„Mama Livia“ fehlt in der Küche die klare Linie - aber der Service überzeugt komplett

© Markus Gehring

„Mama Livia“ fehlt in der Küche die klare Linie - aber der Service überzeugt komplett

rnRestaurant-Check

Mama Livia ist in Alstätte eine feste Größe. In unserem Restaurant-Check wusste der Service komplett zu überzeugen – die Küche nicht immer. Wir haben das Restaurant unter die Lupe genommen.

Ahaus

, 29.06.2019, 12:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Das „Ristorante Mama Livia“ ist in Alstätte schon eine echte Institution. Der Name klingt italienisch – und ist es auch. Dennoch werden hier nach eigenen Angaben auch deutsche und internationale Spezialitäten angeboten. In der Küche steht mit Inhaber Nobert Kottig ein Deutscher. Wir sind gespannt, was sich hinter diesem Mix verbirgt und reservieren an einem Freitagabend einen Tisch für zwei Personen. Wir verspäten uns um eine halbe Stunde. „Kein Problem“, erklärt eine freundliche Dame mit italienischem Akzent am Telefon.

Als wir bei strömendem Regen eintreffen, werden wir mit genau dieser Freundlichkeit am Eingang empfangen. Es ist 20.30 Uhr, die erste „Fuhre“ hat sich schon wieder verabschiedet. Sofort fällt auf, dass am Servicepersonal nicht gespart wird. Positiv: Obwohl längst nicht jeder Tisch besetzt ist, steht keine der ausschließlich weiblichen Kellnerinnen herum. Alle bringen sich aktiv ein, um dem Gast einen angenehmen Abend zu bereiten. Die Inneneinrichtung wirkt allerdings etwas altbacken. Stühle und Tisch erinnern an den Speisesaal einer Jugendherberge.

Das Mobiliar ist etwas in die Jahre gekommen, dafür wird liebevoll dekoriert.

Das Mobiliar ist etwas in die Jahre gekommen, dafür wird liebevoll dekoriert. © Markus Gehring

Die Speisekarte

Kaum haben wir uns gesetzt, wird uns die Speise- und Getränkekarte gereicht. Schon auf den ersten Blick wird klar: Wir haben die Qual der Wahl. 39 Pizzen, 11 Pastagerichte, 4 Schnitzelgerichte, 3 Geflügelgerichte und jeweils 5 Gerichte mit Schwein oder Rind. Und das sind nur die Hauptspeisen. Dazu kommt die saisonale Spargelkarte, die noch einmal eine große Auswahl bietet.

In meinen Ohren erklingt sofort die Stimme von Christian Rach, dem ehemaligen Restaurant-Tester von RTL: „Ich misstraue jeder Speisekarte mit mehr als 15 Hauptgerichten.“ Natürlich gibt es genügend Gegenbeispiele für dieses Zitat, allerdings fehlt der Speisekarte von Mama Livia eine klare Linie. Braucht es wirklich ein Putenschnitzel „Hawaii“ mit Pfirsichen und Ananas?

Die Vorspeise

Auch bei den Vorspeisen gibt es eine große Auswahl. Fünf Suppen, drei kalte und vier warme Vorspeisen stehen zur Auswahl. Auf der Spargelkarte finden sich drei weitere. Auch hier fehlt der rote Faden. Die drei kalten Vorspeisen entstammen der italienischen Küche, unter die warmen Vorspeisen hat sich aber zum Beispiel der gebackene Camembert mit Preiselbeeren, Toast und Butter gemischt.

Meine Begleitung möchte sich überraschen lassen und bestellt die „Antipasto Misto“. Meine Wahl fällt auf die „Funghi al Forno“, mit Hackfleisch gefüllte Champignonköpfe mit Tomate, Knoblauch, Mozzarella und ofenfrischem Pizzabrot. Diese Bestellung amüsiert die Kellnerin. „Ich möchte euch ja nicht reinreden, aber kennt ihr unsere Portionen?“, fragt sie vielsagend. Nein, wir sind heute zum ersten Mal hier und lassen uns deshalb gerne beraten.

