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1000 BVB-Heimspiele: „Das spektakulärste Stadion der ganzen Welt“
Borussia Dortmund
Gegen Glasgow wird das 1000. BVB-Pflichtspiel im Dortmunder Stadion angepfiffen. Bruno Reckers und Gerd Kolbe waren fast immer dabei. Sie erinnern sich an besondere Partien und kuriose Geschichten.
Es ist der 7. April 1974. Borussia Dortmund trägt sein erstes Pflichtspiel im neugebauten Westfalenstadion aus. 18.000 Zuschauer auf den Tribünen sehen ein mageres 0:0 zwischen dem BVB und Bayer 05 Uerdingen. Darunter auch Bruno Reckers und Gerd Kolbe. Abschrecken lassen haben sie sich nicht von dem mauen Auftritt der Dortmunder. Bis heute waren und sind sie bei fast jedem Heimspiel dabei. Auch am Donnerstag, wenn gegen die Glasgow Rangers die 1000. Partie im BVB-Stadion angepfiffen wird.
Das Westfalenstadion wird am 2. April 1974 offiziell eingeweiht
Wenn man es allerdings genau nimmt, beginnt die Ära des Westfalenstadions schon ein paar Tage zuvor. „Das erste Mal da war ich am 2. April 1974“, erinnert sich Gerd Kolbe. Mit einem Freundschaftsspiel gegen den FC Schalke 04 wird das „erste reine Fußballstadion“ offiziell eingeweiht. Keine Laufbahn, die Zuschauer direkt am Spielfeldrand. „Niemals zuvor war man so nah dran.“ Gerd Kolbe, von 1976 bis 1981 ehrenamtlicher Pressesprecher von Borussia Dortmund und mittlerweile Archivar des Vereins, bezeichnet den Bau dieses Stadions aber nicht nur deshalb als einen Meilenstein in der Geschichte des BVB und der Stadt Dortmund.

Das Westfalenstadion wenige Monate vor seiner Fertigstellung. © Kolbe
„Das ist der größte Wurf der Dortmunder Stadtpolitik nach dem zweiten Weltkrieg“, sagt er in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung. Die Errichtung der Westfalenhalle 1948 seit etwas Kühnes gewesen, aber 1971 den Baubeschluss für das Stadion zu beschließen, obwohl der BVB auf den Weg in die zweite Liga war, habe das noch einmal übertroffen. „Man hat mit dem Bau etwas Grandioses erschaffen.“
Von der Regionalliga zu goldenen BVB-Zeiten unter Hitzfeld und Klopp
Das sieht auch Bruno Reckers so. Der 68-Jährige hat in seinem Leben bisher grob geschätzt um die 2200 Spiele von Borussia Dortmund live im Stadion gesehen - von Brügge über Donezk bis Tokio. Überall war Reckers dabei. Und bei fast allen BVB-Heimspielen. „Vier Stück habe ich bis Corona verpasst.“ Alle Etappen hat er mit den Schwarzgelben mitgemacht, die erfolgreichen, aber auch die weniger erfolgreichen. Wobei ausgerechnet die am schönsten waren. „Die schönste Zeit vom Zusammenhalt der Fans war die in der Regionalliga West und der 2. Liga Nord“, sagt Reckers.

Bruno Reckers (l.) zusammen mit BVB-Stürmer Atli Edvaldsson. © Reckers
Aus sportlicher Sicht zählt er die 90er-Jahre auf. „Vorher hatten wir ja eigentlich auch kaum Zuschauer im Stadion“, erinnert sich der BVB-Fan, der seit 1976 eine Dauerkarte besitzt „Erst ab Hitzfeld wurden es mehr und dann kaum auch die Stimmung richtig auf.“ Und dann war da natürlich noch die „Kloppo-Zeit“ mit dem legendären und unvergessenen Heimspiel gegen Malaga.
Als der BVB ins Gelsenkirchener Parkstadion ausweichen musste
Auf das Spiel verzichtet Gerd Kolbe ganz bewusst in seiner Aufzählung, er denkt lieber an einige Kuriositäten zurück. Zum Beispiel an den 31. Spieltag der Saison 1976/77, als der Rasen im Westfalenstadion beim Spiel zwischen dem BVB und Eintracht Braunschweig eher einer Sahara-Wüste glich. „Danilo Popivoda hatte Horst Betram schon umkurvt und dann flach abgeschlossen. Aber der Ball ist einfach drei Meter vor dem Tor liegengeblieben.“ Das letzte Heimspiel der Saison musste Borussia Dortmund aufgrund des desaströsen Rasens dann ausgerechnet im Gelsenkirchener Parkstadion austragen.

In der Relegation setzte sich der BVB im Juni 1976 gegen den 1. FC Nürnberg durch. © imago / Horstmüller
Ähnlich kurios verlief das zweite Relegationsspiel zwischen Dortmund und dem 1. FC Nürnberg. „Peter Geyer hat das 1:0 geschossen“, erinnert sich Kolbe. „Der ist aber vier Minuten vorher auf die Sprinkleranlage gefallen und hat sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Er wollte aber nicht ausgewechselt werden und schoss das wichtige Tor.“ Kurz danach ging es für ihn dann doch in die Kabine. Der BVB gewann durch einen Treffer von Lothar Huber in der 89. Minute mit 3:2. „54.000 Fans im Stadion waren im Freudentaumel.“
Mitten in Brasilien: Dortmunder Südtribüne auf riesiger Leinwand
Mittlerweile passen in normalen Zeiten, wenn nicht gerade Corona fast die ganze Welt im Griff hat, 81.365 Zuschauer in den Signal Iduna Park. Mehrere Umbaumaßnahmen und Erweiterungen haben dafür gesorgt, dass das BVB-Stadion das größte in Deutschland ist. „Es wird häufig auch gesagt, es ist das schönste Stadion der Welt“, sagt Gerd Kolbe. „Aber das stimmt nicht. Es ist das spektakulärste Stadion der ganzen Welt.“ Es sei überall auf der Welt bekannt. Ob in Südafrika, Russland oder Brasilien: Überall habe man ihn auf diesen Fußball-Tempel in Dortmund angesprochen.

Borussia Dortmund gewinnt das 1986 das Relegationsspiel gegen Fortuna Köln mit 3:1. © imago
2011 war Kolbe mit einer Delegation in Sao Paolo in einem brasilianischen Fußball-Museum. Unter anderem ausgestellt: die schönsten Stadien der Welt. „Man hat mich dann gebeten, den Knopf mit der Nummer eins zu drücken. Und plötzlich war auf einer 600-Quadratmeter-Leinwand die Südtribüne zu sehen, wie sie in einem Spiel gegen Schalke „You‘ll never walk alone“ singt.“ Ein absoluter Gänsehaut-Moment.
BVB-Jubiläum am Donnerstag in der Europa League gegen Glasgow
Von denen wollen Bruno Reckers und Gerd Kolbe noch viele weitere im Westfalenstadion beziehungsweise Signal Iduna Park erleben. Den nächsten am besten gleich im 1000. Spiel gegen die Glasgow Rangers.
Jahrgang 1991, tritt seitdem er Vier ist selbst gegen den Ball, hat mit 14 das erste Mal darüber berichtet, wenn es andere tun. Wollte seitdem nichts anderes machen und hat nach Studium und ein paar Jahren Lokaljournalismus seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 2021 BVB-Reporter.
