Nuri Sahin klatschte noch schnell mit Dino Toppmöller ab, dann verschwand er nach der 0:2-Pleite in Frankfurt ohne Umwege in den Katakomben des Deutsche Bank Park. Die hämischen „Sahin-Raus-Rufe“ aus der SGE-Kurve dürfte er schon nicht mehr gehört haben. Die Frage ist dennoch: Werden sich die Rufe in den nächsten Tagen bewahrheiten? Wie viel Kredit besitzt der 36-Jährige nach der dritten Niederlage innerhalb von sieben Tagen noch?
Anton und Groß neu in der BVB-Startelf?
Marcel Sabitzer und Julien Duranville bekamen die von Sahin angekündigten „Konsequenzen“ zu spüren, Waldemar Anton und Pascal Groß rückten in die Startelf. Außerdem überraschte der BVB-Trainer mit einer Systemänderung: Dortmund verteidigte mit Dreierkette und zwei hoch stehenden Außenverteidigern. Das sollte Sicherheit und Stabilität geben. So zumindest der Wunschgedanke.
Die Realität im Deutsche Bank Park sah anders aus. Abstände und Absprachen fehlten, Zuteilungen und Abläufe passten ebenfalls selten. Dazu kam die angesichts der prekären BVB-Lage eine deutlich erkennbare Verunsicherung bei jedem Einzelnen in Schwarzgelb. Erstes Beispiel: Gregor Kobel spielte Elyas Skhiri den Ball direkt in den Fuß, machte seinen Fehler dann aber wieder wett (2.).
BVB-Defensive mit vielen Problemen
Frankfurts Super-Knipser Omar Marmoush, der für 80 Millionen Euro zu Manchester City wechseln wird, fehlte am Freitagabend. Und trotzdem bekam der BVB die Eintracht-Offensive um Hugo Ekitike, Ansgar Knauff und Mario Götze nicht in den Griff. Das lag in vielen Situationen am dilettantischen Verteidigungsverhalten der Gäste.
So wie in Minute 18. Rasmus Kristensen ließ in Jamie Gittens, Nico Schlotterbeck und Ramy Bensebaini gleich drei Borussen mit einer einfachen Täuschung wie E-Jugend-Spieler aussehen. Da sich von den Dortmundern auch niemand gezwungen sah, den anschließenden Sprint des Dänen mitzugehen und das Geschehen lieber aus sicherer Entfernung verfolgten, konnte Kristensen nach Doppelpass mit Ekitike ganz genau in den Strafraum passen. Der eingelaufene Franzose drückte den Ball zur 1:0-Führung über die Linie. Frankfurt jubelte, Sahin tobte. Der 36-Jährige gestikulierte wie wild an der Seitenlinie. Fassungslosigkeit.
BVB-Stürmer Guirassy trifft den Pfosten
Doch es ging genau so weiter. Niemand störte den Ex-Borussen Ansgar Knauff,der von der linken Seite ins Zentrum zog, mehrere Schüsse antäuschte und den Ball dann von der Strafraumkante an den langen Pfosten setzte (22.). An dem war auch der BVB gescheitert. Serhou Guirassy traf nach einer Ryerson-Flanke nur das Aluminium (9.). Und sonst? Ballbesitz schön und gut, Passspiel ordentlich. Doch Durchschlagskraft gleich Null. Dortmund lief nie mit Tempo auf die letzte Kette zu, die Flanken aus dem Halbfeld wurden zur einfachen Beute für die SGE-Verteidiger oder Kevin Trapp.
Und defensiv wackelte Schwarzgelb weiterhin gewaltig. Nach dem identischen Schema. Schnittstellenpass auf Knauff, der sich den Ball an Can vorbeilegte und von der Grundlinie im Rückraum Ekitike suchte. Der Franzose scheiterte nur knapp (34.). Kurz darauf rettete Schlotterbeck in letzter Sekunde gegen Nathaniel Brown (37.).
BVB-Spieler fordern gleich zweimal Elfmeter
Spielerisch agierte der BVB im zweiten Durchgang durchaus besser, da stand keine komplett charakterlose Mannschaft wie in Kiel auf dem Platz, die alles vermissen ließ. Es gab auch Möglichkeiten. Die beste vergab Guirassy, der knapp an der Hereingabe des eingewechselten Yan Couto vorbeirutschte. Doch die letzte Überzeugung, den Verein aus der Krise zu manövrieren und Nuri Sahin zumindest ein paar ruhigere Tage zu verschaffen, fehlte.
Für die Wende hätte es ähnlichen Elan gebraucht wie in den Szenen, als die Dortmunder wie wild Elfmeter forderten. Nnamdi Collins hatte Gittens gestoßen (77.), Arthur Theate erwischte Guirassy mit dem Arm (85.). Zwei strittige Situationen. Dortmund ging komplett auf den Ausgleich. Doch eine erneut stümperhafte Aktion sorgte für die Entscheidung. Oscar Hojlund schoss den BVB mit seinem Treffer in der Nachspielzeit noch weiter in die Krise. Der Absturz setzt sich fort. Die große Frage: Was passiert mit Nuri Sahin?