Analyse
1:0 gegen Hertha - Can-Schlenzer macht BVB zum großen Spieltagsgewinner
Der BVB fährt gegen Hertha BSC einen Arbeitssieg ein. Der Schlenzer von Emre Can macht Dortmund zum großen Gewinner des Spieltags. Beide Teams setzen ein starkes Zeichen gegen Rassismus.
Schlenzer ins Glück: Emre Can erzielt das 1:0 für den BVB gegen Hertha BSC. © dpa
Der große Schritt in Richtung Vize-Meisterschaft und angestrebter Qualifikation für die Königsklasse in der Saison 2020/21 gelang Borussia Dortmund im drittletzten Heimspiel dieser Saison mit mühevoller Arbeit. Glanz und Gloria versprühte der BVB beim 1:0-Heimsieg gegen die Berliner Hertha nur in wenigen Szenen, so beim Siegtreffer, den Winter-Neuzugang Emre Can nach knapp einer Stunde erzielte. Ansonsten blieb die Borussia einiges schuldig - unterm Strich aber zählten am Ende das Resultat und seine Auswirkungen.
BVB-Konkurrenz im Kampf um die Champions Leage patzt
Sieben Punkte liegen nach dem Erfolg gegen die Hertha zwischen Dortmund und Platz fünf, nachdem am Freitag Borussia Mönchengladbach und in den Nachmittagsspielen auch die direkten Konkurrenten um einen Platz für die Champions League der kommenden Saison nicht gewinnen konnten.
Als Schiedsrichter Harm Osmers nach tristen 45 Minuten zur Halbzeit pfiff, sah es danach allerdings noch nicht aus. Wie schon gegen die Bayern, wie schon in Paderborn und wie eigentlich auch in Wolfsburg brauchte der BVB eine ganze Weile, um bei den trostlosen atmosphärischen Bedingungen Spannung und Griffigkeit aufzubauen. Unkonzentriertheiten in der Ballannahme, fehlende Tempoverschärfungen und kaum überraschende Elemente im eigenen Spiel ließen die Partie dahinplätschern.
Magere BVB-Ausbeute für eine torhungrige Mannschaft
Drei Halbchancen nach zu ungenauen Schüssen von Achraf Hakimi (8.), Thorgan Hazard (21.) und Julian Brandt (23.) waren eine äußerst magere Ausbeute für die neben den Bayern torhungrigste Mannschaft der Bundesliga. Hatte es in den vergangenen Wochen durchaus Beispiele dafür gegeben, dass auch Geisterspiele in gewisser Weise Spaß machen können, dieses legte die ganze Tristesse einer solchen Veranstaltung offen.
Dass der BVB gegen die sehr stark aus der Corona-Pause gekommenen Hauptstädter mit arg ausgedünntem Kader auflaufen musste, konnte als Entschuldigung nicht herhalten. Die Dortmunder Startelf, in der erneut Erling Haaland fehlte und auch der gelbgesperrte Mats Hummels, konnte sich allemal sehen lassen. Auf der Bank wurde es allerdings dünn. Dort vermisste man auch noch Mario Götze, der den Signal Iduna Park mit dem Kreissaal tauschte, weil seine Frau in den Wehen liegt. Namen wie Marco Rente, Chris Führich (beide U23) oder Immanuel Pherai (U19) kannte bestimmt nicht jeder Fan.
Vor dem Anpfiff setzten beide Teams mit einem symbolischen Kniefall rund um den Mittelkreis ein starkes Zeichen gegen Rassismus.
Viele Fehlpässe im BVB-Mittelfeld von Julian Brandt
Die im 4-2-3-1 sehr konzentriert verteidigende Hertha hatte bis zur Pause wenig Mühe, Dortmund weitgehend fern zu halten vom eigenen Strafraum. Selten nur brach Hakimi auf der rechten Seite mal durch, von Hazard sah man wenig, von Brandt vor allem viele Fehlpässe. Und trotz eines Friseurbesuchs, der für viel Wirbel gesorgt hatte in der Woche, machte auch Jadon Sancho keine allzu gute Figur. Der Auftrag für die zweiten 45 Minuten war demnach klar: Mehr Tempo, mehr Risiko und mehr Esprit mussten her.
<div id="playerrating_e070679e"></div> <script>var script = document.createElement('script'); script.src = "//spielerzeugnis.ruhrnachrichten.de/widget/uid/e070679e.html"; document.getElementsByTagName('head')[0].appendChild(script);</script>Hakimis scharfe Hereingabe, die durch den kompletten Hertha-Strafraum rauschte und Sancho nach einer klugen Ablage von Hazard völlig frei in Schussposition brachte, deutete den Willen zur Besserung an. Der Engländer schoss freistehend aus sieben Metern neben das Tor (51.). Dann aber leitete ein schöner Lupfer des 20-Jährigen das 1:0 ein. Und Julian Brandt, der kurz zuvor einen Drei-gegen-Eins-Konter extrem kläglich verdaddelt hatte, legte klug ab in den Lauf des aufgerückten Emre Can. Ein kurzer Blick, ein genau platzierter Schuss ins Eck - 1:0 (58.).
Esswein setzt sich im Zweikampf gegen Guerreiro durch
Die Hertha, vor der Pause mit deutlich weniger Ballbesitz, einer klar schlechteren Zweikampfquote und nur einem Torschuss, hätte da aber schon führen können, nachdem sich Guerreiro im Zweikampf sehr leicht vom Ball trennen ließ und nach dem Konter Alexander Esswein nur knapp verzog (56.).
Die Hertha reagierte und brachte in Piatek einen weiteren Offensivmann, Lucien Favre wechselte Giovanni Reyna zum zwölften Mal in dieser Saison ein. Brandt, bis auf die Torvorbereitung mit einem äußerst schwachen Auftritt, machte Platz.
BVB gegen Hertha - ein Topspiel auf überschaubarem Niveau
Zielstrebigkeit und Spielwitz aber waren mit dem Führungstreffer schon wieder verpufft. Dortmund wollte nicht so recht, die Berliner konnten nicht - also nutzte Favre die Gelegenheit und schickte in der Schlussviertelstunde in Mateu Morey und Leonardo Balerdi zwei weitere unerfahrene Kicker aufs Feld. Emre Can reklamierte nach einer Volleyabnahme noch vergeblich ein Handspiel von Berlins Boyata (84.), Sancho scheiterte an Jarstein (89.), ansonsten passierte nichts mehr. Das Top-Spiel des 30. Spieltags hatte ein überschaubares Niveau, aber einen verdienten Sieger.