Stimmung im letzten Moment? Ahauser Innenstadt-Händler hadern mit dem Weihnachtsgeschäft

Ahauser Innenstadt-Händler hadern mit dem Weihnachtsgeschäft
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Bei „Hänsel und Gretel“ in der Ahauser Innenstadt machen sich sorgenvolle Gesichter breit: Online haben die Betreiber des Kindermode- und Spielwarengeschäfts sich den Frust von der Seele geschrieben: Der Zauber der Vorweihnachtszeit sei in ihrem Geschäft bisher komplett ausgeblieben.

Noch nie in den vergangenen fünf Jahren hätten sie so wenige Weihnachtsgeschenke verpackt wie in diesem Jahr. Einen Grund dafür kann Mercedes Gericks, eine der drei Betreiberinnen, auch nennen: Die Stadt sei leer, es gebe praktisch keine Weihnachtsstimmung oder Aktionen.

Kunden würden lieber in Städten einkaufen, in denen mehr weihnachtliche Stimmung verbreitet werde, es mehr Aktionen gebe. Das sei für die Zukunft des Geschäfts insgesamt gefährlich.

Noch will sie nicht über eine Schließung nachdenken. Ware sei ja auch bestellt: „Aber wir müssen schon sehen, wie es weitergehen kann.“ Aus dem Gewerbeverein ist das Familienunternehmen ausgetreten. Den Mitgliedsbeitrag könne sie sich sparen.

Geht dem Weihnachtsmann in Ahaus die Puste aus? Die große Luftfigur am Aufhaus lässt sich per QR-Code und Smartphone aufrichten. Das Weihnachtsgeschäft wird von den Ahauser Händlern sehr unterschiedlich gesehen.
Geht dem Weihnachtsmann in Ahaus die Puste aus? Die große Luftfigur am Aufhaus lässt sich per QR-Code und Smartphone aufrichten. Das Weihnachtsgeschäft wird von den Ahauser Händlern sehr unterschiedlich gesehen. © Stephan Rape

Philipp Terhaar ist nicht nur Schuhhändler in der Ahauser Innenstadt, sondern auch Vorsitzender des Gewerbevereins Ahaus. Er räumt ein, dass es in diesem Jahr nicht so gut laufe, wie in der Vergangenheit: Bis auf wenige Ausnahmen sei ihm in der Innenstadt kein Händler bekannt, der aktuell zufrieden sei.

Er habe Stimmen gehört, die von nur zwei oder drei Kunden am Tag sprechen würden. „Das ist dann natürlich hart“, sagt er. Dennoch will er das schwierige Weihnachtsgeschäft aktuell nicht zu einem ausdrücklichen Ahauser Problem machen: Die wirtschaftliche Situation sei ja aktuell insgesamt schwierig.

Und darauf würden die Menschen eben relativ schnell – und verunsichert – reagieren. Natürlich mache sich das in den Umsätzen bemerkbar.

Aber selbst wenn der Dezember hinter den Erwartungen und den Umsätzen des Vorjahrs zurückbleiben sollte, bringe es wenig, nur einen Monat zu betrachten. „Wir sind weit davon entfernt, uns Sorgen zu machen“, sagt er. Ja, auch intern habe der Gewerbeverein schon über die eher leere Innenstadt gesprochen. Eine genaue Auswertung stehe aber noch aus.

"Früher war mehr Lametta", heißt es in dem Loriot-Klassiker. Auch die Vorweihnachtsstimmung zwischen Rathausplatz und Marienkirche war schon einmal deutlicher zu sehen.
"Früher war mehr Lametta", heißt es in dem Loriot-Klassiker. Auch die Vorweihnachtsstimmung zwischen Rathausplatz und Marienkirche war schon einmal deutlicher zu sehen. © Stephan Rape

Dass in dieser Vorweihnachtszeit weniger Menschen in der Innenstadt unterwegs sind als vor einem Jahr, liegt für Benedikt Homölle, Geschäftsführer von Ahaus Marketing und Touristik, auf der Hand. Dafür braucht er auch keine aktuellen Frequenzmessungen.

