Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder: Am Freitag wurde bekannt, dass sich die Ampelkoalition darauf geeinigt hat, dass die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent steigt.
Für Dirk Rolfes, Inhaber der Marktschänke im Herzen von Ahaus, ist die Erhöhung zum Jahreswechsel keine große Überraschung. Dafür umso mehr eine Katastrophe: „Ich werde mit den Preisen für Speisen zehn Prozent hochgehen müssen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Ihm bleibe schlicht nichts anderes übrig. „Es ist ja so alles schon knapp genug“, sagt er. Und es bleibe ja nicht bei der Steuer: Maut und Stundenlohn würden auch steigen. Damit also auch die Kosten für den Einkauf. „Die muss ich weitergeben“, sagt er. Was das für die Zahl der Gäste bedeutet? „Wenn weniger kommen, dann ist das eben so“, macht er deutlich.
Keine Sorgen vor der Zukunft macht sich auch Christian Drebber vom gleichnamigen Restaurant und Hotel: Dennoch werden sich auch seine Gäste auf neue Preise einstellen müssen. „Wir wissen noch nicht, wo die Reise hingeht“, sagt er.
Die Senkung der Steuer sei ja nur eine Übergangsmaßnahme gewesen. „Man musste sich darauf einstellen, dass das wieder zurückgenommen wird“, erklärt er. Für seinen Betrieb heißt das dennoch, dass bald die Preise steigen werden. „Ich habe sie aber auch seit zwei Jahren nicht angehoben“, fügt er hinzu.
Mehrkosten – beispielsweise für Energie und Einkauf – hatte er bisher durch die niedrigere Steuer auffangen können. Wenn nun die Steuer wieder steigt, müsse er reagieren. Nicht schön, aber auch nicht zu verhindern. Auch er verweist auf gestiegene Mindestlöhne und weitere Nebenkosten. „Das war aber alles so zu erwarten“, erklärt er ganz deutlich.
In der Haarmühle stehen manche Speisen auf der Kippe. „Manche Produkte werden durch die höhere Steuer jetzt einfach extrem teuer“, sagt Guido Brüggemann, Betreiber der Haarmühle. Welche genau lässt er dabei am Freitag noch offen.
„Wir müssen aber sehen, ob alles so wie bisher auf der Karte bleibt“, fügt er hinzu. Auch er rechnet damit, dass weniger Gäste kommen werden. „Zumindest im ersten Quartal“, glaubt er. Das stelle den Betrieb zwar vor einige Schwierigkeiten, komme aber eben auch nicht überraschend: „Die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen war ja zeitlich befristet“, erklärt er.
Gastronomie bereichert sich nicht
Für Martin Bienhüls vom Geschäftsstellenbereich Münsterland des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga ist das eine nur schwer zu erfassende Situation: „Viele wissen noch gar nicht, wie sie damit umgehen sollen“, macht er gegenüber unserer Redaktion deutlich. Anfang der Woche sei er noch sehr optimistisch gewesen.
Jetzt dieser Rückschlag. „Der Eindruck entsteht ja schnell, dass die Gastronomie sich bereichern will“, sagt er mit Blick auf die anstehenden Preiserhöhungen. Das stimme natürlich nicht. Es gehe um Mehreinnahmen für den Staat.

Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, hatte die Bundesregierung den Steuerersatz auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres.
Im September hatte das Bundesfinanzministerium Zahlen vorgelegt: Demnach beläuft sich die Reduzierung der Umsatzsteuer für die Gastronomie auf bisher rund 3,4 Milliarden Euro.
Martin Bienhüls geht davon aus, dass durch die Rückkehr zum alten Steuersatz bundesweit bis zu 12.000 Gastronomiebetriebe in die Insolvenz geraten könnten. „Weil die Menschen viel weniger und gezielter Ausgehen werden“, sagt er.
„Erbärmliche Jammerei soll aufhören“
Scharfe Worte findet Tobias Groten, Gründer und Geschäftsführer der Tobit.Labs, die in Ahaus eine ganze Reihe gastronomischer Betriebe führen. Seine Kritik richtet sich allerdings nicht gegen das Ende der Steuersenkung sondern gegen Reaktionen aus der Gastronomie und die Forderung nach weiteren Steuersenkungen: „Wir wären wirklich auf dem Weg in eine Bananenrepublik, wenn sich bei jeder zeitlich befristeten Regelung immer gleich die Frage nach dauerhaftem Erhalt ergeben würde.“ Das Ende der temporären Senkung der Mehrwertsteuer sei für jeden absehbar gewesen.
Die Gastronomie sollte zunächst mal dankbar sein, dass man sie lange unterstützt hat und mit der erbärmlichen Jammerei aufhören.
Insgesamt gebe es kaum eine Branche, die sich so sehr vor Innovationen sträube wie die Gastronomie. Dabei gebe es unendlich viele Möglichkeiten die Erlössituation zu verbessern und Kosten zu sparen: etwa durch digitale Systeme zur Tischreservierung, künstliche Intelligenz zur Disposition von Arbeitskräften oder digitale Speisekarten.
Auch Self-order-and-Pay, also das Bestellen und Bezahlen per Smartphone, könne so ein Weg sein. Gleichzeitig könne man Preise je nach Nachfrage dynamisch gestalten. So, wie es beispielsweise bei Flugtickets, Hotelpreisen oder Eintrittskarten längst üblich ist.
Unabhängig davon sei es angemessen, die Regeln für die verschiedenen Mehrwertsteuersätze einmal zu überprüfen. „Dass Takeaway so viel günstiger ist als der Verzehr vor Ort, ist tatsächlich nicht zu erklären“, macht er deutlich.
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