BVB-Boss Watzke muss sich an seinen Worten messen lassen Zweifel bei Nmecha-Transfer bleiben

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Das wochenlange Tauziehen hat also nun ein Ende. Und zumindest einen Knoten im Transferstau bei Borussia Dortmund konnte Sportdirektor Sebastian Kehl nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub gleich lösen. Doch der Wechsel des Wolfsburgers Felix Nmecha zum BVB taugt nicht dazu, nach dem bislang zähen Transfersommer der Borussia übergroße Euphorie auszulösen.

BVB-Fans üben Kritik an Felix Nmecha

Gleich in doppelter Hinsicht begleiten Zweifel diesen Wechsel. Nmecha wird die Vorbehalte zerstreuen müssen, die seine politische und gesellschaftliche Gesinnung betreffen. Und er sollte diesem Weg offensiv bestreiten. Wer mehrfach Inhalte in sozialen Medien teilt, in denen offen transfeindliche und homophobe Ansichten vertreten werden, muss sich nicht wundern, wenn er selbst in dieser Ecke verortet wird. Wer sich dann für diese Posts wenig überzeugend und eher durch die Blume entschuldigt, muss sich nicht wundern, wenn er ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommt.

Die Dortmunder Fan-Szene ist gespalten in dieser Personalie. Daran hat auch das persönliche Treffen zwischen der Dortmunder Vereinsführung und dem Spieler vor gut einer Woche nichts ändern können. Die kritischen Stimmen werden laut bleiben und verdienen Gehör – auch und erst recht nach diesem Gespräch mit dem Spieler. Denn da saßen ja zwei Parteien an einem Tisch, die die gleichen Interessen verfolgten: Felix Nmecha zum BVB zu bringen. Überraschend wäre es eher gewesen, wenn das Treffen ein anderes Ergebnis als das verkündete gehabt hätte.

BVB-Neuzugang Nmecha in der Bringschuld

Es ist gerade erst ein paar Monate her, dass Borussia Dortmund einen über ein Jahr erarbeiteten Grundwertekodex in seiner Satzung verankert hat. Die Stimmen, die der Borussia vorwerfen, diese Werte nun mit Füßen zu treten, werden vorerst nicht verstummen. Auch wenn man jedem Menschen nach einem offenkundigen Fehltritt eine zweite Chance einräumen sollte, ist Nmecha in der Bringschuld – auch sein erstes Statement als BVB-Spieler war nicht dazu angetan, die Schärfe aus der Diskussionen zu nehmen. Aus außersportlicher Sicht bleibt es der heikelste Transfer in der langen Ära von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Dortmunds starker Mann wird sich an seinen Worten („Er ist ein ganz normaler Junge“) messen lassen müssen.

Hans-Joachim Watzke steigt sein Auto.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke muss sich an seinen Worten messen lassen. © Groeger

Auch auf der sportlichen Ebene gibt es Vorbehalte gegen die Verpflichtung von Felix Nmecha, die sich vornehmlich aus der grotesk hohen Ablösesumme (für die der Spieler nichts kann) speisen. Ist dieser Profi 30 Millionen Euro wert? Natürlich nicht! Aber diese Summe ist eher eine Folge der Tatsache, dass sein Alter und die Fantasie hinsichtlich seines Potenzials den Preis bestimmt haben, als dass diese Summe das Resultat schon gezeigter Leistungen wäre. Nmecha hat erst 46 Bundesliga-Partien gespielt. Seine Bilanz von drei Treffern und sieben Tor-Vorbereitungen ist ausbaufähig.

Nmecha folgt beim BVB auf Bellingham

Der BVB lehnt sich weit aus dem Fenster bei diesem Transfer. Ohne den festen Glauben an die Fähigkeiten des 22-Jährigen hätte Dortmund nicht so tief in die Tasche gegriffen. Wie schnell der Spieler einen Gegenwert erbringen kann, ist dabei offen. Jüngste Beispiele, dass das länger dauern kann: Donyell Malen und Karim Adeyemi. Auch Emre Can, weitaus erfahrener, hat seine Zeit benötigt. Die Tatsache, dass Nmecha auserkoren ist, die Nachfolge von Jude Bellingham anzutreten, macht den Rucksack auf seinem Rücken dabei gleich ein paar Kilogramm schwerer. Beide Seiten müssen aufpassen, sich nicht zu verheben.

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