René Benning (36) hat erst vor knapp über einem Jahr Wisenttec gegründet. Aus einer fixen Idee hat er in wenigen Monaten eine kleine Schmiede für Expeditionsfahrzeuge, Weltreisemobile und Wohnkabinen gemacht. Die Nachfrage ist riesig.

René Benning (36) hat erst vor knapp über einem Jahr Wisenttec gegründet. Aus einer fixen Idee hat er in wenigen Monaten eine kleine Schmiede für Expeditionsfahrzeuge, Weltreisemobile und Wohnkabinen gemacht. Die Nachfrage ist riesig. © Stephan Rape

Wohnmobile für die Wildnis: Wisenttec baut in Ahaus besondere Fahrzeuge

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Aus einer fixen Idee hat René Benning (36) in wenigen Monaten ein boomendes Geschäft gemacht: In Ahaus baut er spezielle Wohnmobile für die Wildnis. Und braucht dringend mehr Platz.

Ahaus, Vreden

, 23.10.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Auf groben Geländereifen und mit riesiger Bodenfreiheit steht der Mercedes SK in einer Halle an der Otto-Hahn-Straße in Ahaus. Da, wo einmal die Ladefläche Fracht aufgenommen hat, thront jetzt eine Wohnkabine. Made in Ahaus. Bei Wisenttec: Eine Firma, die der Vredener René Benning gerade erst gegründet hat und die reißenden Absatz erlebt.

Wohnliche Atmosphäre und edle Hölzer auf kleinstem Raum – allerdings noch im Rohbau: Die Ausstattung der Wohnkabinen baut Wisenttec zusammen mit Schreinern aus der Umgebung. Zukünftig soll noch mehr Montagearbeit standardisiert werden.

Wohnliche Atmosphäre und edle Hölzer auf kleinstem Raum – allerdings noch im Rohbau: Die Ausstattung der Wohnkabinen baut Wisenttec zusammen mit Schreinern aus der Umgebung. Zukünftig soll noch mehr Montagearbeit standardisiert werden. © Stephan Rape

Der Mercedes versprüht Abenteuer: Die riesigen Reifen, die Bodenfreiheit, der schwere Überrollbügel – alles ist massiv. Ganz anders das Innere: Edle Teakhölzer bestimmen hier das Bild. Auf kleinstem Raum sind dort Bett, Küche und Sitzgruppe eingebaut.

Samt technischer Finessen: Öffnet man beispielsweise die Tür zur Toilette wird dadurch der Eingangsbereich zum Wohnraum komplett wasserdicht abgeschlossen. So entsteht eine geräumige Nasszelle samt Dusche und Wasserauslass im Boden.

Technik für mehrere Wochen in der Wildnis

Noch mehr Technik schlummert unter den Einbaumöbeln und auf dem Dach: Akkus, Wasser- und Gasflaschen, Stauraum, Solarelemente. Mehrere Wochen könnte so ein Wohn- oder besser gesagt Expeditionsmobil autark unterwegs sein. Vorausgesetzt, die Besitzer können Benzin, Gas und Wasser nachtanken.

Aber so viel ist klar: Auf einer normalen Campingplatz-Parzelle dürfte der Platz für die geländetauglichen Wohnmobile schnell knapp werden. Dafür sind diese Fahrzeuge auch nicht gedacht. Doch die Wohnkabinen von Wisenttec passen auf viele verschiedene Fahrgestelle.

„Der Anfang war nicht mehr als eine fixe Idee“, sagt René Benning. Während der Pandemie wollte sich der KFZ-Mechanikermeister und leidenschaftliche Camper einen alten Feuerwehr-Lkw als Camper umbauen.

Für ihn kein Problem, schließlich war der 36-Jährige da schon 20 Jahre im Fahrzeugbau beschäftigt. Er bestellte sich die Kabinenteile und legte einfach los. „In der Scheune mit der Handkreissäge auf dem Fußboden“, sagt der Vredener heute und muss lächeln.

Erste Kabine war ruck-zuck verkauft

Noch bevor das Fahrzeug fertig war, sei das Interesse bei Freunden und Bekannten riesig gewesen. „Ich hab erst die Kabine und dann den Lkw zügig verkauft“, sagt er. Den Erlös steckte er in das Material für die nächsten zwei Kabinen. Zur Sicherheit gründete er gleichzeitig eine GmbH: Wisenttec.

Inzwischen baut Wisenttec auch die Unterkonstruktionen für Wohnkabinen selbst oder passt die Fahrerkabinen an. Erst Mitte 2021 wurde die Gesellschaft eingetragen. Etwas über ein Jahr später gibt es schon vier feste Mitarbeiter und bis zu acht Aushilfen. René Benning kann sich vor Aufträgen kaum retten.

Inzwischen baut Wisenttec auch die Unterkonstruktionen für Wohnkabinen selbst oder passt die Fahrerkabinen an. Erst Mitte 2021 wurde die Gesellschaft eingetragen. Etwas über ein Jahr später gibt es schon vier feste Mitarbeiter und bis zu acht Aushilfen. René Benning kann sich vor Aufträgen kaum retten. © Stephan Rape

„Da war der Plan aber noch, dass ich nebenberuflich vielleicht ein oder zwei Autos im Jahr fertigmachen würde“, sagt er. Dann wurde er von der Nachfrage regelrecht überrollt. Von der Scheune in Vreden verabschiedete er sich Mitte 2021. Er brauchte mehr Platz – und fand ihn in einer Halle an der Otto-Hahn-Straße in Ahaus, als Untermieter.

