
© Tischlerei Altho
Sieben Hausarztpraxen werben für Corona-Schnelltests in Ahauser Unternehmen
Nicht warten – starten
Unentdeckte Covid-19-Infektionen im Betrieb könnten die Verbreitung des Coronavirus weiter befeuern. Sieben Hausärzte aus Ahaus wollen gegensteuern. Und so viel testen, wie es geht.
Die Infektions- und Todeszahlen durch das Coronavirus in und um Ahaus bleiben hoch. Hausärzte aus Ahaus und Wüllen wollen gegensteuern. Ihr großes Ziel: Den Inzidenzwert unter die Grenze von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zu drücken. Dazu haben sich sieben Hausarztpraxen zusammengeschlossen und die Aktion „Nicht warten – starten!“ ins Leben gerufen.
Es geht darum, Schnelltests auf eine Infektion mit dem Virus auf breiter Basis in Ahaus und den Ortsteilen anzubieten. Damit richten sie sich nicht nur weiter an einzelne Patienten, sondern vor allem an Unternehmen. Offenbar eine Idee, die gut ankommt.
Angst vor Infektion im Betrieb: „Tiere müssen ja versorgt werden“
Beispiel 1: Heinz Terstriep aus Alstätte. Der 50-jährige Landwirt betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb und zieht Ferkel auf. 1400 Sauen hält er, 50.000 Ferkel züchtet er jedes Jahr. Dabei helfen ihm und seiner Familie fünf Mitarbeiter. „Als die zweite Welle der Corona-Infektionen massiv zugenommen hat, wurde es mir auch langsam unwohl“, sagt er.

Beate (48) und Heinz Terstriep (50) betreiben eine Ferkelaufzucht in Alstätte. Ihre fünf Mitarbeiter lassen sie wöchentlich testen. Eine Infektion unter ihren Mitarbeitern wäre eine Katastrophe. Schließlich müssen ja die Tiere versorgt werden. © Heinz Terstriep
Was würde passieren, würde sich einer seiner Mitarbeiter anstecken? Schließlich müssen die Tiere weiter versorgt werden. Akute Notfallpläne für Landwirte konnten ihm weder das Gesundheits- noch das Ordnungsamt nennen. Nach Rücksprache mit seinem Hausarzt Dr. Dr. Heinz Giesen lässt er seine Mitarbeiter jetzt einmal wöchentlich testen.
„Das sind natürlich immer nur Momentaufnahmen“, schränkt er ein. Dennoch fühle er sich sicherer, immer zu wissen, wie es um Personal und Betrieb stehe.
Komplette Belegschaft binnen einer Stunde getestet
Beispiel 2: Die Tischlerei Altho aus Ahaus. „Ein Mitarbeiter hatte Kontakt zu einer infizierten Person“, erzählt Simone Hesseling (48) von der Geschäftsleitung. Danach sei direkt klar gewesen, dass das Unternehmen alle 35 Mitarbeiter testen lassen werde. „Einfach schon um sicherzustellen, dass sich die Infektion nicht unbemerkt ausbreiten kann und damit niemand im Betrieb Angst haben muss“, sagt sie. Mundschutz, Hygieneregeln und Desinfektionsmittel waren auch davor schon selbstverständlich in dem Unternehmen.

Simone Hesseling (48) von der Firma Altho ist von den schnellen Tests am Mittwoch begeistert. 35 Mitarbeiter wurden per Schnelltest auf eine Infektion mit dem Coronavirus untersucht. Zum Glück waren alle Ergebnisse negativ. © Stephan Rape
Getestet wurde am Mittwoch, die gute Nachricht kam schnell: Kein Mitarbeiter infiziert. Simone Hesseling schildert vor allem den reibungslosen und schnellen Ablauf: „Wir haben morgens angerufen, keine Stunde später war ein Team aus der Arztpraxis bei uns vor Ort“, erklärt sie. Binnen einer halben Stunde seien alle Tests gelaufen. „Eine tolle Lösung, die kann ich wirklich jedem nur empfehlen“, sagt sie begeistert. Auf regelmäßige Testungen werde das Unternehmen erst einmal verzichten. Sobald jedoch ein Mitarbeiter Kontakt zu einem Infizierten haben sollte, würde der nächste Test angesetzt. Die Sicherheit gehe einfach vor.
Sieben Hausarzt-Praxen schließen sich zusammen
Dr. Nikolaus Balbach, langjähriger Hausarzt in Ahaus, ist einer der Mediziner, die sich an der Aktion beteiligen. Wie er erklärt, gehe es bei der Testaktion vor allem darum, infizierte Personen ohne Symptome herauszufiltern. Dazu seien die Schnelltests gut geeignet, auch wenn sie nicht so sensitiv wie ein PCR-Test reagieren würden.
Auch er schränkt ein, dass ein negativer Schnelltest dennoch kein Freifahrtschein sei: „Die üblichen Hygieneregeln bleiben unbedingt wichtig und müssen natürlich weiter eingehalten werden“, sagt er. Wichtiger als die negativen Ergebnisse seien aber diejenigen, die unerwartet positiv ausschlagen – und auf die man dann reagieren könne.
Als Beispiel verweist er auf die Testaktion in zwei Praxen vor Weihnachten. Zehn Infizierte waren dort aufgefallen, die sich dann in Quarantäne begaben, statt mit der Familie Weihnachten zu feiern und die Infektion so weiterzugeben. „Die Leute waren dankbar“, sagt er im Rückblick.
Das wünscht er sich nun auch von der größer angelegten Aktion mit sieben Hausarztpraxen. „Wir müssen aber erst einmal abwarten, wie sie angenommen wird“, sagt er.
Sieben Praxen beteiligen sich an der Aktion
- Diese Praxen in Ahaus und Wüllen beteiligen sich an der Aktion: Praxis Dr. Dr. Heinz Giesen (Wüllen und Alstätte), Praxis im Kreishaus (Ahaus), Praxis am Wall (Ahaus), Hausarztpraxis Ahaus (Ahaus), Praxis Dr. Wolters/ A. Wolf (Wüllen), Hausärztliche Praxis Dr. Rotering (Ahaus), Praxis Dr. Storcks (Ahaus).
- Zu unterschiedlichen Zeiten an jedem Wochentag können Unternehmen ihre Mitarbeiter dort zu Schnelltests anmelden. Die genaue Übersicht über die Zeiten veröffentlichen die Ärzte online.
- Schnelltests kosten pro Person 32 Euro. Davon werden jeweils zwei Euro in den Aktionstopf „Nicht warten – starten!“ gezahlt. Mit diesem Geld sollen zusätzliche FFP2-Masken für Kindergärten, Schulen oder Altenheime angeschafft werden.
- Weitere Informationen rund um die Aktion haben die Mediziner online zusammengestellt: https://mehr-info-service.de/
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
