BVB mahnt Konditor für Geburtstagstorte mit Vereinslogo ab „Ich war völlig geschockt“

BVB mahnt Konditor für Torte mit Vereinslogo ab: „War völlig geschockt“
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Mit Fußball hat Burkhard Maaß nichts am Hut. Dafür habe er zu viel mit seinem kleinen Hotel und dem Café zu tun, sagt der 62-jährige Konditor. Beides betreibt er in Braubach am Rhein, südlich von Koblenz. Nicht nur interessehalber, auch räumlich ist es von dort aus relativ weit ins Ruhrgebiet und zu Borussia Dortmund.

Umso verwunderter war er, als er vor einigen Tagen ein Einschreiben mit Bezug zum BVB im Briefkasten hatte. „Ich habe den Brief aufgerissen und war erstmal völlig geschockt“, erinnert sich Maaß. Das Schreiben hat die Münchener Anwaltskanzlei Dres. Lohner, Fischer, Igwecks & Collegen herausgeschickt. Datiert ist es auf den 31. Januar. In dem Brief gibt die Kanzlei an, von der BVB Merchandising GmbH mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt worden zu sein.

Es folgt eine Flut an juristischen Begriffen und Paragrafen. „Verstoß“, „Unterlassungsanspruch“ und „Schadensersatzanspruch“ sind wahrscheinlich die wichtigsten Signalwörter. Bei Burkhard Maaß lässt das ein anderes Wort im Kopf entstehen: „Existenzangst.“ Das sei, was er in diesem Moment verspürt habe.

Hohe Anwaltsgebühren

Durch Corona sei seine Konditorei schon arg gebeutelt, sagt er. Statt vorher zehn bis 15 Mitarbeiter habe er nur noch fünf. Jetzt wird er aufgefordert, 2584 Euro und 09 Cent für entstandene Anwaltskosten zu zahlen. In dem Brief steht aber auch noch eine andere Zahl: 100.000 Euro. Sie ist als Gegenstandswert angegeben und der Betrag, der in Maaß „Existenzangst“ auslöst.

„Das ist keine tatsächliche Forderung, die fällig wird, sondern ein Streitwert, der bei bekannten Marken üblich ist“, erklärt Markenrechtler Mirko Jankord von der auf Urheber- und Markenrecht spezialisierten Kanzlei „Fuß & Jankord PartG“ aus Dortmund. „Aus diesem Streitwert leiten sich die Gebühren ab, die für Anwalts- und Gerichtskosten fällig werden.“

Um das Vereinslogo von Borussia Dortmund geht es. Mehrere Konditoren hatten es auf Torten angebracht.
Um das Vereinslogo von Borussia Dortmund geht es. Mehrere Konditoren hatten es auf Torten angebracht. © picture alliance/dpa

Grund dafür ist das Foto einer Torte, die Maaß auf seiner Webseite präsentiert hatte. Sie schmückte ein großes, aus Marzipan geformtes Logo des BVB. „Alles Liebe zum 44. Geburtstag“ stand darunter. Neben anderen Torten-Bildern hatte der Konditor sie hochgeladen, um zu zeigen: „Wir machen noch Handwerk“, wie er sagt.

„Es ist bei einer Torte geblieben“

„Ich kenne mich mit solchen Markenfragen ja nicht aus.“ Eine böse Absicht habe nicht dahinter gesteckt, auch nicht das Vorhaben „groß Geld damit zu verdienen“. Es sei ein privater Auftrag gewesen. Eine Frau habe ihrem Mann, einem großen BVB-Fan, eine Freude machen wollen. „Wir sind da ja nicht groß in den Vertrieb gegangen. Es ist bei einer Torte geblieben.“ Ob diese Angaben stimmen oder ob der Konditor weitere Torten mit BVB-Logo hergestellt hat, lässt sich nicht nachprüfen.

