
© Andreas Bäumer
Radeln nach Zahlen: Knotenpunktnetz wird bis zu den Sommerferien fertig
Radtouren
Wer kennt sie nicht, die rot-weißen Pfeilwegweiser für die Radwege. Nach langer Planung und dem Vorbild der Niederlande werden diese nun kreisweit ergänzt. Die Knotenpunkte kommen.
von Andreas Bäumer
Ahaus, Heek, Legden, Stadtlohn, Südlohn, Vreden
, 28.05.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min„98-95-63-45-46-1“. So habe ich mir den Weg von Ahle nach Heek aufgeschrieben, in Knotenpunkten. Er führt übers Land, vorbei an historischen Kirchen, über die Dinkelwiesen mit einem Schlenker durch den musikalischen Dorfkern von Nienborg zurück an die Dinkel. Die Route habe ich digital zusammengestellt, doch dazu später.

Der Knotenpunkt 45 mit Blick auf die Dinkelwiesen in Heek ist mitsamt Plan des Nahbereichs bereits fertig. Bis zu den Sommerferien soll das gesamte Knotenpunktnetz im Kreis stehen. © Andreas Bäumer
Der Knotenpunkt 1 liegt an Nienborgs westlichem Ortsausgang. „Nicht weit von der Tankstelle“, hat Heidi Schiller vom Fachbereich Touristik der Gemeinde Heek gesagt. Ich will sie dort treffen.
Schnell geht’s entlang der Straße, schön geht’s nach Knotenpunkten
Knotenpunkte sind mit nummerierten, roten Hütchen auf den Pfeilwegweisern an Weggabelungen markiert, immer dort, wo Radfahrer überlegen könnten, wie es weitergeht. Hier sind auch Pläne installiert, die die Umgebung, Radrouten und nächste Punkte zeigen. Zwischen den Knoten helfen einfache rote Pfeile und Pfeilwegweiser mit den Nummern des nächsten Knotenpunkts.

Der Plan am Knotenpunkt 1 in Heek zeigt die Knotenpunkte in der Umgebung und die Radrouten. © Andreas Bäumer
Weil ich es eilig habe, verschmähe ich die Nummern und fahre den schnellen Weg an vielbefahrenen Straßen. Entlang dieses Weges kann ich auch Pfeilwegweisern folgen, denn einige von ihnen sind Alltagswegen zugeordnet. Knotenpunkte sind hier nicht.
Wer ihnen folgt, fährt nicht den schnellsten Weg, aber einen schönen. Hans-Joachim Gerdemann sagt das so: „Es ist in erster Linie ein touristisches Wegenetz über die landschaftlich schönsten und erlebnisreichsten Wege mit möglichst wenig Autoverkehr.“ Gut vier Fünftel des bereits gut 20 Jahre existierenden Pfeilwegweisernetzes wird im Knotenpunktnetz aufgehen, schätzt Gerdemann.
Möglichst großer Gleichklang ist das Ziel
Er betreut für das regionale Netzwerk Münsterland e.V. den Tourenplaner Münsterland und hilft beim Knotenpunktsystem „möglichst großen Gleichklang herzustellen“. Für ihn und die daran beteiligten Kreise und Kommunen begann die Arbeit daran schon vor einiger Zeit.
Die Federführung liegt bei den Kreisen, das Geld stammt zu 30 Prozent von ihnen und zu 70 Prozent aus der NRW-Nahverkehrsförderung. So sagt Daniela Glimm-Lükewille vom Kreis Borken, die hier koordiniert. Sie erinnert: „Wir haben im Herbst 2019 angefangen. Bis zu den Sommerferien soll das stehen.“ Das wäre Anfang Juli.

Digital: Für seine Seite VeloNavi.de hat Albrecht Liesmann die Knotenpunkte des Kreises Borken digitalisiert. Doch auch im Radroutenplaner NRW sind sie online bereits verzeichnet. © Andreas Bäumer
Die Knotenpunkte sind im Nordkreis bereits in Heek, Legden, Stadtlohn und Südlohn installiert. Vreden und Gronau sind in Arbeit. Ahaus, Schöppingen und Gescher noch nicht. Auch der Südkreis ist fast fertig.
Touristiker und Bauamtsmitarbeiter übernahmen Planungsarbeit
Lokal sind Arbeitsgruppen aus Touristikern und Bauamtsmitarbeitern beteiligt, in Heek Heidi Schiller und Herbert Gausling vom Bauamt. Beide habe ich am Knotenpunkt 1 getroffen. Um uns sind Wiesen, Wasser, ein ruhiger Wirtschaftsweg und ein kleiner Weg nur für Fußgänger und Fahrradfahrer, im Hintergrund die Silhouette des Hohen Hauses.

Heidi Schiller für den Tourismus und Herbert Gausling für das Bauamt haben in Heek die Einführung der Knotenpunkte mit geplant und vorbereitet. © Andreas Bäumer
„Gut zweieinhalb Jahre haben wir geplant. Nur kleinere Strecken wurden verlegt“, berichtet Gausling. Auch Gemeinden wie Stadtlohn haben die Streckenführung teils geändert. Dort ist nun ein Knotenpunkt vor dem Rathaus. Touristen fahren so direkt über den Marktplatz, berichtet Martin Auras vom Stadt-Marketing Stadtlohn.
Wegen des Anradelns in Heek und Legden wurde dort der Bau der Knotenpunkte vorgezogen. Das Rad-Event war für den Pfingstmontag geplant und fiel der unsicheren Pandemielage zum Opfer. Heidi Schiller bedauert das.
Natürlich verkauft sie dennoch die Radwanderkarte Kreis Borken mit den Knotenpunkten und gibt gratis Lenker-Anhänger aus. Diese sind eine sehr einfache Möglichkeit, einen Tourenplan mitzuführen.

