Hoch über der Ahauser Schlossgräfte wird gerade das Dach des nördlichen Turms saniert. Über die vergangenen Jahre hat sich Feuchtigkeit ihren Weg zwischen die Schieferplatten gesucht. „Die letzte große Sanierung war 1996“, sagt Benedikt Völker vom Kreis Borken. Er macht sich an diesem Tag vor Ort ein Bild von den Arbeiten, bespricht letzte Details.
Einige Schieferschindeln habe der Sturm vom Dach gefegt. Andere seien gebrochen. Außerdem drücke der Wind immer wieder Feuchtigkeit zwischen die Schindeln. „Weil sie hier so wenig geneigt sind“, erklärt Dachdecker- und Klempnermeister Ingo Daume und deutet auf die Form der Turmhauben: An ihrer Basis sind die zwar sehr steil, an der Oberseite sind die Schindeln aber fast waagerecht verlegt.

Das ganze Gerüst wankt und verwindet sich im Wind. Gearbeitet wird hier oben kurz vor Weihnachten trotzdem. Für den Blick über den Schlossgarten oder in Richtung Innenstadt haben sie hier oben nur wenig Zeit. Das Dach des Nordturms soll fertig werden.
Gerade sind zwei Dachdecker damit beschäftigt, die wasserdichte Unterdeckbahn unter den Schieferschindeln neu zu verkleben. Von der obersten Gerüstebene haben sie mit ein paar Leitern noch einmal eine Konstruktion gebaut, um bis zur Wetterfahne hochzusteigen. „Vom Hubsteiger aus wäre das gar nicht möglich“, sagt Patrick Hußmann. Er ist Projektleiter bei Daume Dach und Fassaden. Das Ahauser Unternehmen nutzt die Gelegenheit: Nach der Fassadensanierung in den vergangenen Wochen steht das Baugerüst noch.

„Aus dem Hubsteiger sind die Arbeiten am Dach nicht möglich“, sagt Ingo Daume. Schon wegen des Gewichts, den Werkzeug, Schieferplatten, weiteres Material und eben die beiden Handwerker auf die Waage bringen. Das gehe nur vom Gerüst aus. Und das passe jetzt gut.
Über Höhenangst kann der Ahauser nur lachen. Laut und dröhnend. Kein Wunder: „Mein Opa hat schon hier am Schloss gearbeitet“, sagt er und deutet auf die umliegenden Dachflächen. Auf den Türmen, auf den Pavillons unten an der Mauer, auf den einzelnen Gebäudeteilen. „Das ist nicht-alltägliche Arbeit“, erklärt Ingo Daume. So viele Schieferdächer gebe es im Münsterland ja nicht. Aber gleichzeitig sei das sehr schön und spannend. Und natürlich auch eine besondere Baustelle: „Wir sind natürlich stolz, dass wir hier am Schloss arbeiten dürfen“, sagt er. Das sei schließlich das größte Prestigeobjekt von Ahaus. Er übernimmt als vierte Generation das Unternehmen Daume Dach und Fassade Anfang 2025 als geschäftsführender Gesellschafter zusammen mit Paul Müller.
Balken werden ausgetauscht
Ein Teil des Gebälks unter dem Schiefer wird auch ausgetauscht. Einige kleinere Balken sind über die Jahre marode geworden. „Nichts Wildes“, wie Patrick Hußmann erklärt. Es gehe vor allem um die Halterung der Wetterfahne. Die ist instabil geworden, die Wetterfahne hatte etwas Schlagseite bekommen.
Über den Jahreswechsel herrschen bei Daume Betriebsferien. Wenn danach alles glattgehe, soll die Baustelle noch im Januar so weit abgeschlossen sein, dass die Baugerüste wieder verschwinden können. „Wenn das Wetter mitspielt“, sagt Ingo Daume. Starker Wind und Regen oder Frost könnten die Pläne noch durchkreuzen. „Das ist ja heute schon teilweise grenzwertig“, erklärt er. In starken Böen fegt der Wind an diesem Tag kurz vor Weihnachten um den Schlossturm.

Bei noch mehr Wind lasse sich einerseits der Gasbrenner für die Dachisolierung kaum noch in Gang halten. Gleichzeitig werde das aber natürlich auch einfach zu gefährlich: Sich bei Böen freihändig stehend auf der Dachhaube zu halten, könne er von niemandem verlangen.
Dann ist das Gros der Sanierung rund um das Ahauser Schloss erledigt. „Und wir hoffen, dass dann für die nächsten 20 Jahre Ruhe ist“, erklärt Benedikt Völker.
An der Mauer zur Gräfte gebe es noch ein paar Schäden: Der große Baum dort hat sich so weit in Richtung Gräfte geneigt, dass er die Mauer beschädigt hat. Tiefe Risse ziehen sich dort durch die Fugen. Das soll noch repariert werden. Natürlich so, dass der Baum erhalten werden kann. „Das ist der Plan“, sagt Benedikt Völker.
Per Hubsteiger zu den Gauben
Auch die Gauben im Dach müssen noch gestrichen werden. Auch dort ist der Lack wortwörtlich ab. „Das geht aber später auch noch per Hubsteiger“, erklärt Patrick Hußmann. Der reiche auch noch ein Stückchen höher als das Gerüst. Theoretisch könnten die Handwerker mit solchen Maschinen auch noch deutlich höher hinaus. Doch es gibt eine unverrückbare Begrenzung: die Torbögen zum Sümmermannplatz und dem Schlossinnenhof.
Da müssen die Hubsteiger schließlich durch: „Wir haben schon mal einen Teil der Luft aus den Reifen gelassen, um da durchzukommen“, sagt Ingo Daume lachend. Dann klettern sie vom Gerüst herunter. Schluss für dieses Jahr und raus aus dem Wind.