Menschenrettung und Evakuierung waren die ersten Aufgaben der Ahauser THW-Helfer im Katastrophengebiet im Ahrtal. Inzwischen haben sich die Aufgaben verändert. Doch es bleibt noch viel zu tun. Just am Freitagabend sind Ahauser Helfer wieder in den Einsatz ausgerückt.

© THW Ahaus

THW Ahaus rückt auch drei Wochen nach der Flut ins Hochwassergebiet aus

rnKatastrophenhilfe

Drei Wochen ist die Flutkatastrophe inzwischen her. Doch ein Ende der Aufräumarbeiten ist nicht abzusehen. Am Freitag sind wieder THW-Helfer aus Ahaus in den Einsatz ausgerückt.

Ahaus

, 06.08.2021, 18:29 Uhr / Lesedauer: 2 min

Menschenrettung, Evakuierung, technische Hilfe, Gebäude absichern, Keller leer pumpen, die Untersuchung von Gasleitungen – der Katalog der Arbeiten, die der Ortsverband Ahaus des Technischen Hilfswerks bisher im Katastrophengebiet abgespult hat, ist umfangreich.

„Man macht sich kein Bild davon, wie es dort immer noch aussieht“, sagt Stefan Wigger. Als Ortsbeauftragter leitet er den THW-Ortsverband Ahaus. Die komplette Infrastruktur zusammengebrochen. Handynetz, Strom, Gas sind auch Wochen nach der Katastrophe noch nicht wieder komplett verfügbar.

„Da sieht man erstmal, wie anfällig das alles ist“, fügt er hinzu. Auch wenn er gerade nicht selbst vor Ort ist, hält er ständigen Kontakt zu den Helfern aus Ahaus.

Angehörige hatten keinen Kontakt zu Helfern im Einsatz

Ein Luxus, den es gerade in den Anfangszeiten des Einsatzes nicht immer gab. „Da waren wir auch mal zwei Tage gar nicht für unsere Familien zu erreichen“, blickt Stefan Wigger zurück. Keine leichte Situation. „Man ist ja inzwischen gewohnt, ständig und überall erreichbar zu sein“, erklärt er. Das sei schon eine krasse Erfahrung gewesen.

Stefan Wigger (l.), Ortsbeauftragter im THW Ahaus, und Janik Fedder bereiten sich auf die nächsten Einsätze im Katastrophengebiet im Ahrtal vor. Wie lange es noch so geht, mögen sie nicht abschätzen.

Stefan Wigger (l.), Ortsbeauftragter im THW Ahaus, und Janik Fedder bereiten sich auf die nächsten Einsätze im Katastrophengebiet im Ahrtal vor. Wie lange es noch so geht, mögen sie nicht abschätzen. © Stephan Rape

Zu Spitzenzeiten waren 30 der 56 THW-Helfer aus Ahaus im Katastrophengebiet. Ein paar Tage hatten sie zuletzt Ruhe. Am Freitagmittag dann der erneute Alarm: Dieses Mal rückt der Zugtrupp aus. Eine Gruppe von Helfern, die in Schleiden die Leitung des Einsatzabschnitts übernimmt.

Tagelang war die Fachgruppe Räumen des THW rund um Bad Münstereifel und Euskirchen im Einsatz. Es ging vor allem darum, das Flussbett zu räumen, damit weiteres Wasser abfließen kann. Das alles unter neuen Unwetterwarnungen.

Tagelang war die Fachgruppe Räumen des THW rund um Bad Münstereifel und Euskirchen im Einsatz. Es ging vor allem darum, das Flussbett zu räumen, damit weiteres Wasser abfließen kann. Das alles unter neuen Unwetterwarnungen. © THW Ahaus

Zum ersten Einsatz wurden die Helfer direkt am Tag nach der Flutwelle gerufen. „Unsere Bergungsgruppe hat zuerst in Weilerswist und Heimersheim bei der Menschenrettung und Evakuierung geholfen“, erklärt Janik Fedder. Er ist beim Ortsverband Ahaus des THW für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Situation vor Ort bessert sich langsam

Damals seien die Helfer noch mit einem unguten Gefühl ausgerückt: „Es waren ja noch unheimlich viele Menschen vermisst“, erklärt er. Ständig habe man damit rechnen müssen, Tote oder Verletzte zu finden. Das sei inzwischen ja zum Glück schon besser geworden.