Maaß sagt, er erinnere sich kaum noch an die eine Torte. Gemeinsam im Team hätten sie nachgedacht. „Das ist mindestens zwölf Jahre her.“

Fotos von der Torte gibt es nicht mehr. „Ich habe sie überall gelöscht. Auch in der Cloud. Dazu habe ich mich verpflichtet“, sagt der Konditor.

Maaß ist nicht der einzige Konditor, der ein solches Schreiben bekommen hat. Sein Anwalt Elmar Kloss vertritt noch einen weiteren Mandanten und weiß von insgesamt fünf Abmahnungen. Kloss ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei der Koblenzer Kanzlei „Caspers Mock“. Sein anderer Mandant wolle „lieber in der Küche stehen, Kreppel backen“, als mit der Presse zu sprechen. Aber auch er habe nur einen kleinen Betrieb und sei im ersten Moment erschrocken gewesen.

Rechtsanwalt Elmar Kloss vertritt zwei Konditoren nach Abmahnungen, weil sie BVB-Torten hergestellt haben.
Rechtsanwalt Elmar Kloss vertritt zwei Konditoren nach Abmahnungen, weil sie BVB-Torten hergestellt haben. © privat

Mehrere Abmahnungen

Die Konditoreninnung in Koblenz hatte Burkhard Maaß geraten, sich anwaltliche Hilfe zu suchen. Auch der Deutsche Konditorenbund gab diesen Tipp. Die Berufsvereinigung weiß von mehreren Fällen, ohne eine genaue Zahl zu beziffern.

„Aufgrund des konkreten Anlasses haben wir die Betriebe noch einmal informiert, dass sie fremde Fotos und Logos nicht verwenden sollten“, sagt Julia Gustavus, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Konditorenbundes. Für die Berufsvereinigung sind solche Abmahnungen immer mal wieder Thema. „Fußballlogos sind beliebte Motive, aber auch mit Abbildungen aus Kinderserien gibt es Vorfälle. Es sind Darstellungen, an denen andere Akteure Rechte haben und daran sollte man sich halten“, sagt Gustavus.

In diesem Fall ist es die BVB Marketing GmbH. „Unsere Mandantin ist Inhaberin u.a. der geschützten Marke ,BVB 09‘, die allgemein als das Logo des Vereins bekannt ist“, hat die Münchener Anwaltskanzlei im Schreiben an die Konditoren formuliert.

Dadurch, dass die Konditoren Torten mit BVB-Logo auf ihrer Internetseite präsentieren, sei die BVB Marketing GmbH „in ihren ausschließlichen Rechten als Inhaberin der eingetragenen Marke“ verletzt worden. Außerdem werde ihr Namensrecht verletzt. Dem Konditor wird zudem vorgeworfen, einen „eklatanten unlauteren Wettbewerbsverstoß in Form einer Rufausbeutung“ zu verfolgen.

BVB will Fall prüfen

Der BVB teilt am Montag auf Anfrage mit, dass er den konkreten Fall nicht kenne, sich aber intensiv damit beschäftigen werde. Grundsätzlich sei man aber wie jedes andere Unternehmen auch daran interessiert, seine Markenrechte zu schützen, wenn die Marke vertrieblich von Dritten genutzt werde.

Für den Dortmunder Markenrechtler Mirko Jankord ist das ein berechtigtes Interesse von Unternehmen. „Markeninhaber versuchen erst mal alles, was ihre Marke betrifft, möglichst exklusiv zu halten, um ihre Marke nicht zu verwässern.“ Manche Unternehmen würden das nicht so intensiv recherchieren, „aber bei bekannten Marken wie Borussia Dortmund ist das erst einmal die Regel“.

Diverse Abmahnungen

Auch die Anwaltskanzlei Dres. Lohner, Fischer, Igwecks & Collegen ist Mirko Jankord bekannt. Seine Kanzlei hatte ebenfalls schon mehrmals mit Forderungen zu tun, die den BVB betreffen und von der Kanzlei verschickt wurden.

