nah dran, näher als im Supercup, näher als beim 0:1 im Mai, näher sowieso als bei den vielen hohen Auswärtspleiten in München in der jüngeren Vergangenheit. Es fehlte nicht viel, aber es fehlte am Ende doch ein bisschen. Wieder einmal.
Kleine BVB-Fehler machen gegen die Bayern den Unterschied
Was genau, ließ sich schwer benennen. Hinten die ein oder andere Nachlässigkeit zu viel? Ganz bestimmt, denn fünf Einschläge bei Roman Bürki (zwei Treffer von Robert Lewandowski zählten wegen knapper Abseitsstellungen nicht), das ist eindeutig zu viel. Für Manuel Akanji waren sogar die drei Gegentore, die zählten, am Ende nicht akzeptabel. Man könne nicht erwarten, meinte der Schweizer Abwehrspieler selbstkritisch, dass die Offensive das immer ausbügeln könne.
Am Samstag hätte sie das vor allem durch Erling Haaland, der mehrfach aussichtsreich vor Manuel Neuer scheiterte, aber durchaus tun können. Wie Favre richtig bemerkte, hatte der BVB einige richtig gute Chancen. Nutzen konnten sie am Ende nur zwei. Auch das ein Punkt auf der Liste der Gründe, warum es nicht reichte. Es war nicht der eine grobe Patzer, die eine ausgelassene Hundertprozentige, die der Borussia am Ende das Genick brachen. Es waren eher einige Kleinigkeiten, die sich summierten und die eine Mannschaft wie die Bayern bestrafte, wo Dortmund ansonsten vielleicht ungeschoren davongekommen wäre.
Weiterentwicklung beim BVB ist erkenn- und messbar
Was daraus folgen muss: wohl der viel zitierte „nächste Schritt“. Der Abstand zu den Münchnern ist aktuell nicht so groß wie die Unterschiede der beiden Klubs im Umsatz- und Gehaltsniveau das erwarten lassen könnten. In Dortmund passt die Mischung aus Talent und Erfahrung, eine Weiterentwicklung auch in dieser Saison ist seit der Niederlage in Augsburg und auch dem miserablen Start in die Champions League in Rom erkenn- und messbar.

Auch die statistischen Werte wiesen nach, dass der BVB in diesem Duell mit dem ewigen Rivalen sehr nah dran war. Ausgeglichen bei den Torschüssen, ein leichtes Plus im Ballbesitz, bei den gewonnenen Zweikämpfen, in der Passquote - vieles sprach mindestens für ein Remis, auch die Mentalität vor allem in Person von Erling Haaland - auch wenn die Bayern die klareren Chancen hatten und ihr Sieg am Ende daher nicht unverdient war.
Anhaltende BVB-Formkrise von Jadon Sancho gibt Rätsel auf
Mitnehmen kann Lucien Favre eine ganze Menge aus diesem Spiel - allerdings muss er auch Antworten finden auf einige ungelöste Probleme. Die anhaltende Formkrise von Jadon Sancho gibt Rätsel auf, bei ihm vermisst man Leichtigkeit und Spielfreude, in manchen Momenten auch den richtigen Biss und die absolute Einstellung. Diesen Schalter wieder umzulegen, scheint keine einfache Angelegenheit zu sein.
Der Shooting-Star aus England durchlebt seine erste echte Krise, was sich auch, aber nicht nur an seinen Statistiken ablesen lässt. Erst zwei Assists in der Liga, immerhin je einen Treffer in Pokal und Champions League - doch die prägende Figur, immer für eine Torbeteiligung gut, ist Sancho in dieser Saison noch nicht. Um mit den Bayern Schritt zu halten, braucht Borussia Dortmund aber genau das.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
