Öffentliches WC in Ahaus öffnet sich per Smartphone Zu wenig stille Örtchen in der Innenstadt

Öffentliche Toilette in Ahaus öffnet sich per Smartphone
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Wer in der Innenstadt eine Toilette sucht, braucht entweder Glück (und ist zu den Öffnungszeiten des Rathauses unterwegs), Kleingeld (für die Toiletten am Domhof) oder ein Smartphone (für das WC an der Wallstraße).

Seit einigen Wochen ist die Tür mit einem elektronischen Schloss ausgestattet. Ein dreisprachiger Zettel an der Tür erklärt das Verfahren: Per Chayns-App und nach einer zusätzlichen Registrierung lässt sich die Tür öffnen. Kosten entstehen nicht. Einzig die Registrierung nimmt einen Moment in Anspruch – wenn der notbedürftige Passant die App schon auf dem Smartphone hat und dort registriert ist. Sonst verlängert sich das Prozedere vor der Tür. Menschen ohne Smartphone bleibt die Tür komplett verschlossen.

Elke Kolbe (51) hat das genau im Blick: Seit elf Jahren wohnt die Ahauserin dort praktisch direkt gegenüber. „Nach den Bränden war die Toilette ja lange geschlossen“, erklärt sie. Seit einigen Wochen gebe es die Lösung mit dem elektronischen Türschloss. „Das scheint ganz gut zu funktionieren“, erklärt die Ahauserin.

Zwar hätten schon einige Male gerade ältere Menschen etwas ratlos vor der Tür gestanden. Einige hätten kein Handy gehabt, einige seien an der Registrierung gescheitert. „Aber dann habe ich denen einfach die Tür aufgemacht“, sagt sie. Sie selbst komme mit der Chayns-Lösung gut zurecht. „Ich finde das super“, sagt sie an diesem Vormittag.

Situation insgesamt katastrophal

Allerdings räumt sie auch ein, dass die Situation mit den öffentlichen Toiletten in Ahaus insgesamt eine Katastrophe sei: An der Wallstraße die elektronische Lösung, die Toiletten am Domhof würden nur mit Münzgeld funktionieren und im Rathaus gebe es zwar Toiletten, aber eben nur zu den Öffnungszeiten.

„Für diejenigen, die auf eine Toilette angewiesen sind, ist das zu wenig“, erklärt sie. Gerade für Ältere, Menschen mit Behinderung oder manche Frauen nach einer Schwangerschaft sei ein Besuch der Innenstadt deswegen oft eine schwierige Frage.

Gleichzeitig haben die fehlenden – oder nicht zugänglichen – Toiletten eine extrem eklige Folge: Denn oft genug würden sich Menschen, die keinen Zugang zu der Toilette bekommen, unmittelbar in den Büschen erleichtern. Bei kleinen wie großen Bedürfnissen. Problem: „Unsere Mülltonnen sind neben der Toilette untergebracht“, sagt Elke Kolbe. Sonst würde sie dort natürlich freiwillig keinen Fuß hinsetzen. So falle ihr das aber regelmäßig auf.

Die Anleitung für den Toiletten-Zugang per Chayns ist dreisprachig an der Toilettentür an der Wallstraße angeschlagen. Die Nutzung ist kostenlos, allerdings dauert die Registrierung vor Ort einen Moment.
QR-Code und Anleitung für den Toilettenbesuch: Per Chayns lässt sich die Tür der öffentlichen Toilette an der Wallstraße öffnen. Die Benutzung ist kostenfrei, für die Registrierung braucht man allerdings einen Augenblick. © Stephan Rape

Die Probleme rund um dringende Bedürfnisse in der Innenstadt waren gerade erst in der Politik wieder hochgekocht: Hubert Kersting (UWG) hatte nachgefragt, wie es nach dem Vandalismus der vergangenen Jahre mit dem öffentlichen Örtchen an der Wallstraße weitergehe.

Der Technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner hatte in der Sitzung des Finanzausschusses erklärt, dass die Verwaltung es erst einmal mit dem elektrischen Schloss für die Anlage in der Wallstraße versuchen wolle. Es gehe darum, die Anlage offen zu halten, aber gleichzeitig die Kontrolle über den Zugang nicht zu verlieren.

„Natürlich ist diese Art von öffentlicher Toilette nicht einladend“, schränkte er ein. Weder für die Wallstraße, noch für die Innenstadt insgesamt. Die Anlage am Domhof hingegen scheine gut zu funktionieren. So zumindest sein Eindruck.

Blick in die Großstädte

Auch Ludwig Niestegge (UWG) hatte in der Ausschusssitzung angesprochen, dass Menschen in den Gebüschen neben den öffentlichen Toiletten „dem Druck nachgeben“. „Nicht sehr appetitlich“, bewertete er knapp. Auch dagegen müsse dringend etwas getan werden. Eine Lösung hatte er allerdings auch nicht parat.

Dietmar Eisele (Grüne) zog den Vergleich in die weite Welt: In Paris oder anderen Großstädten sähen die öffentlichen Toiletten deutlich besser aus als hier. Jahrein, jahraus beschäftige sich Ahaus mit dem gleichen Problem. Bisher ohne Aussicht auf Besserung. Er schlug eine Lösung über Gutscheine oder Rückzahlung über die Geschäfte vor. Die Toilette in der Innenstadt müsse man entweder besser ausstatten oder ganz wegmachen.

Die öffentliche Toilettenanlage am Domhof. Nur mit Kleingeld oder einem Schlüssel öffnen sich dort die Türen.
Die andere öffentliche WC-Anlage in der Innenstadt am Domhof funktioniert nur mit Kleingeld. Allerdings sei Vandalismus dort in der Vergangenheit seltener Thema gewesen als an der Wallstraße. © Stephan Rape

Gerade die Lösung mit Gutscheinen greife aber für Ahaus nicht, hielt Thomas Hammwöhner dagegen. In Großstädten oder an Autobahnen seien es eben private Anbieter, die Toiletten bereit stellen würden. „Und sie zum Teil auch über Werbung finanzieren“, erklärte er. Das gebe es hier schlicht nicht. Auch Bürgermeisterin Karola Voß blickte zurück auf die Vandalismus-Schäden: Frei zugängliche Toiletten seien wünschenswert, aber so nicht machbar. „Wir haben noch keine gute Idee, wie wir das Vandalismus-Problem in den Griff bekommen“, machte sie deutlich.

In der Planung für die Neugestaltung der Wallstraße soll auch das Thema Toiletten noch einmal eine Rolle spielen. Versuche, in Ahaus das Projekt „Nette Toilette“ zu etablieren, waren zuletzt 2020 endgültig gescheitert. Dabei hätten Gastronomen ihre Toiletten für Passanten zur Verfügung stellen sollen und dafür von der Stadt eine geringe Entschädigung bekommen. Das Projekt wurde aufgegeben, nachdem sich nur drei Interessierte gemeldet hatten.

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