Sucht man bei Google nach der Münchener Kanzlei, stößt man auf diverse Seiten, die Abmahnungen und Berechtigungsanfragen von Dres. Lohner, Fischer, Igwecks & Collegen im Namen der BVB Merchandising GmbH thematisieren. Manche sind schon im Jahr 2016 veröffentlicht worden. Im Fokus ist vor allem der Verkauf nicht lizenzierter Fanartikel.

Aber wer ist im Falle der Konditoren im Recht?

Zunächst habe er für seine Mandanten eine Unterlassungserklärung abgegeben, sagt der Koblenzer Anwalt Elmar Kloss. Ob man auch zahle, sei aber noch nicht entschieden. Denn, so argumentiert Kloss, er stelle infrage, dass der Verbraucher bei einer Torte mit BVB-Logo davon ausgehe, dass diese auch vom BVB hergestellt worden sein muss. Damit sei es für ihn keine markenmäßige Verwendung.

Außerdem seien Torten nicht zwangsläufig ein Segment, mit dem ein Fußballverein in Verbindung gebracht werde. Die Markenrechte müsse man aber für eine bestimmte Produktsparte anmelden und dann auch nutzen. Das heißt: Wenn der BVB seine Marke fünf Jahre lang nicht für Kuchen oder Torten genutzt habe, gehe der Markenschutz verloren, sagt Elmar Kloss.

„Ein sehr spezieller Fall“

Für den Dortmunder Rechtsanwalt Mirko Jankord ist das eine nachvollziehbare Argumentation, die zu prüfen sei. Rechtlich ließe sich das im konkreten Fall nicht auf die Schnelle bewerten. „Das ist ein sehr spezieller Fall“, sagt der 47-Jährige. Denn auch wenn der Konditor den BVB nur als Darstellung seiner Dienstleistung nutze, bewerbe er mit der Marke seine Leistungen. „Das könnte schon eine markenrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Verletzung sein“, sagt Jankord.

„Ich würde auf den ersten Blick nicht sagen, dass eine Abmahnung unberechtigt ist, ich würde aber auch nicht sagen, dass es ganz eindeutig ist.“ Grundsätzlich seien Abmahnungen aber erst einmal die Möglichkeit, Sachverhalte ohne Gericht zu klären. „Auch wenn das für die Konditoren sehr ärgerlich ist, ist es die Chance, sich hohe Gerichtskosten zu sparen“, sagt Mirko Jankord. Und die könnten bei Markenfragen durchaus hoch ausfallen.

„Ich hege keinen Groll“

Elmar Kloss sagt: „Und das ist der Grund, warum kleine Betriebe weichen, wenn solch ein Schwergewicht mit Abmahnungen in den Ring steigt. Das hat schon ein bisschen ein Geschmäckle.“ In der Außenwirkung hält er das für den BVB zumindest für unglücklich. „Ich halte es für eine Frechheit gegenüber den Fans und für fanpolitisch verfehlt. Man sollte davon ausgehen, dass sich Fans freuen, wenn sie eine BVB-Torte zum Geburtstag bekommen und die Bindung an den Verein dadurch noch zunimmt.“

Konditor Burkhard Maaß Konditor Burkhard Maaß findet weniger direkte Worte: „Ich hege keinen Groll gegen den Verein, ich will nur mein Unverständnis ausdrücken. Man hätte mich doch einmal anrufen können, dann hätte ich das Foto doch direkt von der Seite genommen.“

Für ihn ist die Situation unangenehm, da sie eine ganze Menge Kosten für ihn bedeutet. Vor allem den Schreck hätte er sich gerne erspart. „Ich versuche, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen“, sagt Maaß. Und eins ist für ihn auch klar: Ein BVB-Emblem wird auf keiner seiner Torten mehr auftauchen.

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