9300 Messpunkte. Soviele erstrecken sich rund um die Kavernen der Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW) im Eper Amtsvenn. An ihnen soll in wenigen Wochen der Boden in Vibration versetzt werden. „Der Zeitplan wird konkreter“, sagt Stefan Meyer, Vermessungsingenieur bei der SGW.
Er blickt am Montag (28. Oktober) auf den Kalender. Wenn jetzt alles nach Plan verlaufe, sollen die ersten Vermesser am 7. oder 8. November mit der Arbeit beginnen. Zunächst werden sie sogenannte Geophone auslegen. Etwa zehn mal zehn Zentimeter große Boxen, in denen die empfindliche Messtechnik verpackt ist.
Ab Ende November – im Moment gilt als Startpunkt der 25. – sollen sich dann sogenannte Vibrotrucks auf den Weg machen. Die Spezialmaschinen fahren die einzelnen Messpunkte an, senken eine Stahlplatte auf den Boden und senden Vibrationen in bestimmten Frequenzen in den Boden. Das sei nach wenigen Sekunden erledigt. Die Geophone zeichnen das Echo der Vibrationen aus dem Untergrund auf. Aus den Daten lässt sich ein genaues Bild des Erdbodens erstellen.
Das gibt es so bisher noch nicht: „Für das bestehende Kavernenfeld ist alles ok“, sagt Stefan Meyer. Da habe die SGW einen guten Eindruck. Für jede Weiterentwicklung im Westen des Gebietes werde das genaue Bild aber benötigt. Und in dem Zug will die SGW auch das bestehende Kavernenfeld nacherkunden. Diese Technik habe es vor Jahren einfach noch nicht gegeben. Damals waren beispielsweise besiedelte Flächen völlig tabu.
Weil nur per Spreng-Seismik gemessen werden konnte: In fünf bis zehn Metern tiefen Bohrlöchern werden spezielle Sprengladungen gezündet. Auch deren Echo wird aufgezeichnet. Selbst wenn diese Sprengungen an der Oberfläche kaum wahrnehmbar seien, dürfen sie nicht in der Nähe bebauter Flächen gezündet werden. „Siedlungen sind für uns deswegen weiße Flecken auf der Karte“, sagt Stefan Meyer.

Das soll sich jetzt ändern. Zwischen 10.000 und 12.000 Geophone werden während der Untersuchung immer ausliegen. Wie eine Welle soll sich die Untersuchung von West nach Ost durch das Gebiet bewegen. Dabei komme es nicht zwangsläufig darauf an, tatsächlich alle geplanten Punkte auch praktisch zu erfassen.
Wenn die Eigentümer oder Pächter den Vermessungsingenieuren den Zutritt beispielsweise nicht gestatten, müssen sie einen Bogen machen und die Punkte auslassen. Auch in den Naturschutzgebieten gibt es besondere Auflagen. „Da sind wir im engen Austausch mit der Biologischen Station Zwillbrock“, sagt Jan Zäumer. Der Geograf des Unternehmens Geo Service koordiniert die verschiedenen Genehmigungen und Abläufe.
Das gehe soweit, dass manche Gebiete überhaupt nicht betreten werden dürfen. Nicht einmal, um die Geophone auszulegen. Gebiete etwa, in denen Kreuzottern oder Moorfrösche leben. Ausdrücklich sei die Untersuchung auch in eine Zeit gelegt, in der keine brütenden Vögel – oder auch nur durchziehende Arten – gestört werden können. „Das macht es natürlich schwerer, die Daten zu erfassen“, sagt Jan Zäumer. Aber diese Tabu-Zonen gelte es natürlich einzuhalten.
Mehr Messpunkte als Kavernen
Umgekehrt sei aber auch nicht überall dort, wo gemessen wird, zukünftig mit Aktivitäten der SGW zu rechnen. Messpunkte seien im weiten Umkreis verteilt, um ein vollständiges Bild zu erhalten.
Ähnlich wie bei der Ultraschalluntersuchung einer Schwangeren. „Da wird ja auch rundherum der ganze Bauch abgehört“, sagt Jan Zäumer. Und im Grund sei die 3D-Seismik davon gar nicht so verschieden. „Nur dass wir hier mit viel größerer Energie arbeiten“, sagt Jan Zäumer und lächelt.
Auch jetzt soll noch gesprengt werden. An Punkten, die von den schweren Fahrzeugen nicht befahren werden können. Etwa, weil der Untergrund nicht trägt. Das seien aber deutlich weniger als die zunächst geschätzten 1800 Sprengpunkte. Das Wetter spiele gut mit. Der Boden sei tragfähig. Das hätten viele Landwirte bereits angekündigt.
Überschaubares Projekt
Insgesamt sei das Projekt vergleichsweise überschaubar. „Wir reden von einer Fläche von insgesamt rund 60 Quadratkilometern“, macht Stefan Meyer deutlich. In Münster beispielsweise wird aktuell auf rund 350 Quadratkilometern der Untergrund untersucht. Dort geht es um Geothermie. Gesprengt wird dort innerhalb der Stadtgrenzen allerdings nicht.
Dennoch steckt hinter dem Projekt im Amtsvenn ein enormer Aufwand: Insgesamt werden rund 60 Mitarbeiter im Gelände unterwegs sein. Kostenpunkt des gesamten Verfahrens: 2,5 bis 3,5 Millionen Euro. Wenn die Maschinen wie geplant Ende des Jahres wieder abrücken, müssen die Rohdaten erst einmal aufwendig ausgewertet werden. Das dauert noch einmal etwa ein halbes Jahr.
Die Daten werden am Ende öffentlich zugänglich gemacht. Sowohl die Rohdaten als auch die Auswertungen. Die einmal gesammelten Daten bleiben auch in fernerer Zukunft wertvoll. Etwa wenn es neue Möglichkeiten zur Auswertung gebe, von denen aktuell noch keine Rede ist. Aktuell gehe es aber erst einmal um die mögliche Schaffung neuer Kavernen.
Auch das geschehe aber nicht von heute auf morgen. Frühestens Anfang der 2030er-Jahre sei damit zu rechnen. „Bis dahin wird nicht viel passieren“, sagt Stefan Meyer. Keinen Zusammenhang habe die aktuelle Untersuchung mit den Planungen für einen Druckluftspeicher bei Alstätte.
Infotag soll Messverfahren erklären
- Mit einem Infotag möchte die SGW allen Betroffenen und Interessierten die Technik und das Verfahren der 3D-Seismik im Detail erklären. Dann soll auch einer der Vibro-Trucks vor Ort sein und demonstrieren, wie eine Messung abläuft.
- Der Infotag ist für Donnerstag, 21. November, geplant. Von 14 bis 19 Uhr erklären die Beteiligten im Landgasthof Gerwing-Wulf (Brinkerhook 33) das Prinzip.