Ukrainer kommen in Alstätter Villa unter „Luxus ist das hier nicht“

Ukrainer kommen in Alstätter Villa unter: „Luxus ist das hier nicht“
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Durch weiterhin nicht abreißende Flüchtlingszuweisungen des Landes werden die Möglichkeiten zur Unterbringung in den Kommunen immer weniger. Das gilt auch für Ahaus. Doch nun hat die Stadtverwaltung eine neue Unterkunft in Alstätte gekauft und umgebaut. In der Altbauvilla stehen etwa 60 Plätze für Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung. Der Sozialdezernent Werner Leuker gab jetzt einen ersten Einblick in die neue Unterkunft.

„Luxus ist das nicht“

Doch wie kam die Stadt überhaupt an das eher außergewöhnliche Wohnobjekt? Die Stadtverwaltung hatte die leerstehende Privatimmobilie am Bocholder Esch (Alstätte) im vergangenen Jahr erworben und das Gebäude dann in Teilen umgebaut. Passende Gemeinschaftsküchen, Waschräume und sanitäre Einrichtungen wurden neu geschaffen. Diese Umbauarbeiten konnten nun nach fast einem halben Jahr abgeschlossen werden.

Auch aus der Vergangenheit habe man in der neuen Unterkunft gelernt. So hat die Stadt beispielsweise elektronische Schlösser an den Badezimmern installiert. „So kann man wirklich für jeden Bewohner garantieren, dass die Geschlechtertrennung eingehalten wird“, erklärt Leuker. Ebenfalls mussten neue Wände gezogen werden, um die Zimmergrößen den Ansprüchen der jeweiligen Gruppen anzupassen.

„Das war zwar ein großer Aufwand, aber in den vergangenen Jahren ist uns klar geworden, dass es sinnvoller ist, größere Unterkünfte für Geflüchtete bereitzustellen“, erklärt Werner Leuker. Denn diese seien nicht nur besser zu verwalten, sondern sorgen auch unter den Bewohnern für ein sozialeres Zusammenleben. „Luxus ist das hier aber deswegen nicht“, betont der Sozialdezernent. „Aber so können wir hoffentlich gegen Jahresende auf die Notunterkunft in Ahaus verzichten.“

Im Oktober 2022 hatte die Stadt Ahaus infolge des hohen Flüchtlingszuzugs aus der Ukraine in einer der beiden Sporthallen im Vestert in Ahaus eine Notunterkunft einrichten müssen. Bis heute sind dort rund 140 Personen aus der Ukraine untergebracht. Von Beginn an sei es das Ziel der Stadtverwaltung gewesen, diese Notunterkunft nur so lange zu betreiben, wie keine anderen Unterkünfte bereitstehen oder die Anzahl der zu versorgenden Flüchtlinge deutlich zurückgeht. Beides ist bislang nicht eingetreten.

Zuweisungen steigen weiter

Dadurch habe man in den vergangenen Monaten in mehreren Bestandsunterkünften zusätzlichen Platz durch Mehrfachbelegungen schaffen müssen. „Auch dieser Schritt war eine Übergangsmaßnahme, die nicht von Dauer sein darf, da sie für alle Beteiligten sehr herausfordernd ist“, so Sebastian Bachnick-Schiemenz, zuständiger Sozialarbeiter bei der Stadtverwaltung Ahaus. „Für ein auskömmliches Zusammenleben und zur Vermeidung von Konflikten müssen wir daher möglichst zeitnah wieder zu einer Auflösung dieser Situation kommen.“

Die Zimmer in der Altbauvilla sind für Gruppen bis zu vier Menschen gedacht.
Die Zimmer in der Altbauvilla sind jeweils für Gruppen bis zu vier Menschen gedacht. © Luca Bramhoff

Doch die endgültige Antwort auf die Unterbringungsfrage ist das noch nicht. Nach den aktuellen Flüchtlingsquoten müsse Ahaus laut der Stadtverwaltung noch rund 210 weitere Flüchtlinge aufnehmen, um ihre vom Land vorgegebene Quote zu erfüllen. „In welchem Zeitraum dies erfolgt, ist dabei allerdings noch völlig offen“, fügt Werner Leuker hinzu. Zudem würden monatlich zwischen zehn und 30 neue Flüchtlinge oder nachziehende Familienmitglieder von der Bezirksregierung zugewiesen. Diese Entwicklung zeichne sich auch für die folgenden Monate ab.

Villa als Puffer

„Vorerst kann die Villa in Alstätte aber ein Puffer sein, der uns viel Luft verschafft“, so Werner Leuker. So werden in den kommenden Wochen regelmäßig Flüchtlinge aus der Notunterkunft in die neue Unterkunft in Alstätte ziehen. In Kürze soll eine weitere Unterkunft für 60 Personen an der Wessumer Straße auf dem ehemaligen Gelände des Autohauses Gerding gebaut werden.

20 Personen sollen dann im Bestandsgebäude unterkommen und weitere 40 Personen in neuen Containerunterkünften. Weiterhin plane die Stadt Ahaus noch in diesem Jahr zwei weitere Unterkünfte mit bis zu je 60 Plätzen in Ottenstein und in Ammeln.

In Ahaus wohnen zurzeit über 1000 Flüchtlinge, davon allein 460 aus der Ukraine. In städtischen Flüchtlingsunterkünften sind gegenwärtig 470 Personen und in Privatunterkünften noch etwa 120 Flüchtlinge untergebracht. Die Stadtverwaltung, Mitarbeiter des Caritas-Verbandes und zahlreiche weitere ehrenamtliche Helfer sorgen sich um eine möglichst reibungslose Unterbringung und eine gute Integration der Flüchtlinge.

Dies funktioniere im gesamten Stadtgebiet gut, allerdings steche Alstätte besonders positiv heraus. „Hier gibt es wirklich überdurchschnittlich viele helfende Hände“, freut sich Sebastian Bachnick-Schiemenz.

Die sanitären Anlagen sind durch elektronische Schlösser verriegelt, um eine tatsächliche Geschlechtertrennung zu gewährleisten.
Die sanitären Anlagen sind durch elektronische Schlösser verriegelt, um eine tatsächliche Geschlechtertrennung zu gewährleisten. © Luca Bramhoff

Dabei gehe es in erster Linie um die Sprachvermittlung, um den Besuch von Integrationskursen, um die Begleitung bei Behörden- und Arztbesuchen, um eine Beratung und um die Arbeitsvermittlung. „Die Arbeitsvermittlung soll in diesem Jahr einen besonderen Schwerpunkt bilden, damit möglichst viele erwerbsfähige Flüchtlinge mit einer Arbeitserlaubnis, die mittlerweile bereits einen ersten Sprachkurs besucht haben, erfolgreich in Arbeitsverhältnisse vermittelt werden können“, so Werner Leuker.

Bildung von Geflüchteten

Eine weitere wichtige Aufgabe sei die Unterbringung von Kindern in Kindertagesstätten und Schulen. Ende 2023 waren insgesamt fast 170 Schüler mit einem Fluchthintergrund in den Ahauser Schulen untergebracht, davon beinahe 100 aus der Ukraine. 77 Kinder besuchen Grundschulen und fast 100 die drei weiterführenden Schulen. Auch hier sind der Spracherwerb und das Kennenlernen des deutschen Schul- und Bildungssystems erste, häufig sehr herausfordernde Aufgaben, für die es häufig nicht hinreichend Personal in den Schulen gibt.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien bereits am 1. Februar 2024.