Ottensteiner Anden Spaziergang ins Alpaka-Glück mit Pepe und Fine

Ottensteiner Anden: Spaziergang ins Alpaka-Glück mit Pepe und Fine
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Eigentlich mache ich mich vor großen Tieren nicht bange und habe als Viehhändlerkind kein Problem, mit Pferden, Schweinen oder Rindern umzugehen. Bloß Alpakas flößen mir dann doch Respekt ein, nachdem ich in meiner Kindheit schlechte Erfahrungen mit einem mies gelaunten Lama gemacht habe.

Zuerst sind sie gar nicht zu sehen, als ich an diesem verregneten Vormittag vor dem schmucken Einfamilienhaus in Ottenstein ankomme, in dem Familie Blick zu Hause ist. Ich gehe ums Haus herum, wo ein Bauzaun mir den Weg versperrt.

Und da sind sie: Eigentümlich sehen die südamerikanischen Paarhufer aus mit ihren langen Hälsen, auf denen wollige Köpfe thronen. Köpfe, die sich mir jetzt zuwenden. Die ersten kommen vorsichtig auf mich zu, um mich abzuchecken.

Aus dem Stall tritt Christian Blick, der mich bereits erwartet hat, und mir das improvisierte Tor öffnet. Die Tiere scheinen mich mit genauso viel Argwohn zu betrachten wie ich sie. Und ich frage mich, mit welchem von ihnen ich gleich wandern darf.

„Vor der Wanderung kriegen die Tiere eigentlich immer ein bisschen Müsli“, erklärt der Ottensteiner, als sich ein junges Alpaka – Pepe, wie ich später erfahre – plötzlich doch näher an mich herantraut und neugierig die Kamera beschnuppert, die ich in den Händen halte.

Müslimischung für Alpakas

Begleiten wird uns auf unserer Wanderung auch Sohn Oskar, der sechs Monate alt ist und - im Gegensatz zu mir - überhaupt keine Angst vor den Alpakas hat. Obwohl er von großen, braunen Augen neugierig beäugt wird, bleibt der Säugling in seinem Kinderwagen völlig cool.

Christian Blick verschwindet kurz im Stall. Plötzlich verändert sich die Stimmung innerhalb der Herde. Die sieben Tiere drängen sich näher zusammen und ein paar folgen ihrem Herrn in den Stall hinein. Fine, Ida, Pepe und Co. wissen ganz genau, was es heißt, als Christian Blick mit zwei gefüllten Metallschalen aus dem Stall heraustritt. Schnell entsteht ein dichtes Gedränge um den Mann herum, denn jeder will ein Maul voll von dem nahrhaften Trockenfutter abhaben.

„Hier, du kannst die auch füttern“, Blick drückt mir eine der Alpaka-Müsli-Schüsseln in die Hand und mein Herz beginnt zu rasen, als sich der erste Wollkopf in meine Richtung reckt. Meine Finger krallen sich in Panik um den Schüsselrand. Ein zweites Tier schubst und schiebt sich in die Pole-Position und dann passiert das, was ich die ganze Zeit befürchtet habe:

Eine schlecht gezielte Ladung Alpaka-Spucke, gemischt mit Müsliresten, trifft mich genau ins Gesicht. Ich schließe angewidert die Augen und zucke zusammen. Das war jetzt wirklich eklig, wenn auch nicht für mich bestimmt, sondern für den vierbeinigen Konkurrenten. „Wir sind alle schon mal angespuckt worden“, beruhigt Christian Blick mich.

Pepe, der Publikumsliebling

Eilig wische ich mir mit einer Hand die Spucke weg, während ich mit der anderen die Schüssel halte. Schnell ist diese geleert und ich bin ehrlich gesagt froh, als der Ansturm auf meine Person vorbei ist. Während einige der Alpakas noch Müslikrümel vom Boden aufschlabbern, holt Christian Blick zwei Hundeleinen aus dem Stall. Jetzt wird es ernst.

„Wir nehmen Fine mit, das ist unser liebstes Alpaka. Und ihr Fohlen Pepe, das ist unser Publikumsliebling“, erklärt der Vater von drei Kindern, während er einer rostbraunen Alpakastute die Leine anlegt.

Pepe ist mit seinem wollig weißen Fell und seinen großen Augen zugegebenermaßen echt niedlich. Und als er ein leises „Mööhp“ von sich gibt, öffnet sich tatsächlich mein skeptisches Herz.

Meine Wanderpartnerin ist heute jedoch nicht der Kleine, sondern seine Mutter, die das Prozedere schon gut kennt. Als Mutter und Sohn mit ihren menschlichen Begleitern das Gehege verlassen, bleibt der Rest der Herde – leicht neidisch dreinblickend – hinter dem Zaun zurück.

Pepe bewegt sich brav neben dem Kinderwagen her und rupft hier und da ein paar Halme und Blättchen ab. Seine Mutter hingegen weiß genau, wo sie hinwill: Zu den Haselnusssträuchern entlang des Weges.

Geschwisterchen für Pepe?