„Diese beiden Vorspeisen gehen anderswo als Hauptspeise durch. Ich habe aber eine andere Idee“, erklärt die Kellnerin. Sie empfiehlt uns, eine hauchdünne Pizza mit Parmaschinken zu bestellen und diese mit einer Portion Stangenspargel zu kombinieren. „Das schmeckt fantastisch, macht nicht zu satt und den Spargel gibt es nächste Woche nicht mehr.“ Wären wir so nie drauf gekommen, aber wir lassen uns gerne überraschen.

Die Pizza mit Parmaschinken war knusprig und passte gut zu dem Spargel.

Die Pizza mit Parmaschinken war knusprig und passte gut zu dem Spargel. © Johannes Schmittmann

Es dauert keine zehn Minuten, bis dieselbe Kellnerin uns die ungewöhnliche Kombination serviert. Zur Sicherheit wird separat auch noch etwas Sauce Hollandaise gereicht. Auf den ersten Blick und Bissen gewöhnungsbedürftig, dann aber erstaunlich lecker. Vor allem nach einem langen Arbeitstag und reichlich Hunger ein guter Start in den Abend. Die Sauce Hollandaise bleibt allerdings unberührt.

Der Spargel war noch bissfest und hatte einen intensiven Geschmack.

Der Spargel war noch bissfest und hatte einen intensiven Geschmack. © Johannes Schmittmann

Die Hauptspeise

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wir brauchen einige Zeit, bis wir uns durch die lange Karte gearbeitet haben. Eigentlich hatte meine Freundin sich schon auf ein Spargel-Gericht festgelegt, allerdings schwenkt sie nach der Vorspeise noch einmal um. Doppelter Spargel muss nicht sein. Also wählt sie die „Scaloppina alla Marsala“, drei Schweinemedaillons mit Marsala-Likör, frischem Gemüse und hausgemachten Kroketten.

Ich nehme das „Filetto al Pepe“, ein Rinderfiletsteak mit gestoßenem Pfeffer, Champignons, Pfeffersauce, Rösti und Salat. Mein Sonderwunsch, Rösti bitte gegen Bratkartoffeln zu tauschen, wird problemlos entgegen genommen. Ein paar Minuten später kehrt die Kellnerin allerdings an unseren Tisch zurück und teilt meiner Freundin mit, dass es leider keinen Marsala mehr im Haus gebe: „Lieferprobleme“. Man werde versuchen, die Süße des Likörs anders herzustellen.

Die Schweinefilets waren zart und saftig, das Gemüse allerdings in Sauce Hollandaise ertränkt.

Die Schweinefilets waren zart und saftig, das Gemüse allerdings in Sauce Hollandaise ertränkt. © Johannes Schmittmann

Genau wie bei der Vorspeise geht es erstaunlich schnell, bis die heißen Teller auf unserem Tisch stehen. Optisch ist mein Rinderfilet ein echter Hingucker. Die Kruste ist dunkelbraun, an den grob gemahlenen Pfefferkörnern wurde nicht gespart. Dieser gute erste Eindruck wird leider beim Geschmackstest etwas getrübt. Von „medium“ ist dieses Steak leider ziemlich weit entfernt. An der breitestens Stelle ist es im Kern mit viel Wohlwollen „medium plus“, der (große) Rest ist leider durch. Allerdings muss ich mir auch an die eigene Nase fassen. Ich habe es versäumt, bei der Bestellung die Garstufe mit anzugeben. Dennoch sollte ein Steak „medium“ serviert werden, wenn die Garstufe nicht abgefragt wird.

Optisch war das Filetsteak ein Highlight, geschmacklich wusste es nicht ganz zu überzeugen.

Optisch war das Filetsteak ein Highlight, geschmacklich wusste es nicht ganz zu überzeugen. © Johannes Schmittmann

Meine Freundin ist hingegen vom Fleisch begeistert. Das Schweinefilet ist butterweich, im Kern rosa und die süßliche Note der Sauce passt gut dazu. Es bleibt aber ein Rätsel, warum dazu Gemüse mit reichlich Sauce Hollandaise serviert wird. Woran hingegen gar kein Zweifel besteht: Bei Mama Livia wird man satt.

