Über ein Hektar Mischwald Clemens-August Brüggemann trommelt für seine Idee vom Bürgerforst

Clemens-August Brüggemann trommelt für seine Idee vom Bürgerforst
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Nur zwei Jahre hat der Borkenkäfer gebraucht, um gut einen Hektar Kiefernschonung in Sichtweite zur Haarmühle zu vernichten. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie gepflanzt wurde“, sagt Clemens-August Brüggemann (69). 1964 sei das gewesen. Doch was langsam wuchs, habe der Schädling zwischen 2017 und 2019 praktisch dem Erdboden gleich gemacht.

Inzwischen wachsen dort neue Bäume. Fast 3000 Stück. Ohne das Engagement des Seniorchefs der Haarmühle wäre es wohl nicht so weit gekommen. Dabei fing alles ganz harmlos mit einem Spaziergang an: Während der Pandemie war Clemens-August Brüggemann mit den Alstättern Ludger Körkemeyer und Heinrich Haveloh rund um die Haarmühle unterwegs. „Viel mehr als Spazieren konnte man ja nicht machen“, sagt er im Rückblick.

Mischwald statt Monokultur

Als sie an die Brachfläche kamen, ließen sie die Ideen und Gedanken schweifen. „Das müsste man komplett neu aufforsten“, sei sein Plan damals gewesen. Nicht als Schonung oder Monokultur, sondern mit möglichst vielen unterschiedlichen Baumarten.

Damit der neue Wald möglichst resistent gegen äußere Einflüsse wird. Clemens-August Brüggemann fand bei seinen Begleitern schnell Zustimmung: „Sie wollten mich unterstützen, aber ich sollte das Projekt in die Hand nehmen“, erzählt er.

Nicht ganz einfach. Einerseits die Absprachen mit der Fürstlich Salm-Salm‘schen Forstverwaltung. Sie verwaltet das fürstliche Eigentum. Den Grund und Boden. Andererseits auch die ganz simple finanzielle Frage: „Einen Wald neu aufzuforsten, kostet eine Menge Geld“, sagt er. Noch dazu, weil es eben nicht die schnellwachsenden und möglichst profitablen Hölzer sind, die dort angepflanzt werden sollen. Sondern weil sie langsam, aber dafür nachhaltig wachsen sollen.

Über 2800 Bäume wurden auf der etwa einen Hektar großen Fläche angepflanzt. Der Borkenkäfer hatte dort eine Kiefernschonung binnen zwei Jahren völlig vernichtet. Nicht nur materiell ein immenser Schaden. Für die Besucher der Haarmühle sollte das Areal schnell wieder aufgeforstet werden.
Über 2800 Bäume wurden auf der etwa einen Hektar großen Fläche angepflanzt. Der Borkenkäfer hatte dort eine Kiefernschonung binnen zwei Jahren völlig vernichtet. Nicht nur materiell ein immenser Schaden. Für die Besucher der Haarmühle sollte das Areal schnell wieder aufgeforstet werden. © Stephan Rape

Clemens-August Brüggemann begann, für das Projekt zu werben und eine Menge Klinken zu putzen. Um seine Idee von einem Bürgerforst umzusetzen, hat er eigens eine eigene Gesellschaft gegründet – die Alstätter Bürgerwald und Haarmühle GbR. Insgesamt 60.000 Euro Sponsorengelder trug er zusammen. 40 Familien – überwiegend aus Alstätte – beteiligen sich an dem Projekt. Weitere Mittel fließen aus Fördermitteln hinein. Insgesamt knapp unter 100.000 Euro fließen in das ganze Projekt.

Dafür wurden 2800 Bäume, die aktuell zwischen 50 und 120 cm groß sind, angepflanzt. Die Liste kann sich sehen lassen: 1500 Traubeneichen, 100 Hainbuchen, 300 Esskastanien, 200 Ulmen, 300 Weißtannen, 100 Gemeine Schneebälle, 100 Weißdorne, 100 Hartriegel, 100 Schlehen, zehn Wildäpfel und zehn Wildbirnen. Dazu kommen für jede Sponsorenfamilie eine Traubeneiche, die jetzt schon drei Meter misst.

