„Adolf Hitler hat die Juden nicht vergast“ – so beginnt die Überschrift eines Textes, der am 11. März 2020 seinen Weg auf das Facebookprofil eines 68-jährigen Ahausers findet.
Ähnlich ist es auch mit einem Post vom 6. Oktober 2021. Diesmal teilt der Ahauser einen Artikel auf einem anderen Onlineprofil, der den Holocaust in den Konzentrationslagern den Siegermächten zuschreibt – die hätten die Sache „Deutschland in die Schuhe geschoben“.
Mittlerweile sind diese Postings nicht mehr auf den Profilen des Ahausers zu finden, für sie rechtfertigen muss er sich dennoch – und zwar vor dem Ahauser Amtsgericht. Der Vorwurf: Volksverhetzung in zwei Fällen.
Sofort zu Beginn der Verhandlung zeigt sich der Angeklagte teils geständig. „Ich war absolut schockiert, als ich diese Beiträge auf meiner Seite gesehen habe. Von diesen Inhalten möchte ich mich ausdrücklich distanzieren, ich habe keine Erklärung dafür, wie so etwas passieren konnte“, berichtet er.
Eine grobe Vermutung hat er dann aber doch. „Ich habe damals viel gepostet, bestimmt 50 Beiträge am Tag. Ich kann mir nur erklären, dass diese Sachen einfach dazwischen gekommen sind, meistens lese ich mir das gar nicht richtig durch, was ich da poste“, so der 68-Jährige.
Der Richter und die Staatsanwältin bleiben skeptisch. „Was ist denn damals im Dritten Reich passiert?“, fragen sie den Angeklagten. „Ja das war schlimm“, beginnt der Ahauser. „Da sind sehr viele Juden umgekommen durch die Gaskammern, unvorstellbar“. „Und wer war das?“, möchte der Richter daraufhin wissen. Der Angeklagte ringt mit den Worten. „Das müssen die Deutschen gewesen sein, so steht es ja in den Geschichtsbüchern und man hat es ja auch durch Hören-Sagen erfahren“.
Reichsbürgerparolen
Auch beteuert der Angeklagte immer wieder, er würde sich von diesen Inhalten distanzieren, dafür gäbe es auch private Gründe. „Ich habe mit Juden zusammengearbeitet, deswegen ist es für mich gar kein Thema, irgendwas gegen Juden zu haben“, so der Ahauser.
Die Inhalte, die damals auf seiner Seite gelandet sind, spiegeln eine stramme, braune Ideologie wider. Darin wird nicht nur der Holocaust geleugnet, sondern es fallen auch Wörter wie „Auschwitz-Giftspritze“ und „Deutschland GmbH“.
„Postings“ gegen den Stress
Vor Gericht gibt der Angeklagte zwar zu, selbst nicht geimpft zu sein, aber die Verbreitung dieser Inhalte hätte damit nichts zutun. Dass er zu der Zeit so viel gepostet hätte – um die 50 Posts pro Tag – hätte andere Gründe. „Ich habe zu der Zeit meine Mama und meinen Vater gepflegt und jetzt gerade betreue ich meinen demenzerkrankten Bruder. Ich habe mich in einer Ausnahmesituation befunden, da hat mich das viele teilen einfach abgelenkt, die Beiträge sind dann wohl einfach ,dazwischen gerutscht‘“, versucht er sich zu rechtfertigen.
Die Staatsanwaltschaft beurteilt sein Verhalten dennoch hart. „Auch ein ,dazwischenrutschen‘ rechtfertigt diese Tat nicht und ist trotzdem strafbar. Und es ist wichtig, dass gerade solche Taten bestraft werden, damit diese Aussagen niemals in der Öffentlichkeit verbreitet werden können“, so die Staatsanwältin. Sie hielt ein Strafmaß von 120 Tagessätzen á 40 Euro für angemessen.
„Schlimmstes Verbrechen der Welt“
Der Richter entscheidet anders. Für ihn spreche, dass sich der Angeklagte teils geständig gezeigt hat und nicht leugnet, dass er diese Postings getätigt habe. Dennoch findet auch er harte Worte für den Ahauser. „Es geht hier um eines der schlimmsten Verbrechen der Menschheit, wenn nicht sogar der Welt und ich nehme Ihnen das einfach nicht ab, dass Sie das nicht gesehen haben wollen“, so der Richter.
Er fällt ein Urteil: Der Angeklagte wird in zwei Fällen der Volkverhetzung schuldig gesprochen, dafür wird er zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 40 Euro verurteilt.
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