Tagelang war die Fachgruppe Räumen des THW rund um Bad Münstereifel und Euskirchen im Einsatz. Es ging vor allem darum, das Flussbett zu räumen, damit weiteres Wasser abfließen kann. Das alles unter neuen Unwetterwarnungen.

THW im Einsatz: Auf 2200 Einsatzstunden kommen die Helfer aus Ahaus bisher. Zu Spitzenzeiten waren 30 der 56 THW-Mitglieder gleichzeitig vor Ort. © THW Ahaus

Dennoch bewegen die Eindrücke aus dem Einsatz: „Vor Ort steht man so unter Adrenalin, dass man einfach nur funktioniert“, sagt Stefan Wigger. Erst wenn man zu Hause wieder zur Ruhe komme, komme man richtig zur Besinnung. Die THW-Helfer setzen dafür ihrerseits auf ein Netz aus Helfern, die den Einsatzkräften beistehen und ihnen helfen, das Erlebte zu verarbeiten. „Auch die Gruppenführer halten ihre Leute natürlich im Blick“, erklärt Stefan Wigger.

Kein ähnlicher Einsatz in den vergangenen Jahrzehnten

Wenn er zurückblickt, kann er sich an keinen ähnlichen Einsatz erinnern. Er ist immerhin schon über 25 Jahre im THW. „Klar, das Schneechaos oder auch das Hochwasser in Ahaus kommt einem sofort in Erinnerung“, sagt er. „Aber da war der Schaden nicht so groß“, fügt er hinzu.

Im Einsatz – unter Adrenalin – funktioniere man einfach. Erst danach kämen die Eindrücke ins Bewusstsein. "Dabei werden wir durch speziell ausgebildete Helfer begleitet", erklärt Stefan Wigger.

Im Einsatz – unter Adrenalin – funktioniere man einfach. Erst danach kämen die Eindrücke ins Bewusstsein. "Dabei werden wir durch speziell ausgebildete Helfer begleitet", erklärt Stefan Wigger. © THW Ahaus

In Ahaus sei eben auch die Lage eine völlig andere. „Hier fehlen die Berge“, erklärt er. Bei einem Hochwasser steige das Wasser nur langsam. Eine Flutwelle wie im Ahrtal sei hier schlicht nicht möglich.

Zukunft im Katastrophengebiet längst noch nicht abzusehen

Wie es mit den Einsätzen weitergeht, ist für die Ahauser Helfer völlig offen. Die Arbeit werde noch lange weitergehen. Stefan Wigger erklärt das Prinzip: Jeder Ortsverband des Technischen Hilfswerks ist für verschiedene Einsatzzwecke ausgerüstet. In Ahaus etwa gibt es eine Bergungsgruppe, eine Fachgruppe Räumen, eine Fachgruppe für Notfallversorgung und -instandsetzung sowie eben den Zugtrupp.

Neue Mitglieder werden gesucht

Das THW sucht ständig nach Interessierten, die die Arbeit unterstützen wollen. Freiwillige sind immer willkommen, ganz egal, ob und welche Vorausbildung sie haben. Jeder kann sich zum Katastrophenschutzhelfer ausbilden lassen. Weitere Informationen unter www.ov-ahaus.thw.de

Diese Gruppen sind in allen Ortsverbänden gleich aufgebaut und organisiert. Deswegen können sie sich gegenseitig ablösen. Der Ahauser Zugtrupp übernimmt die Aufgaben jetzt für eine Woche. Danach ist wieder eine Ruhepause. Ob in der Zwischenzeit die anderen Gruppen alarmiert werden, mag Stefan Wigger nicht abschätzen. Der Einsatz sei ja noch lange nicht beendet. Schon jetzt ist aber klar, dass er einer der größten des THW in den vergangenen Jahrzehnten ist: „Wir kommen jetzt schon auf 2200 Einsatzstunden“, sagt Stefan Wigger.