Pkw landet im Garten Abschleppunternehmer Malte Hoge (25) kann Unfall immer noch nicht fassen

Malte Hoge (25) kann den Unfall in Schöppingen immer noch nicht fassen
Lesezeit

Malte Hoge schüttelt immer noch den Kopf, wenn er sich die Unfallbilder von Samstagnacht ansieht. Der 25-jährige Abschleppunternehmer aus Ahaus hat den Unfallwagen aus dem Garten in Schöppingen geborgen.

„Dass ein Auto durch zwei Vorgärten donnert, ein anderes Auto in eine Wand schießt und dann erst etliche Meter weiter in einem Garten liegen bleibt, hat man wirklich nicht alle Tage“, sagt der Ahauser.

Klar, als Vertragspartner der Polizei sehe er eine ganze Menge. Dieser Unfall wird ihm aber dennoch eine Weile im Gedächtnis bleiben. Obwohl er eigentlich versucht, eine professionelle Distanz zu wahren. „Sonst kommst du nicht mehr in den Schlaf“, sagt er und deutet durch seine Halle und über das Firmengrundstück an der Daimlerstraße. Gut 25 Unfallwagen stehen dort gerade und warten entweder auf die Verschrottung oder die Schadensregulierung.

Hinter jedem einzelnen stecke ein Schicksal. In manchen wurden Menschen schwer verletzt. In einem kam ein Mensch ums Leben. Malte Hoge zuckt mit den Schultern. „Natürlich macht man sich Gedanken, was passiert ist, wenn man an eine Unfallstelle kommt“, erklärt er. Dann setze aber eine Art Filter ein: „Ich komme wegen des Schrotts und ich fahre mit dem Schrott wieder.“

Der Unfallwagen, ein Hybridfahrzeug mit hoher Leistung, ist ein komplettes Wrack. Der Fahrer, ein 33-jähriger Mann aus Steinfurt, soll unter Alkohol am Steuer gesessen haben.
Der Unfallwagen, ein Hybridfahrzeug mit hoher Leistung, ist ein komplettes Wrack. Der Fahrer, ein 33-jähriger Mann aus Steinfurt, soll unter Alkohol am Steuer gesessen haben und viel zu schnell gefahren sein. © Stephan Rape

Nach dem ersten Eindruck gewinne deswegen auch der professionelle Blick die Oberhand: „Du überlegst da nur, wie die Bergung funktionieren kann“, sagt er. In dem Fall in Schöppingen sei die Schwierigkeit gewesen, das Auto per Kran aus dem Garten zu hieven.

„Die technische Ausstattung ist bei dem Job das A und O“, macht er deutlich. Der Kran auf seinem Abschleppwagen beispielsweise hätte den Unfallwagen wohl noch heben können, wenn er auf die maximale Länge ausgefahren sei. Das sei am Samstag aber nicht nötig gewesen.

Seit zwei Jahren selbstständig

Vor zwei Jahren hat sich der gelernte KFZ-Mechatroniker mit seinem Unternehmen selbstständig gemacht. Eine spezielle Zusatzausbildung gebe es nicht. Ein LKW-Führerschein reiche eigentlich schon. Dazu komme etwas theoretischer Unterricht. „Das meiste lernt man eh in der Praxis“, fügt er hinzu.

Im Moment ist er 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche in Bereitschaft. Freizeit, Urlaub, Familienleben? In dem Beruf seien das Fremdworte. „Ich weiß genau, dass das Handy losgeht, sobald ich meinen Bereich rund um den Altkreis Ahaus verlasse“, sagt er lachend. Das Geschäft sei eben völlig unplanbar.

Er sucht auch deswegen gerade nach Mitarbeitern. Ein weiteres Problem: Lkw-Bergungen. Auch für die hat er die technische Ausstattung, samt schwerem Bergefahrzeug für mehrere Hunderttausend Euro. Doch selbst bei einer simplen Panne dauere es schon mal eine halbe bis eine dreiviertel Stunde, bis ein Lastwagen sicher am Haken hängt. In der Zeit könne er dann für Unfälle oder Pkw-Bergungen nicht ausrücken.

Regelmäßig ist er auch auf der A31 unterwegs. Mit gemischten Gefühlen: „Du kannst dich anziehen wie ein Glühwürmchen und noch so viele gelbe Lampen auf dem Dach haben, die Menschen fahren mit Vollgas nur wenige Zentimeter an dir vorbei“, schimpft er. Dabei sei es doch so einfach: „Einfach nicht mit Vollgas auf der rechten Spur an einem Abschleppwagen vorbeidonnern“, sagt er. Leicht nach links zu ziehen, reiche ja schon aus.

Mit enormer Geschwindigkeit war der Wagen in Schöppingen erst gegen einen Baum, dann durch zwei Vorgärten und gegen ein geparktes Auto gefahren, bevor er schließlich im Garten zum Stillstand kam.
Mit enormer Geschwindigkeit war der Wagen in Schöppingen erst gegen einen Baum, dann durch zwei Vorgärten und gegen ein geparktes Auto gefahren, bevor er schließlich im Garten zum Stillstand kam. © Anne Winter-Weckenbrock

Der Ärger verfliegt aber schnell wieder: „Es war die richtige Entscheidung“, sagt er über den Schritt in die Selbstständigkeit. Und: „Wenn du einmal mit dem Abschleppen anfängst, kommst du davon nicht mehr los.“

Aber noch einmal zurück zu dem Unfall in Schöppingen: Die Polizei spricht mittlerweile davon, dass der 33-jährige Fahrer aus Steinfurt unter Alkohol gestanden habe. Ein vor Ort durchgeführter Atemalkoholtest lasse auf einen Blutalkoholwert von 1,4 Promille schließen, erklärte Dietmar Brüning von der Pressestelle der Polizei im Kreis Borken auf Nachfrage unserer Redaktion.

Fahrer hatte wohl Alkohol getrunken

Zweiter Unfallfaktor: Die extrem hohe Geschwindigkeit. Dietmar Brüning nennt keine Schätzung, fasst den Hergang aber noch einmal zusammen. Schon dadurch wird deutlich, wie hoch die Geschwindigkeit gewesen sein muss: Der Fahrer hat erst einen Baum an der Straße getroffen. Laut Polizei mit einem Stamm von rund 30 Zentimetern Durchmesser. Von dort aus sei der Wagen durch zwei Vorgärten geschossen und schließlich gegen einen anderen abgestellten Pkw geprallt.

Zum Glück: „Dadurch wurde das Auto in den Garten abgelenkt“, sagt Dietmar Brüning. Sonst wäre der Wagen direkt in die Hauswand eingeschlagen. Gut möglich, dass er die Wand auch durchschlagen hätte. Wie der Hauseigentümer Günter Rudeck noch in der Nacht gegenüber unserer Redaktion erklärte, liegt unmittelbar dahinter das Schlafzimmer seiner Mutter.

Die vier Insassen des Unfallautos, neben dem Fahrer saßen zwei Männer (29 und 40) sowie eine Frau aus Schöppingen (46) im Auto, wurden teils schwer verletzt. Auch der Sachschaden ist immens: Allein am Haus liegt der bei rund 200.000 Euro. Dazu kommen die beiden Pkw mit Totalschaden.

Auto kracht durch Zaun in Garten: „Die Frage war nicht ob, sondern wann hier was passiert“