Im September 2020 startete Max Pfeiffer als hauptamtlicher Archivar der Stadt Ahaus im Rathaus. Eines seiner Projekte: ein digitales Langzeitarchiv, in dem stadtgeschichtlich bedeutsames Archivgut nicht nur in elektronischer Form festgehalten, sondern im besten Fall auch online zugänglich gemacht werden kann – für die Ewigkeit, wie es im Archivdeutsch so schön heißt. Ein passendes Projekt für die „Digitalstadt Ahaus“.
Doch was bedeutet das genau und wie weit ist die Stadt mit dieser großen Aufgabe? Der Archivar klärt zunächst einmal auf: „Einige denken vielleicht, dass wir da von einem großen Laufwerk sprechen, in die wir das digitale Archivgut, zum Beispiel Akten, einfach reinpacken. Doch es muss eben auch digital gewährleistet sein, dass die Akte in ihrer Form bestehen bleibt und nicht verändert werden kann.“ Auch hierfür gibt es einen Fachbegriff: Das System muss revisionssicher sein.
Server beim LWL
Ein solches System hat Pfeiffer seit knapp zwei Jahren in der Langzeitarchivierungslösung „DIPS.kommunal“ gefunden. Diese wird vom LWL und der Stadt Köln betrieben und ist Teil des Verbunds Digitales Archiv Nordrhein-Westfalen. Die Stadt Ahaus setzt damit auf externe Hilfe bei der Archivierung.
Aus den Händen gibt Pfeiffer seine Arbeit dadurch allerdings nicht. „Wir mieten wie andere Kommunen lediglich die Server beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), also die Infrastruktur. Das kostet 19.500 Euro pro Jahr“, sagt er. „Zugang zu den Inhalten hat weiter nur der jeweilige Archivar.“
Aus rechtlichen Gründen gilt das ohnehin für einen Großteil der Archivbestände, die allesamt Eigentum der Stadt Ahaus sind. Somit ist es unwahrscheinlich, dass sich interessierte Ahauser Bürgerinnen und Bürger irgendwann am heimischen PC einfach durch sämtliche Archivalien, also zum Beispiel alte Bauakten, klicken und diese inspizieren können.
Nicht alles wird digital
Was aber möglich sein soll: die umfassende Recherche von zu Hause aus mit Hilfe einer entsprechenden Software. Jeder könnte sich also schnell einen Blick verschaffen, welche Archivalien vorhanden sind und daraufhin Kontakt mit dem Archivar aufnehmen.
Sollte das Archivgut dann selbst schon digital vorliegen, würde dann auch der Weg in den Keller des Rathauses wegfallen, wo ganz klassisch die Akten in Papierform lagern. Doch Max Pfeiffer weiß: Nicht für alle Archivalien lohnt sich die Überführung von der analogen in die digitale Form.

„Einfach alles Analoge zu digitalisieren, wäre wohl Quatsch“, stellt der Archivar klar. Schließlich sei es mit dem bloßen Einscannen der alten Dokumente nicht getan. Der Umgang mit digitalen Akten sei mitnichten einfacher als der mit altem, staubigem Papier. „Digitales macht oft sogar doppelte Arbeit“, erklärt Pfeiffer. Es seien zum Beispiel umfassendere Prüfschritte vor der Archivierung nötig. „Denn was digital einmal drin ist, kann ich nicht mehr einfach so löschen“, erläutert er weiter.
Zeitungen müssen geschützt werden
Dennoch: Bei bestimmten Arten von Archivalien ist die Möglichkeit, sie in digitale Dateien zu überführen, ein großer Gewinn und zum Teil sogar notwendig. Drei große Bereiche gebe es, sagt Pfeiffer: „Der erste ist die so genannte Schutzdigitalisierung. Die betrifft zum Beispiel das Zeitungsarchiv. Zeitungen wurden ja vor vielen Jahren schon auf Altpapier gedruckt, und mit der Zeit wird das nicht besser.“ Die Digitalisierung schützt die Archivalien also im Wortsinne vor dem Zerfall.
Als zweites kommt die Nutzungsdigitalisierung dazu. „Da geht es um Akten beziehungsweise Unterlagen, die sich nach Personen richten, also Standesamtsregister oder Meldekarteien. Darüber wollen viele Leute eine Auskunft haben. Da ist eine Digitalisierung sinnvoller als bei Akten, die sich lediglich nach Objekten richten“, so Pfeiffer.
1,6 Kilometer unbearbeitet
Letztlich gebe es noch die Bedarfsdigitalisierung, für die die Erklärung sehr einfach ist. „Wenn jemand eine einzelne Sache digital braucht, scannen wir die natürlich auch ein“, sagt Pfeiffer.
Der Digitalisierungsprozess wird das Stadtarchiv Ahaus noch länger begleiten. „Das historische Interesse muss gefördert werden und wir müssen Hemmschwellen abbauen“, erklärt Pfeiffer seinen Einsatz. „Doch mit der Massendigitalisierung haben wir noch gar nicht wirklich angefangen.“ Es gibt ja auch noch andere Aufgaben – so wie die 1,6 Regalkilometer unerschlossenes Archivgut, die Pfeiffer zufolge noch „total unbearbeitet“ im Archiv liegen.
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