Andre Wenzel (29) ist einer der Landmaschinenmechaniker bei Greving Landmaschinen in Sabstätte. Hier nimmt er gerade den Feuchtigkeitssensor eines Mähdreschers auseinander.

© Stephan Rape

Wenn der Mähdrescher zickt: Mechaniker halten die Erntemaschinen in Schwung

rnGetreideernte

Für die Getreideernte ist in jedem Jahr nur wenig Zeit. In diesen Tagen müssen die Maschinen laufen. Damit das klappt, stehen besondere Mechaniker in ständiger Bereitschaft.

Ahaus

, 19.08.2021, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Großteil der Ernte – zumindest was das Getreide angeht – ist gelaufen. Für Lohnunternehmer wird es jetzt wieder etwas ruhiger. Bis die Maisernte ansteht.

Viel zu tun bleibt aber für die Landmaschinenmechaniker. Denn die großen Maschinen müssen laufen, wenn sie gebraucht werden. Einer dieser Mechaniker ist Andre Wenzel. Der 29-Jährige schraubt seit 14 Jahren an den ganz großen Maschinen. Seit acht Jahren für Greving Landmaschinen aus Wüllen.

Wir treffen ihn vor wenigen Tagen auf einem Hof in Gescher. Er steht mitten im Korntank eines John-Deere-Mähdreschers. Der soll eigentlich schon längst auf einem nahen Acker im Einsatz sein. Doch der Feuchtigkeitssensor macht Zicken. Moderne Landmaschinen kommen ohne Elektronik nicht mehr aus. Und spielt die nicht richtig mit, geht nichts mehr.

Kleiner Sensor macht ständig Probleme

„Der spuckt ständig Fehler aus“, erklärt Mark Löderbusch. Sein Vater hat vor etlichen Jahren nebenberuflich ein Lohnunternehmen aufgebaut. Da hilft er mit. Gerade wurde der neue – gebrauchte – Mähdrescher angeliefert. Bis der flüssig in den Betrieb geht, wird es noch etwas dauern.

Ungewohnte Perspektive: Mitten im Korntank muss Andre Wenzel den Sensor aus- und wieder einbauen.

Ungewohnte Perspektive: Mitten im Korntank muss Andre Wenzel den Sensor aus- und wieder einbauen. © Stephan Rape

Andre Wenzel nimmt den Sensor unter die Lupe. Wackelt hier an einigen Steckern, reinigt einige Anschlüsse, prüft mehrere Kabel. „Sollte jetzt gehen“, sagt er nach einer Weile. Einen richtigen Fehler konnte er nicht finden. Aber eine Menge Staub hatte sich in dem Sensor gesammelt. Das hat er wohl nicht vertragen. Wenige Handgriffe später ist der Feuchtigkeitssensor wieder an Ort und Stelle.

Riesiger Unterschied zwischen Mechanik und Elektronik

Auf dem nahen Weizenacker geht die Arbeit weiter. Gemeinsam sitzen die Männer auf dem Mähdrescher. Gehen die verschiedenen Einstellungen von Sieben, Mähbalken und Gebläse durch. „Die alten Maschinen kenne ich in- und auswendig“, sagt Mark Löderbusch. Da ließen sich viele Einstellungen aber noch mechanisch verändern. Bei den neuen müsse er erst einmal die Elektronik durchblicken.

Aus der Nähe ist ein moderner Mähdrescher schon deutlich beeindruckender als als Verkehrshindernis auf der Landstraße. Die Maschinen werden immer größer und leistungsfähiger.

Aus der Nähe ist ein moderner Mähdrescher schon deutlich beeindruckender als als Verkehrshindernis auf der Landstraße. Die Maschinen werden immer größer und leistungsfähiger. © Stephan Rape

Auch dafür rücken die Landmaschinenmechaniker regelmäßig aus: Wenn es Probleme mit einer Einstellung gibt, für die Einweisung auf neuen Maschinen oder Anbaugeräten.