Analog: Jennifer Laing zeigt einen Lenker-Anhänger mit der vorgedruckten Nummernfolge einer Tagestour rund um Ahaus. Wer mag, kann sich die Knotenpunktnummern entlang des Weges auch selbst aussuchen und schnell notieren. © Andreas Bäumer
Nach dem Gespräch packte ich meinen Zettel aus und fuhr entspannt den Rückweg. Die Zahlenfolge ließ sich rückwärts lesen. Am Knotenpunkt 45 mit Blick auf die Dinkelwiesen traf ich einen Radfahrer aus Gevelsberg.
Einfach den Knotenpunkten folgen
Der Gevelsberger fährt häufig Touren im Kreis Borken. Dafür nutzt er nicht die Knotenpunkte, sondern selbst erstellte Routen in seinem Fahrradnavi. Beim Routenplanen folgt er beispielsweise der Flamingo-Route, die hier an der 45 vorbeiführt.
Meine eigene Route verdanke ich der Arbeit von Albrecht Liesmann. Er ist ein Fahrradvielfahrer aus Rhede. Mit seiner Website velonavi.de will er eine Alternative zu großen Tourenplanern bieten. Die Knotenpunkte des Kreises Borken hat Liesmann für seine Seite digitalisiert.
Experte: „Ein guter Anfang“
Er ist auch Redakteur bei der Open Street Map (OSM). Die ehrenamtliche Community erweitert diese digitalen Karten stetig, auch im Radbereich. Nicht alle hiesigen Knotenpunkte sind schon verzeichnet. Den besten Überblick darüber liefert derzeit der Radroutenplaner NRW. Dienste wie Komoot und Outdooractive verlassen sich auf die Community der OSM.
Albrecht Liesmann hält das System im Kreis für einen guten Anfang. In den Niederlanden sei es perfektioniert worden. Er sagt: „Knotenpunkttouren sind etwas länger. Die Entwickler haben Gastronomie und Sehenswürdigkeiten im Kopf. Wer ein bestimmtes Ziel im Auge hat, sollte eher eine individuelle GPS-Tour planen.“
Knooppunten stammen aus Belgien
Der Tag in Heek war einer der wenigen trockenen Tagen während meiner Recherche. Während der Regentage habe ich telefoniert und bin mit dem Auto nach Vreden gefahren, um einige Menschen zu treffen, die hart am Knotenpunktsystem gearbeitet haben.
Die Knooppunten stammen aus Belgien und sind dort und in den Niederlanden weit verbreitet. Dort sind sie grün und direkt mit den deutschen Radknoten verbunden. „Schon sehr lange sind die Pfeilwegweiser direkt entlang der Grenze Zwitter, die auch einen Knotenpunkt darstellen“, sagt Karin Otto vom Vredener Stadtmarketing (VSM). Radtouristen finden so sehr einfach den Weg über die Grenze.

Alles schon im Knotenpunktsystem: Karin Otto präsentiert die Karten der lokalen NaturTour, der Flamingoroute und die kreisweite Radwanderkarte des Bielefelder Verlags. © Andreas Bäumer
Schon in ihrer Zeit als Touristikerin in Südlohn habe sie sich gemeinsam mit Herbert Schlottbom dafür eingesetzt. „Die Niederlande sind der wichtigste touristische Quellenmarkt für das Münsterland“, sagt Karin Otto.
Ihr ist wichtig, dass „nicht jeder so sein Süppchen kocht, sondern das vorhandene Radverkehrsnetz NRW nutzt, auch für lokale Routen.“ Sie freut sich somit, dass die Biologische Station Zwillbrock die Flamingo-Route inzwischen mit Knotenpunkten herausgibt. Das VSM lässt auch seine Natur-Touren den Punkten folgen.
Naturtouren in Vreden werden ausgeweitet
Die Natur-Touren sind lokale Radtouren nach Dr. Hermann Terhalles Buch „Vreden entdecken“. In den handlichen Radkarten finden sich Texte zu Sehenswürdigkeiten am Weg und wichtige touristische Adressen.
Das Besondere an den Natur-Touren sind ihre Informationen zur Barrierefreiheit. Die wichtigen touristischen Adressen, also Museen, Hotels, Restaurants sind „Reisen für Alle“-Partner. Für sie verzeichnet die Seite reisen-fuer-alle.de genau, ob und wie barrierefrei sie für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen sind.
Ab Mitte Juni soll die Karte der zweiten Tour herauskommen, die dritte ist in Planung. Zur Eröffnung der Natur-Tour II war für den 20. Juni ein Event mit Ständen verschiedener ehrenamtlicher Organisationen geplant. Es kann aufgrund der Pandemielage so noch nicht stattfinden. Eine Alternative ist aber in Planung, versichert Karin Otto.
Regenwetter bremste die Beschilderung
Am Knotenpunkt 14 nahe Ellewick traf ich Norbert Bock und Lukasz Bollek, zwei Schilderbauer der Rheder Firma ADCO, die hier einen neuen Pfosten mit den Pfeilwegweisern sowie den Hütchen und Einschüben mit Knotenpunktnummern aufgestellt haben.
Regen und planerische Unwägbarkeiten bremsten ihre Arbeit. Vergangene Woche arbeiteten zwei Teams der Firma an den Knotenpunkten im Kreis, ab dieser Woche werden es drei sein. Und wenn alles gutgeht, können Einheimische alle Gäste, die hier radeln wollen, einfach zum nächsten Knotenpunkt verweisen.