Bis die Bäume einmal die stattlichen Maße ihrer Nachbarn erreichen oder bis sie gar so weit gediehen sind, dass man an die Holzernte denken könnte, werden Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte vergehen. „Unsere Enkel werden das wohl nicht erleben“, sagt Clemens-August Brüggemann. Darum sei es bei dem ganzen Projekt auch nicht gegangen. Sondern darum, jetzt etwas für die Umwelt zu tun, die Fläche zu schützen und dem Klimawandel ein Stück Mischwald entgegenzustellen.

Hütte macht Projekt kompliziert

„Mit dem Projekt könnten wir ja schon längst fertig sein“, sagt Clemens-August Brüggemann. Dann zieht er eine Skizze aus der Tasche. Denn seine Pläne gingen direkt viel weiter. Der neue Forst und die Aa kurz vor der Grenze sollen auch touristisch noch einen neuen Hingucker bekommen: eine Laube samt Ufersteg, die bis über die Aa reichen wird.

Denn es ist schon historisch kein ganz unbedeutender Ort: „Die Grenze hier ist eine der ältesten in ganz Europa, die immer noch Bestand hat“, sagt der 69-Jährige. 1389 wurde sie zwischen dem Bischof von Münster und dem Bischof von Utrecht festgelegt.

Aber auch für die weniger historisch Bewanderten soll die Stelle eine ganz besondere Bedeutung erlangen. „Hier zu stehen und die Natur zu erleben, ist doch einfach herrlich“, sagt der Alstätter und atmet laut und tief durch. Das rauschende Wasser, der Blick durch die Bäume und rüber in den Wald – da könne er sich regelrecht verlieren.

So soll die fertige Laube einmal aussehen: Gezimmert aus Eichenholz und auf Natursteinen ruhend soll sie einen ganz neuen Blick auf die Aa unmittelbar vor der deutsch-niederländischen Grenze bieten. Die Genehmigungsverfahren hatten sich lang hingezogen. Im April 2023 will Clemens-August Brüggemann das Gesamtprojekt Bürgerforst eröffnen.
So soll die fertige Laube einmal aussehen: Gezimmert aus Eichenholz und auf Natursteinen ruhend soll sie einen ganz neuen Blick auf die Aa unmittelbar vor der deutsch-niederländischen Grenze bieten. Die Genehmigungsverfahren hatten sich lang hingezogen. Im April 2023 will Clemens-August Brüggemann das Gesamtprojekt Bürgerforst eröffnen. © Architektur- und Ingenieurbüro Wessendorf und Rogozinski

Klar, auch da denkt er nicht ganz untouristisch: Schließlich beginnt einer der Grenzwege an der Haarmühle, entlang des Grenzgrabens und über die Haarmöllebrug am Park van Heek vorbei genau zum zukünftigen Standort der Hütte. Die soll dann auch für Wanderer oder Radfahrer eine Pause direkt am Bürgerforst und den Naturgenuss ermöglichen.

Es wird kein ganz günstiger Genuss: Die Hütte allein schlägt mit rund 50.000 Euro zu Buche. 32.000 Euro übernimmt die Leaderregion Ahaus-Heek-Legden, einen Teil der Heimatverein Alstätte und die Volksbank Gronau-Ahaus. Den Rest trägt die gegründete GbR. Die Hütte, aus Eichenholz gezimmert, soll auf den Natursteinen ruhen, die jetzt schon am Aa-Ufer kurz vor der Grenze gesetzt wurden. „In wenigen Tagen sollen die Bauarbeiten beginnen“, freut sich Clemens-August Brüggemann.

Dann geht sein Blick kritisch gen Himmel. An diesem Vormittag fällt zwar dauerhaft Nieselregen. Doch genug Wasser für einen Wald ist das längst noch nicht. „Der heiße Sommer, der knüppeltrockene Herbst – wo soll das noch enden?“, fragt er und lässt die Frage unbeantwortet. Eines steht für ihn aber fest: Im April 2023 will er das Gesamtprojekt feierlich eröffnen.

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