Maschinen müssen laufen – egal was passiert

In diesem Fall war die Arbeit geplant. Doch auch spontan stehen die Mechaniker bereit. Auch mitten in der Nacht. Für Andre Wenzel sind das ganz besondere Einsätze: „Wenn um 3 Uhr ein Problem auftaucht, kannst du nicht mal eben irgendwo beim Kundendienst anrufen. Da musst du improvisieren“, sagt er.

Oberste Prämisse: Die Maschinen müssen laufen. Andre Wenzel macht eine klare Rechnung auf: „So eine Maschine kostet schnell mal 300.000 Euro, läuft aber im Jahr nur ein paar Wochen während der Erntezeit.“ Wenn sie dann wegen einer Havarie stillsteht, ist das natürlich ein riesiger Verlust.

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Die Arbeit an modernen Maschinen zieht er in jedem Fall den alten Maschinen vor. Klar, einen alten Mähdrescher kann man im Zweifel zwar noch mit einem kräftigen Hammerschlag reparieren. Und je mehr Elektronik in einer Maschine verbaut ist, desto mehr kann auch kaputt gehen. Doch die Vorteile liegen für Andre Wenzel klar auf der Hand: „Die modernen Maschinen spucken immer einen Fehlercode aus“, erklärt er. Da sei dann eine erste Diagnose oft schon aus der Ferne und am Telefon möglich.

Vollausgestattete Werkstatt im Bulli dabei

Vor Ort gehe es dann meist umso schneller. Mit dabei im Transporter hat er immer eine vollausgestattete Werkstatt. Messgeräte, Werkzeug, ein Laptop zur Fehlerdiagnose, Reparaturhandbücher lagern ständig in den Fahrzeugen. Nur die Ersatzteile kann er nicht auf Vorrat dabeihaben.

Andre Wenzel (l.) und Mark Löderbusch in der Kanzel des Mähdreschers. Bis ein Fahrer die Elektronik beherrscht, dauert es einige Eingewöhnung.

Andre Wenzel (l.) und Mark Löderbusch in der Kanzel des Mähdreschers. Bis ein Fahrer die Elektronik beherrscht, braucht es einige Eingewöhnung. © Stephan Rape

Jeder Hersteller, jeder Typ sei unterschiedlich. Jedes Fabrikat habe ganz eigene Teile. „Die kann man nicht alle auf Verdacht dabeihaben“, macht er deutlich. Die nehme er daher entsprechend aus der Firma in Sabstätte mit.

Ein Blick in die langen Regalreihen im Lager bei Greving bestätigt das: In ungezählten Schubladen, Kisten, Regalen und auf zig Flure und Räume verteilt lagern dort die Teile. Ein Faktor, mit dem das Unternehmen groß geworden ist: die schnelle Versorgung mit allen gängigen und seltenen Ersatzteilen, die bei Landmaschinen benötigt werden.

Weg zu den Landmaschinen war für Andre Wenzel früh klar

Der Weg zum Landmaschinenmechaniker war für Andre Wenzel dabei früh klar. „Mein Onkel hat einen eigenen Hof und ich bin auch auf dem Land groß geworden“, sagt er. Das Interesse für Maschinen und Landwirtschaft sei entsprechend früh geweckt gewesen.

Dabei geht es aber nicht nur um das Verständnis für die Maschinen: Nach einigen Fahrten über den Acker klettert Andre Wenzel aus der Kabine und kniet sich hin. Er wirft einen Teil des Strohs beiseite und sucht auf dem Ackerboden nach Körnern, die der Mähdrescher nicht aufnehmen konnte.

„Sieht gut aus“, ruft er Mark Löderbusch zu, der gerade dazukommt. „Daran erkennt man einen guten Drescherfahrer“, sagt der anerkennend. Der müsse eben auch vom Fahrersitz aufstehen und sich das Ergebnis der Arbeit direkt auf dem Acker ansehen.

Er wird sich noch eine Weile an den neuen Mähdrescher gewöhnen müssen. Aber für Andre Wenzel gibt es hier erstmal nichts mehr zu tun. Er muss zum nächsten Kunden.