
© Martin Borck
Schneller zum „Booster“: Impftourismus aus den Niederlanden ist nicht erwünscht
Corona-Pandemie
Während die Booster-Impfkampagne in Deutschland bereits Fahrt aufgenommen hat, müssen sich viele Niederländer noch gedulden. Immer mehr von ihnen kommen jetzt zum Impfen über die Grenze zu uns.
Am Dienstag hat sich eine Schlange vor dem Impfmobil des Kreises Borken gebildet – und hier wird nicht nur Deutsch gesprochen. Unter den Menschen, die sich den ersten, zweiten oder dritten Pieks gegen Corona holen wollen, sind viele Niederländer. Sie sind extra für die Corona-Impfung nach Gronau gekommen.
Und das aus einem guten Grund: Auf der anderen Seite der Grenze gilt nämlich seit dem Wochenende nicht nur ein harter Lockdown, auch ist die Regelung mit den Booster-Impfungen eine andere. In den Niederlanden sind Auffrisch-Spritzen im Moment vorrangig für ältere Menschen vorgesehen, deren vorige Impfung mindestens sechs Monate zurückliegt. Der Rest muss sich noch gedulden – oder zu den deutschen Nachbarn fahren.
Immer mehr Niederländer kommen
Dabei hat es immer einen gewissen Anteil von Impflingen aus den Niederlanden gegeben: „Das ist schon mehr geworden, seit ein paar Tagen nimmt das zu“, sagt Dr. Elisabeth Schwenzow, Ordnungsdezernentin des Kreises Borken, der Redaktion. Grundsätzlich ist das aus ihrer Sicht auch kein Thema: „Wir haben genug Impfstoff. Nur die gesamten Niederlande können wir nicht impfen.“
Dabei nutzen die Gäste vor allem die offenen, niedrigschwelligen Angebote wie das Impfmobil des Kreises. Alternativ könnte auch die Chayns-App genutzt werden, aber das ist laut Elisabeth Schwenzow für die Niederländer schwieriger. Da ist das Anstellen an der Schlange des Impfmobils die einfachere Variante.
Impfwillige aus Amsterdam im Kreis Borken
Und die Anziehungskraft der deutschen Angebote ist groß: Teilweise nehmen die Menschen weite Anfahrtswege auf sich. Die Impflinge kommen nicht nur aus der Grenzregion. Elisabeth Schwenzow berichtet von einer Frau, die für den Booster aus Amsterdam in den Kreis Borken gekommen ist.
Die niederländische Tageszeitung de Gelderlander zitierte am Montag den 56-jährigen Luc Poels aus Winterswijk, der sich in Borken hat impfen lassen. „Am Samstag habe ich meine Booster-Impfung bekommen. Ich habe von einem Cousin, der dort arbeitet, gehört, dass man ohne Termin einfach hingehen kann.“ Und: „Wenn ich warten muss, bis ich in den Niederlanden an der Reihe bin, dann ist das Omikron-Virus auf dem Höhepunkt.“
Eigentlich nicht zulässig
Aber geht das so einfach – über die Grenze, pieksen lassen und dann wieder zurück in die niederländische Heimat? Auf Nachfrage verweist Kreis-Pressesprecher Karlheinz Gördes auf die die Coronavirus-Impfverordnung. Darin ist geregelt, wer einen Anspruch auf die Spritze hat. Dazu zählen demnach:
- Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung versichert sind
- Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben
- sonstige Personen, die sich zur medizinischen Behandlung in Deutschland aufhalten
Das sollte beim Termin am Impfmobil auch überprüft werden, etwa indem die Niederländer einen Ausweis, eine Krankenversicherungskarte oder ihren Arbeitsvertrag vorzeigten. Auch Niederländer mit deutscher Krankenversicherung könnten sich am Impfmobil anstellen, so Kreissprecher Karlheinz Gördes.
Nur: Finden auch Kontrollen statt? Eine niederländische Staatsbürgerin, die in Deutschland arbeitet und somit hier impfberechtigt wäre, berichtet, dass sie nicht kontrolliert worden ist.
Nur Restbestände für Impf-Touristen?
Beim Kreis Borken heißt es dazu: Grundsätzlich könne das Vorliegen eines Impfanspruchs auch beim Impfmobil erfragt werden, doch eine lückenlose Kontrolle seien bei den Impfungen ohne Termine kaum möglich. Bei zur Verfügung stehenden freien Kapazitäten und Impfstoffen, die sonst drohen würden abzulaufen, könnten aber auch nicht berechtigte Personen – nachrangig – geimpft werden.
„Das Virus macht ja an Landesgrenzen auch nicht halt“, so Kreis-Sprecher Karlheinz Gördes. Bislang hätten die Impfungen von niederländischen Staatsbürgern in dem vorgeschriebenen Rahmen stattgefunden, erklärt er in seinem schriftlichen Statement. Aber: „Je nach Impfgeschehen müssen gegebenenfalls gesonderte Überprüfungen eingeführt werden.“
Schneller zum Nachweis wegen des Skiurlaubs?
Für die Grenzpendler, die für die Arbeit die Grenze nach Deutschland überqueren, sollte Impfen gern auf deutscher Seite möglich sein. Aber Niederländer impfen, damit diese den nötigen Impfnachweis für den Ski-Urlaub bekommen können? Das lieber nicht. Geht es nach dem Kreis Borken und der Euregio, dann bleibt es auch in Zeiten von Omikron und dem verschärften Lockdown in den Niederlanden dabei, dass ein Impftourismus von den Niederlanden ins deutsche Grenzgebiet nicht erwünscht ist.
Marie-Lou Perou, Pressesprecherin bei der Euregio in Gronau betont im Gespräch mit der Redaktion, dass das Impfen im Nachbarland für Grenzarbeiter und all jene Niederländer gedacht sei, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort diesseits der Grenze hätten und nicht dazu, eine Booster-Impfung für den Ski-Urlaub in Österreich zu bekommen.
Grundsätzlich weist die Euregio darauf hin, dass wegen der angespannten Coronalage die Menschen im Grenzgebiet auf den sonst üblichen Freizeit-Pendelverkehr verzichten sollten. Zuletzt war vermehrt beobachtet worden, dass Niederländer die bei ihnen ohnehin schon schärferen Lockdown-Regeln wie das frühzeitige Schließen der Restaurants umgehen, indem sie auf deutscher Seite ausgehen.
Landrat Dr. Kai Zwicker hatte noch am Montag an die Bewohner im Grenzgebiet appelliert, bei Besuchen im Nachbarland die jeweils dort geltenden Regeln zu beachten. „Wichtig ist insgesamt, dass man die Regelungen auch einhält; insbesondere, dass man in Innenräumen Maske trägt“, so Zwicker, der zurzeit aber grundsätzlich von nicht notwendigen Besuchen im jeweiligen Nachbarland abrät. „Die Deutschen sollten in ihrem Land bleiben, die Niederländer in den Niederlanden“, so Zwicker.