Champions-League-Abende sind in Dortmund noch etwas lauter als anderswo, das war auch am Mittwochabend so. Und mit der Unterstützung der eigenen Anhängerschaft schwang sich der BVB im nach der Niederlage in Paris schon eminent wichtigen zweiten Gruppenspiel gegen den AC Mailand zu einer Leistung auf, die mehr verdient hatte als das 0:0, das die Borussia tabellarisch nicht weiterbringt. Überraschend: Im Parallelspiel besiegte Newcastle United das Starensemble von Paris Saint-Germain mit 4:1 und ist damit neuer Tabellenführer.
BVB ist dem Führungstor ganz nah
Auf dem bis dato strategisch und spielerisch besten Auftritt in der bisherigen Saison lag zum Pausenpfiff nur ein kleiner Makel. 9:4 Torschüsse für die Borussia zeigten zwar auch, dass die Gäste sich nicht allein auf eine stabile Defensive beschränkten. Vor allem über die linke Seite blitzte bei zwei brandgefährlichen Kontern die Klasse eines Rafael Leao auf.
Doch nach 20 verteilten Anfangsminuten erarbeitete und erspielte sich die Borussia ein klares Übergewicht, das auch in Top-Chancen mündete. Diese Zielstrebigkeit auf dem Weg zum gegnerischen Tor war in der bisherigen Saison sporadisch immer mal wieder, aber längst nicht mit der Konsequenz zu sehen gewesen, mit der der BVB in einer rassigen Partie immer vehementer auf das 1:0 drängte.
BVB erspielt sich ein Übergewicht
Donyell Malens Linksschuss nach einem kurzen Haken strich nur knapp am langen Pfosten vorbei (28.), das war der Auftakt zu einer starken Phase bis zur Pause, in der Dortmund durch Niclas Füllkrug (31.), Julian Brandts Fallrückzieher (36.) und zwei guten Aktionen des sehr agilen Ramy Bensebaini (43./45.) dem ersten Treffer in dieser Königsklassen-Saison sehr nahe war.
Dass Milan mit seinen Kontern Nadelstiche setzen konnte, zeigte schon der erste Vorstoß durch das Mittelfeld, als sich Emre Can zu weit aus dem defensiven Zentrum locken ließ und Tommasso Pogeba aufs Dortmunder Tor zusteuerte. Mats Hummels bügelte die Situation mit einer energischen Grätsche aus (4.).
Can und Özcan bilden die BVB-Doppelsechs
Doch danach erarbeitete sich die Borussia aus dem kompakten 4-2-3-1 Stück für Stück ein Übergewicht, bekam in die Aktionen mit Ball viel Dynamik und verlagerte auch durch viele gewonnene zweite Bälle das Geschehen zunehmend in die Hälfte der Italiener. Den Torschrei hatten die BVB-Sympathisanten unter den 81.365 Zuschauen des Öfteren auf den Lippen, sie mussten aber auch durchatmen, als vor allem Leao seine Extraklasse bei zwei Solo-Läufen andeutete. Durch Pogeba und Theo Hernandez hatte Milan direkt vor der Pause noch eine Doppelchance, die größte aber vergab Olivier Giroud. Salih Özcan, neben dem in die Startelf zurückgekehrten Can auf der Doppel-Sechs erneut mit einer sehr ansprechenden Leistung, hatte das Abseits aufgehoben (37.).
Das Spiel bewegte sich auch im zweiten Durchgang auf einem hohen Niveau – von beiden Seiten, was sich in einer weiteren Doppelchance für die Gäste äußerte. Der aufmerksame Nico Schlotterbeck war bei einer Flanke eher am Ball als Giroud, im Nachschuss scheiterte Ex-Borusse Christian Pulisic (54.). Wieder war es bei Milan zuvor schnell und direkt über die Seite von Leao gegangen.
Es blieb eine knifflige Angelegenheit für die Borussia, die auf Sieg spielen musste, nun aber nicht mehr so klar vors Mailänder Tor kam wie vor der Pause. Mehr Tempo über die Seiten war das Ziel: Trainer Edin Terzic setzte mit der Hereinnahme von Karim Adeyemi für Brandt ein klares Zeichen und brachte kurze Zeit später auch noch Jamie Bynoe-Gittens und Felix Nmecha.
BVB-Torhüter Kobel im Mittelpunkt
Das Anlaufen vor der Pause hatte allerdings unübersehbar Kraft gekostet. Terzic blies an der Seitenlinie mit rudernden Armen zur Schlussattacke, Bynoe-Gittens kam zu einem ersten Abschluss, da waren 75 Minuten gespielt. Immer wieder blieben Schussversuche der Borussia an einem Abwehrbein hängen. Der Grat zwischen noch mehr Offensive und einer zu großen Lockerung der Defensive blieb aber schmal. Tief Durchatmen, als Theos fulminanter Kopfball knapp am BVB-Tor vorbeistrich (83.). Samuel Chukwueze scheiterte an Kobel, den Nachschuss verzog Reijnders (86.). Nmecha hatte den Lucky Punch auf dem Fuß, auch der Ball ging vorbei (89.).