Gut zu erkennen: Das Fleisch ist nicht medium, sondern sehr nah an well done.

Gut zu erkennen: Das Fleisch ist nicht medium, sondern sehr nah an well done. © Johannes Schmittmann

Das Dessert

Obwohl wir uns bei der Vorspeise noch haben umstimmen lassen, ist kaum noch Luft für ein Dessert. Wir entschließen uns, eine Nachspeise zu teilen. Herrencreme und Tiramisu sind leider aus. Zur Auswahl stehen Panna Cotta und Vanilleeis mit Erdbeeren. Wir nehmen das Eis und bestellen auf Wunsch meiner Begleitung noch extra Schokosauce dazu. „Darf ich sie ein bisschen erwärmen?“, fragt die schon den ganzen Abend über sehr zuvorkommende Kellnerin. Dieses Angebot nehmen wir gerne an.

Eine riesige Portion zum Nachtisch: Der Eisbecher mit Erdbeeren.

Eine riesige Portion zum Nachtisch: Der Eisbecher mit Erdbeeren. © Johannes Schmittmann

Und auch diese Portion ist gigantisch. Wenigstens fünf Kugeln Vanilleeis werden mit reichlich Erdbeeren und Erdbeerpüree garniert. Wir kämpfen uns erfolgreich durch, nur die Sahne löffeln wir auf den beigestellten Teller.

Das Fazit

Manchmal ist es bei Restaurants wie bei hochtalentierten Fußballern. Sie haben ein riesiges Potenzial, bringen die PS aber zu selten auf die Straße. Bei Mama Livia ist es ähnlich. Bei der Vorspeise und den Schweinefilets zeigte sich, dass hier keine Stümper am Werk sind. Ganz im Gegenteil. Leider sorgen Kleinigkeiten dafür, dass das Gesamtbild getrübt wird. Auch die riesige Speisekarte wirft Fragen auf. Ein hervorragender, herzlicher Service reißt allerdings sehr viel raus.

Die Preise

Die Preise zeigen keine großen Abweichungen nach oben oder unten. 88 Euro für zwei Personen sind ok. Das Rinderfilet kostete 26,50 Euro, die Marsala-Schweinefilets 17,30 Euro. Der Erdbeerbecher war mit 6,50 Euro für diese Größe sehr günstig.

Kinderfreundlichkeit

Auf der Speisekarte finden sich Gerichte für Kinder. Ansonsten bietet die Karte so viel Auswahl, dass dort auch Kinder fündig werden.

Barrierefreiheit

Der Eingangsbereich und die Toiletten sind barrierefrei.

Anfahrt und Parken

Mama Livia liegt an der Haaksbergener Straße und ist über die B70 gut zu erreichen. Parkplätze sind ausreichend vorhanden.

Das sagt das Netz

Die Google-User vergeben Bestnoten an das Alstätter Restaurant. 4,5 von 5 Sternen sind ein sehr guter Wert. Erst am Freitag vergab Userin

Lena Heiligmann vier Sterne und schrieb: „Leckeres und frisches Essen! Die Pizza ist nicht fettig, sondern schön knusprig! Nette Bedienungen und faire Preise! Allerdings sitzt man sehr beengt.“

Restaurant Info

Ristorante Mama Livia

48683 Ahaus-Alstätte

Tel. (02567) 720

E-Mail: info@mamalivia.de

www.mamalivia.de

So funktioniert der Restaurant-Check

Wir gehen ohne Vorankündigung in die jeweilen Restaurants – als ganz normale, zahlende Gäste. Wir sind keine Gastro-Experten, sondern einfach Menschen, die gerne an schönen Orten essen. Wir beschreiben die Läden so, wie wir über sie auch mit Freunden und Bekannten sprechen würden. Mit ihren Schwächen, mit ihren Stärken. Ehrlich.