
© Madlen Gerick
Wie „Schützenfest@Home“ für 650 Ottensteiner Bürgerschützen geht
Schützenfest zu Hause
Damit das Fest in diesem Jahr nicht komplett ausfällt, hat der Bürgerschützenverein „Schützenfest-Zuhause-Pakete“ verteilt. Wie die Schützen reagiert haben? Wir waren dabei.
Der Kofferraum steht voll mit Bier und Weinflaschen, an deren Hälsen grüne Zettelchen hängen. In geschwungener Schrift steht darauf: „Schützenfest@Home“. Im Auto dringt der Marsch „Böhmischer Traum“ aus den Boxen. Dann setzt sich der Pkw mit seiner Ladung in Bewegung und fährt durch die Straßen Ottensteins.
Denn in diesem Jahr ist alles anders: Das Schützenfest musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.
Damit alle 650 Ottensteiner Schützen trotzdem zu Hause feiern können, verschenkt der Bürgerschützenverein „Schützenfest-Zuhause-Pakete“. Diese bestehen jeweils aus einem Six-Pack Bier und einer Flasche Wein.
Sieben Teams sind im Einsatz
Insgesamt 33 Personen aus dem Vorstand und dem Offizierskorps sind am Freitagnachmittag in sieben Teams im Einsatz. Darunter der Vorsitzende Christian Gosling und der zweite Vorsitzende Frank Lindemann, die die Aktion organisiert haben. „Wir wollen den Schützen einfach irgendwas wiedergeben. Die zahlen ja schließlich auch weiter den Mitgliedsbeitrag“, erklärt Christian Gosling.
Die beiden haben die besondere Aufgabe „Schützenfest-Zuhause-Pakete“ an die Jubiläumskönigspaare zu verteilen, die heute eigentlich geehrt worden wären. Deswegen legen Christian Gosling und Frank Lindemann die Getränke auch nicht einfach nur vor die Tür, sondern überreichen sie persönlich.
Jubilare freuen sich über die Überraschung
Gerade öffnet Rudi Lindemann die Haustür. Seine Frau Änne war vor 40 Jahren Königin, er selbst war damals Ehrenherr und ist seit 55 Jahren aktiver Schütze. „Das ist aber schön“, sagt er, als er die Getränke bekommt. „Das könnte der Schützenverein ruhig jedes Mal so machen: Erst feiert man das Schützenfest zu Hause, dann das Schützenfest-Üben, und die Woche darauf das richtige Schützenfest“, scherzt er.

Der Vorstand und der Offizierskorps des Bürgerschützenvereins Ottenstein verteilen „Schützenfest-Zuhause-Pakete“. Hier packen der erste Vorsitzende Christian Gosling (l.), der amtierende König Moritz Hoffmann, und der zweite Vorsitzende Frank Lindemann (r.) mit an. © Madlen Gerick
Zusammen mit den beiden Vorsitzenden fahren Rudi und Änne Lindemann zu Hermann Schnell, der vor 40 Jahren König war. „Da hab‘ ich jetzt nicht mit gerechnet“, sagt Hermann Schnell, als er das „Schützenfest-Zuhause-Paket“ entgegennimmt. „Ich habe ja schon einen Brief bekommen, dass die Ehrung erst in zwei Jahren ist.“
Erinnerungen an das Schützenfest 1980
Den Besuch nehmen die Ehepaare Lindemann und Schnell zum Anlass, um sich gemeinsam mit den Vorstandsvorsitzenden an das Schützenfest 1980 zu erinnern. Eine Besonderheit war, dass die Schützen zum ersten Mal einen König von zu Hause abholten, der außerhalb des damals eng definierten Ortskerns wohnte. Hermann Schnell hatte darauf bestanden und erst nach einigen Diskussionen hat sich der Schützenverein auf diese Ausnahme eingelassen. „Damals waren ein paar Sachen anders, die kann man heute nicht mehr ganz nachvollziehen“, sagt Änne Lindemann.

Änne Lindmann und Hermann Schnell nehmen den Besuch der Vorstandsvorsitzenden zum Anlass sich an das Schützenfest 1980 zu erinnern. Damals waren die beiden Königin und König. © Madlen Gerick
Ein ganz anderes Schützenfest 2020
Aber auch in diesem Jahr ist vieles anders und die Aktion im Corona-Jahr 2020 wird noch lange in Erinnerung bleiben. Die Inspiration dafür hat der Bürgerschützenverein aus dem Internet. „Ein anderer Schützenverein hatte etwas mit `Schützenfest im Eimer´ gepostet – also einen Eimer mit Bier und Wimpel darin. So etwas in der Art wollten wir auch machen, aber wir haben es erstmal wieder verworfen“, sagt Christian Gosling.
Zu groß wäre das Risiko von Menschenansammlungen gewesen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Lockerungen hat der Vorstand sich dann doch für eine Aktion entschieden.
Die beiden Vorstandsvorsitzenden sind froh, dass die Überraschung bei allen Schützen so gut ankommt. Nicht nur persönlich, sondern auch auf den sozialen Medien haben sie viele positive Rückmeldungen bekommen. „Und heute spielt uns ja auch das Wetter in die Karten,“ freut sich Christian Gosling. „Da können die Schützen schön zusammen mit ihren Nachbarn Schützenfest feiern.“
Das Praktikum bei der Münsterland Zeitung hat mich für den Journalismus begeistert. Also ging es nach Dortmund, um Journalistik zu studieren. Wenn ich wieder in der Heimat bin, liebe ich es über Themen zu berichten, die die Menschen hier bewegen.