„Im vergangenen Jahr hatten wir mehr Veranstaltungen im Dezember“, sagt er. Zusammen mit dem Gewerbeverein sei in diesem Jahr die Entscheidung gefallen, die Kraft auf den Lichtermarkt Mitte November zu konzentrieren. „Einstimmig“, wie er betont. Ob das im nächsten Jahr genauso läuft, sei eine andere Fragen.

Er begründet die Entscheidung noch einmal klar: Im Dezember sei die Konkurrenz durch andere Weihnachtsmärkte und Veranstaltungen ohnehin schon groß. „Deswegen wollten wir die Kaufkraft ja weiter nach vorne ziehen“, erklärt er. Und die Veranstaltung im November sei ja sehr gut angenommen worden. Von allen Beteiligten.

Klare Absage für Pop-Up-Gastronomie

Auch dass es in diesem Jahr keine Pop-Up-Gastronomie auf dem Oldenkottplatz gibt, ist keine Überraschung: Das hatten die Tobit.Labs, die in den Vorjahren dort in unterschiedlich groß aufgebauten Hütten weit vorher angekündigt: „Wir konzentrieren unsere Kräfte in diesem Jahr hier“, hatte Veronica Klas vom Showcase-Marketing der Tobit.Labs bei der Vorstellung der Pläne für die Arktice gesagt. Die Innenstadt werde ja inzwischen durch ein breites Gastronomieangebot bespielt.

Dazu komme, erklärt Benedikt Homölle weiter, dass gastronomische Angebote zwar zur Atmosphäre, aber nicht zwangsläufig direkt zu höheren Umsätzen im Einzelhandel beitragen würden. Falls die Entscheidungen in diesem Jahr allerdings zu einem krassen Umsatzrückgang geführt haben sollten, müsse das Konzept für 2025 auf den Prüfstand gestellt werden. Eine Arbeitsgruppe zur Innenstadt werde sich so oder so im Januar treffen.

Keine Klagen und Gutschein-Verkäufe

Peter Thiemann, Inhaber des gleichnamigen Spielzeug- und Bastelgeschäfts, will sich seine gute Stimmung nicht verderben lassen. Ja, auch ihm sei aufgefallen, dass es in der Innenstadt aktuell weniger Laufkundschaft gebe. Ein riesiges Problem sieht er darin allerdings nicht. „Ich bin trotzdem gut zufrieden“, erklärt er an diesem eher grauen Mittag zwischen zwei Verkaufsgesprächen. Seine Kundschaft komme aus einem großen Umkreis.

„Man muss als Händler auch selbst etwas tun“, sagt er deutlich. Bastelangebote, Spieleabende, gute Beratung – für den langjährigen Händler in der Ahauser Innenstadt eine Selbstverständlichkeit. „Wir klagen nicht“, sagt er und blickt auf sein Team. Da sind es noch genau sieben Tage bis Heiligabend.

So lang läuft auch der Verkauf des Ahaus-Gutscheins noch. Und der erziele gerade bessere Umsätze als vor einem Jahr: Aktuell über 50.000 Euro mehr, als vor genau einem Jahr. „Wir sind sicher, dass wir bis Heiligabend die 800.000-Euro-Marke erreichen“, erklärt Benedikt Homölle.

Auf den letzten Drücker soll es nun aber trotzdem noch einen vorweihnachtlichen Anziehungspunkt auf dem Oldenkottplatz geben. Die Ahauser Schausteller-Familie Scheffer hat dort am Dienstag Karussell und Mandelbude aufgebaut. Trotz der eher mäßigen Wetteraussichten bis Heiligabend.

Sie wollen montags bis freitags ab 13 Uhr und samstags ab 11 Uhr öffnen. Sonntags bleiben Fahrgeschäft und Bude geschlossen. Bis in den Januar wollen sie mit ihrem Geschäfte auf dem Oldenkottplatz und in der Marktstraße stehen.