Aus fixer Idee wird ein eigenes Unternehmen

Und da kam der Gedanke auf, aus der fixen Idee ein eigenes Unternehmen zu machen. Offenbar eine Idee mit Erfolg: Denn inzwischen hat René Benning vier Festangestellte und acht Aushilfen. Auch der Platz in der Halle wurde knapp: „Weil der Vermieter selbst Flächen benötigt, mussten wir zusammenrücken“, sagt er und blickt auf mehrere eng gestellte Lkw, abgestellte Kabinenteile, einen Bürocontainer und allerlei Einzelteile.

Noch für dieses Jahr plant er den nächsten Umzug. Eine 600 Quadratmeter große Halle in Ottenstein hat das junge Unternehmen in Aussicht. Auch das Programm hat sich gewandelt. „Wir haben damit angefangen, dass wir leere Kabinen gebaut haben“, sagt René Benning. Die konnten sich Camping-Enthusiasten dann auf ihre eigenen Fahrzeuge setzen und selbst ausbauen.

Geschäft hat sich fast von selbst entwickelt – die Branche boomt

Als nächster Schritt kam die Vorfertigung von Fenster- und Türöffnungen sowie deren Einbau dazu. Inzwischen baut Wisenttec auch die Hilfsrahmen – also die Konstruktion zwischen Fahrzeugchassis und Wohnkabine. Oder passt Fahrgestelle oder Kabinen an. „Das hat sich einfach so entwickelt. Ohne große Werbung“, freut sich der Firmengründer. Klar, der Campingmarkt boome. Und ja, mit den Expeditionsmobilen besetze er eine sehr schmale Nische.

Fenster und Klappen vor dem Einbau in die rohe Wohnkabine. Je nach Isolationsstandard, Bruchfestigkeit und Gewicht kann allein ein einzelnes Fenster für eines der Expeditionsmobile schnell bis zu 10.000 Euro kosten. Mit entsprechenden Folgen für den Gesamtpreis.

Fenster und Klappen vor dem Einbau in die rohe Wohnkabine. Je nach Isolationsstandard, Bruchfestigkeit und Gewicht kann allein ein einzelnes Fenster für eines der Expeditionsmobile schnell bis zu 10.000 Euro kosten. Mit entsprechenden Folgen für den Gesamtpreis. © Stephan Rape

Aber eine Nische, in der er vergleichsweise kurze Lieferzeiten bieten könne: „Bei Mitbewerbern warten Kunden aktuell rund drei Jahre auf ihr Fahrzeug“, sagt er. Wisenttec schaffe einen Vollausbau aktuell in sieben bis acht Monaten. Die Kunden kommen inzwischen aus ganz Deutschland.

Viele Interessenten unterschätzen die Kosten

Kein günstiges Vergnügen: Je nach Ausstattung rechnet er mit 250.000 bis 300.000 Euro allein für die Wohnkabine. Dazu kämen natürlich die Kosten für das Fahrzeug.

Und auch der Preis von Lkw kenne im Moment nur eine Richtung: steil nach oben. „Ganz egal ob neu oder gebraucht“, sagt er. Dennoch gebe es einen großen Markt. Etwa 300 Anfragen habe er vergangenen Jahr erhalten. „Da sind natürlich auch viele Träumer dazwischen, die sich nicht einen Moment überlegt haben, wie teuer so ein Projekt werden kann“, macht er deutlich.

Seine Antwort: Standards. Beispielsweise bei der Kalkulation. „Am Anfang habe ich drei Stunden für ein Angebot gebraucht“, sagt er. Arbeit, die oft genug umsonst war, weil der Kunde dann doch abgesprungen ist.

Inzwischen hat er die Maße für ein Wohnmodul, das benötigte Material und die Berechnungen durch Computerprogramme soweit vereinfacht, dass er binnen drei Minuten einen Preis für einen Auftrag nennen kann.

Spezielle Wohnwagen für E-Autos werden entwickelt

Demnächst sollen bei Wisenttec auch eigens entwickelte Wohnanhänger produziert werden. Die sogenannten Tiny-Camper seien speziell für E-Autos konzipiert: klein, leicht und ohne Aufpreisliste oder Sonderwünsche.

Auch bei Einbaumöbeln arbeitet das kleine Unternehmen mit Betrieben aus der Umgebung an Standardmaßen und -einbauformen. So sollen Kosten reduziert und Montagezeiten weiter verkürzt werden.

Für René Benning und seine Mitarbeiter jedenfalls stehen alle Zeichen auf Vollgas: Die Nervosität aus den Anfangstagen sei Geschichte. „Ich kann auch wieder ruhig schlafen“, gibt der Vater von zwei kleinen Kindern zu.

Der Laden brummt. Auch wenn er selbst inzwischen kaum noch Zeit findet, an den Kabinen oder Autos zu arbeiten. „Einkauf, Kundengespräche, Planung – das bindet mich komplett“, sagt er. Den Mitarbeitern stehe er aber mit seiner Erfahrung zur Seite. „Und manchmal, an einem ruhigen Samstag, schraube ich auch noch selbst“, gibt er zu.