Treffen des Blindenvereins DBSV im Café Medicus in Ahaus.

© Laura Schulz-Gahmen

Woche des Sehens: Blinde helfen anderen Blinden – auch in Ahaus

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Zusammenhalt ist gefordert, wenn der Schock nach einer diagnostizierten Sehbehinderung tief sitzt. Da können Vereine eine Stütze sein, wenn die Betroffenen denn auf die Vereine zu kommen.

Ahaus

, 19.10.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Sehbehinderung ist nicht gleich Sehbehinderung“ - ein Film, der zeigt wie sich sehbehinderte Menschen im Alltag selbst helfen können. Und genau das möchten auch diverse Vereine: Im Alltag eine Hilfe für Blinde und Sehbehinderte sein.

Raimund Kramps ist selbst blind. Er gehört gleich zwei Vereinen an, die sich für andere Blinde einsetzen, „denn es ist oft so, dass Ärzte diagnostizieren, aber dann hört ihre Hilfe auf“, so Kramps. Er nimmt die „Woche des Sehens“ (8. bis 15. Oktober) zum Anlass, einmal auf Vereine hinzuweisen, die Betroffenen helfen können.

Raimund Kramps gehört sowohl dem Blinden- und Sehbehindertenverein Coesfeld-Ahaus (BSVW) an als auch dem Verein Pro Retina. Dieser Verein ist eine Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen. Der BSVW hilft dabei das Leben trotz Sehverlust glücklich und erfolgreich zu gestalten.

Gemeinschaft hilft im Alltag

„Meistens sind wir so vier bis fünf Leute, die sich treffen“, sagt Raimund Kramps. Mehr eben nicht und das findet er schade, denn es gebe viele Menschen mit Sehbehinderungen, die entweder noch nichts von den Vereinen wie BSVW oder Pro Retina wissen oder sich nicht trauen, zu den Treffen zu kommen. Und damit bezieht er sich vor allem auf die Treffen in Ahaus, die jeden zweiten Dienstag im Café Medicus an der Bahnhofstraße 93 in Ahaus stattfinden.

„Wir würden gerne mehr Leute mobilisieren, sich unserer Gruppe anzuschließen. Denn Gemeinschaft ist wichtig“, so Kramps. Gerade der Aspekt des Austausches über Alltagssituationen und wie man diese als blinder oder sehbehinderter Mensch meistern kann, sei enorm hilfreich.

Aber über was wird bei den Treffen gesprochen?

„Ich habe beispielsweise gerade erzählt, dass es ja auch Alexa gibt, die einem etwas vorliest, aber ich habe noch keine“, sagt Georg Abbing beim Treffen am Dienstag, 13. Oktober. Er habe eine Orcam, die ihm alles vorliest, worauf er zeigt. Und gerade solche Tipps, die sehbehinderten Menschen den Allltag erleichtern, kann sie sich bei der Gruppe abholen.

Auch Siri von Apple sei eine tolle Hilfe, wenn er die Ampel überqueren möchte. „Es gibt ja so viele tolle Dinge, wie auch Sprachanrufe“, sagt Raimund Kramps und führt sofort vor, wie Sprachanrufe funktionieren.

Schock sitzt oft tief nach Diagnose

Bei dem Treffen am 13. Oktober war auch das Ehepaar Hams anwesend. Ingrid und Burkhard Hams sind beide zertifizierte Berater des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV).

Sie beraten viele ältere Patienten über altersbedingte Makuladegeneration – kurz AMD. Das ist eine chronisch verlaufende Netzhauterkrankung, die vor allem bei Menschen ab 50 Jahren auftritt. Bei dieser Krankheit sind, laut Ingrid Hams, „viele Augenärzte überfordert, wenn es über die Diagnose hinaus und um Beratung geht.“ Sie hätten auch oft schlechtweg keine Zeit für eine umfassende Beratung.

Und der Schock bei Patienten, die gerade eine solche Diagnose erhalten haben, sitze oft tief. Genau für solche Beratungen seien Selbsthilfegruppen und Vereine die richtigen Ansprechpartner. „Wir ersetzen natürlich nicht die Augenärzte oder Kliniken“, ergänzt Raimund Kramps.

Zusammenhalt ist extrem wichtig

Auch in beruflicher Hinsicht brauche es oft Beratung, wenn eine Sehbehinderung festgestellt wurde. „Betroffene müssen sich organisieren auch in rechtlicher Hinsicht. Der DBSV ist quasi eine Gewerkschaft für Blinde und Sehbehinderte“, sagt Burkhard Hams. Auch wenn es um Anträge für Blindengeld geht, geben die Vereine Hilfestellung.

Das „wir“ sei ganz entscheidend in solchen Situationen: „Da ist Zusammenhalt, eine Gemeinschaft und Unterstützung durch andere Betroffene einfach extrem wichtig“, so Kramps. „Wir verstehen nicht, warum so wenige Betroffene zu den Treffen kommen“, sagt Raimund Kramps weiter. Er hat die Sorge, dass einige sich einfach nicht trauen. Jeder sei herzliche eingeladen, auch Familienmitglieder und Freunde von betroffenen Sehbehinderten.

Der DBSV trifft sich jeden zweiten Dienstag im Monat um 14.30 Uhr im Café Medicus an der Bahnhofstraße 93 in Ahaus. Wer sich vorab informieren möchte, kann sich bei Raimund Kramps telefonisch melden unter 02542 6615.
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