Ich gebe nach und lasse mich einfach mitziehen, obwohl es gerade von oben zu tropfen angefangen hat. Bei so einer Alpakawanderung kann man schließlich einfach mal die Kontrolle abgeben und das tut meiner Seele gut. „Die Haselnussblätter mag Fine am liebsten“, erklärt ihr Besitzer und stutzt dann plötzlich.

Fine verschmäht auch nicht die Brennnesselblätter am Wegesrand und rupft diese tüchtig ab. „Brennnesseln frisst sie eigentlich nur, wenn sie schwanger ist“, setzt Christian Blick hinzu. Soll das etwa heißen, der kleine Pepe bekommt ein Geschwisterchen? Ich staune, dass auch Alpakas Schwangerschaftsgelüste haben.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf sehe ich meine tierische Weggefährtin mit anderen Augen. Ich lasse die Leine ganz locker und gehe einfach dahin, wo Fine hinwill. Nur nichts verkehrt machen und ganz vorsichtig, denn es könnte sein, dass sie ein Baby erwartet.

Der Regen, der inzwischen auf meine Wandergruppe niederprasselt, scheint den Tieren nichts auszumachen. Weit sind wir noch nicht gekommen, als Alexandra Blick uns einholt. In das Alpaka am anderen Ende meiner Leine kommt Bewegung. Fine gibt einen verunsicherten Laut von sich und versucht auszubrechen, denn der Regenschirm in der Hand ihrer Besitzerin macht ihr Angst.

Fine versucht zu flüchten

Ich klammere mich einem Impuls folgend an die Leine und halte nach Kräften dagegen. Jetzt bloß nicht nachgeben, auch wenn Fine ganz schön zieht. Lamas sind nun einmal Fluchttiere. Schnell ist Christian Blick jedoch bei mir und übernimmt, während seine Frau leise auf Fine einredet. Das Tier beruhigt sich wieder und bald schon ist der kleine Schreck vergessen.

Für mich geht der Spaziergang weiter mit Pepe. Der kleine Alpakahengst ist 2022 geboren und schon ganz schön selbstständig für sein Alter. Vorsichtig berühre ich Pepe und fasse in sein weiches Fell. Das Kreatin im Alpakahaar macht die Wolle zu etwas Besonderem. Sie soll sogar gut sein gegen Gelenkrheuma und Neurodermitis, erläutert Alexandra Blick.

Christian und Alexandra Blick mit ihren Alpakas Fine und Pepe.
Christian und Alexandra Blick mit ihren Alpakas Fine und Pepe. © Anna-Lena Haget

„Wir haben schon verschiedene Dinge mit der Wolle gemacht: Seifen, Schuhinnensohlen… Wir wollen jetzt auch versuchen, daraus Oberbetten zu machen“, setzt ihr Ehemann hinzu. Trotzdem legen die beiden Wert darauf, dass ihre kleine Alpakaherde zur Familie gehört. „Die Alpakas sind eigentlich nur Hobby“, stellt Christian Blick klar.

Mit ihren Tieren besucht Familie Blick regelmäßig Seniorenheime und Behinderteneinrichtungen. Und immer wieder staunen die beiden über die beruhigende Wirkung der Lastentiere aus den Anden.

Und die pure Freude, die die Begegnung mit ihnen auslöst. „Wir hatten vor Kurzem eine spezielle Kindergruppe hier. Ein Junge hatte ADHS, aber unsere Alpakastute Mercedes hat es geschafft, dass er ganz ruhig wurde“, erzählt die Ottensteinerin.

Jeder, der einmal mit einem Alpaka spazieren gegangen ist, möchte es wahrscheinlich immer wieder tun. Die wolligen Tiere machen eben einfach glücklich. Und während Pepe neben mir her spaziert, kann ich nicht anders als zu lächeln. Der Regen ist in der Zwischenzeit immer stärker geworden und wir kommen zu einer asphaltierten Straße, die von Bäumen abgeschirmt wird.

Eigentlich, so erklärt die dreifache Mutter, würde die Wanderung jetzt noch ein ganzes Stück weit in die Feldmark hineinführen. „Aber bei dem Wetter hat das, glaube ich, keinen Sinn. Aber bis zum Ende der Bäume können wir noch laufen“, entscheidet sie.

Ich bin ein bisschen traurig, dass unser gemeinsamer Ausflug schon wieder endet. Aber bei dem Regen, der gerade von oben runterkommt, kann ich die Entscheidung verstehen. Nach einem kleinen Schluck Sangria und ein paar Keksen zur Stärkung drehen wir wieder schließlich um.

Diesmal können Pepe und seine Mutter es scheinbar gar nicht erwarten, zurück nach Hause zu kommen. Respekt flößen mir die Alpakas immer noch ein, aber meine Haltung zu den Tieren hat sich grundlegend geändert. Ich freue mich schon jetzt, bald mal wieder mit ihnen durch die Ottensteiner Anden zu spazieren.

Wer Lust hat, Fine, Pepe und Co. persönlich kennenzulernen, hat dazu die Gelegenheit. Familie Blick bietet auf ihrer Internetseite verschiedene Alpaka-Wanderungen und Produkte an. https://ottensteiner-anden.de