Mittlerweile ist die Bodenplatte der neuen Kita „Wilde Wiese“ so gut wie fertig. Beim Blick vom Lärmschutzwall auf die kreisrunde Baustelle werden die enormen Dimensionen des Gebäudes erkennbar. Bis einmal Garten und Außenanlagen gestaltet werden, dauert es noch Monate. Trotzdem sorgen die Pläne für einige Aufregung.
Insgesamt sind für den reinen Bau rund fünf Millionen Euro eingeplant. Wie berichtet, kommen da noch die Kosten für die Außenanlagen dazu. Sie sollen rund 630.000 Euro kosten. Dazu kommen noch einmal 95.000 Euro für Spielgeräte. Das hatte schon im Bauausschuss für einige Diskussionen gesorgt. Jetzt ging es im Rat um den finalen Beschluss dazu.

Und da platzte Hermann-Josef Haveloh (WGW) wieder einmal der Kragen: „Das hat doch mit einer wilden Wiese nichts mehr zu tun“, schimpfte er mit Blick auf die aufwendigen Planungen.
Zur Erinnerung: Geplant sind im Außenbereich der Kita mit sechs Gruppen klar getrennte Spielflächen für Unter- und Über-Dreijährige. Auf einer etwas tiefer angelegten Fläche soll Regenwasser zurückgehalten werden und dort versickern.
Sie wird von einer Bobbycar-Rennstrecke eingefasst. Auch eine große Matschanlage, Hochbeete, möglichst große Bäume und natürlich eine bunte Auswahl an Spielgeräten sind eingeplant. Vor dem Haupteingang ist eine Vorfahrt für Autos als kleiner Kreisverkehr gestaltet: So, dass gerade die Anfahrt per Auto möglichst ohne Chaos und Gefahren abläuft. Dafür ist ein eigener, kleiner Kreisverkehr vor der Kita-Tür vorgesehen. Inklusive einer Haltespur: eine sogenannte Kiss-and-Ride-Zone.
Keine Rede von „wilder Wiese“
Zu viel für den Wüllener. Die Kita benötige dann wohl einen neuen Namen, denn die Gestaltung des Außenbereichs sei ganz einfach zu aufwendig. „Man kann es auch übertreiben“, sagte er deutlich und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Marco Schultewolter (FDP) stieß in ein ähnliches Horn: Bei der Summe habe seine Fraktion deutlich schlucken müssen. Nachvollziehbar seien die Kosten nicht. Auch halte er die Entscheidungsgrundlage – also die Erklärungen und Vorlagen der Verwaltung – für sehr dürftig.
Bei den übrigen Ratsmitgliedern und der Verwaltungsspitze ernteten die beiden Fraktionen nur Kopfschütteln: Als „sehr faszinierend“, empfand Dr. Michael Räckers, CDU-Fraktionsvorsitzender, die Diskussion. „Das Budget steht im Haushalt. Wir haben und damit eingehend im Bauausschuss befasst. Ich verstehe die ganze Diskussion hier nicht“, erklärte er. 130 Euro pro Quadratmeter seien für die Gestaltung von Kita-Außenanlagen völliger Standard. Entsprechend handele es sich bei den Planungen für den Kita-Neubau in Alstätte sicherlich nicht um Luxus.
„Das sollten uns die Kinder schon wert sein“, erklärte auch der fraktionslose Reinhard Horst (WLA). Fläche koste eben Geld. Und bei anderen Kita-Neubauten seien 130 Euro sicherlich die untere Grenze der Quadratmeter-Kosten.
Klaus Lambers (SPD) wollte die ganze Diskussion vom Tisch haben: „Es geht immer nur ums Geld“, sagte er. Das sei beim Thema Kinderbetreuung und Kindertagesstätten sicherlich der falsche Ansatz.
Der Technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner und Werner Leuker, Beigeordneter unter anderem für den Bereich Jugend, versuchten, die Ausgaben zu erklären. Die Stadt habe Standards für die Gestaltung der Außenbereich von Kindertagesstätten. Die würden in diesem Fall eingehalten. „Wir haben über jeden Euro diskutiert“, betonte Thomas Hammwöhner. In Abstimmung mit der Kita sei eine in seinen Augen sehr gute Freiraumgestaltung entstanden. Werner Leuker lenkte den Blick auf die schiere Größe der Einrichtung: Immerhin sollen dort einmal sechs Gruppen Platz finden. Die Kinder bräuchten entsprechenden Platz. Und der koste eben. „Wir haben sehr auf den Preis geachtet“, machte er deutlich.
Amerikanische Verhältnisse
Für Dietmar Eisele (Grüne) stand ein anderer Punkt im Fokus: Die große PKW-Auffahrt samt kleinem Kreisverkehr und seitlich angelegten Kurzzeit-Parkplätzen hielt er für übertrieben: „Das grenzt ja an amerikanische Verhältnisse“, sagte er. Sicherlich würden auch in Alstätte die meisten Kinder mit dem Rad oder zu Fuß zur Kita gebracht. So große Flächen für Autos hielt er daher für nicht nötig. Dennoch werde seine Fraktion natürlich zustimmen. „Wenn auch mit Bauchschmerzen“, sagte er.
Die beiden FDP-Ratsmitglieder enthielten sich, die WGW stimmte gegen die Planung. Der übrige Rat stimmte dafür. Geht jetzt also alles weiter nach Zeitplan, könnte der Neubau der Kita Wilde Wiese zum Kindergartenjahr 2025/2026 den Betrieb aufnehmen. Spätestens Ende August soll alles fertig sein.
Auf Nachfrage betonte Norbert Frankemölle (WGW) am Tag nach der Ratssitzung, dass seine Fraktion natürlich den Kindern alle Freiräume und alle Spielflächen gönne. Die Planung sei aber schlicht zu teuer. „Es wird überhaupt nicht mehr auf Zahlen und Kosten geachtet“, erklärte er. Ja, das habe so auch in vergangenen Planungen gestanden. Da habe sich seine Fraktion dann enthalten.. Vielleicht sei das auch blauäugig gewesen. „Aber man hätte das anders gestalten können“, sagte er. Rasen und ein paar Spielgeräte seien sicherlich auch günstiger zu bekommen. So würden die Kosten für das Projekt schlicht explodieren.