Normalerweise soll eine Psychotherapie straffällig gewordenen Menschen dabei helfen, wieder auf den richtigen Weg zu gelangen. Vor allem, wenn sich in ihren Taten wiederkehrende Muster offenbaren.
Für eine mehrfach wegen Betrugs vorbestrafte Frau aus Ahaus hatten die Gespräche mit einer Therapeutin offenbar den gegenteiligen Effekt. So klang es zumindest in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Ahaus, während die Angeklagte zu erklären versuchte, warum sie abermals zur Täterin wurde.
Zeugin reist aus Sachsen an
In einer „sehr tiefen Phase“ habe sie sich um den Jahreswechsel 2021/22 befunden, als sie auf einem Kleinanzeigenportal eine Verkaufsanzeige für ein Smartphone veröffentlichte. Eine interessierte Frau aus Sachsen meldete sich bei der 43-Jährigen, Kontodaten wurden ausgetauscht und 189,99 Euro wechselten die Besitzerin.
Doch das Handy kam nie bei der Käuferin an. Auf Rückfragen im Chat reagierte die Ahauserin nicht mehr, der Kontakt brach ab, die Anzeige folgte. Über ihre Verteidigerin räumte die Angeklagte vor Gericht ein, das Geld für das nie verschickte Smartphone bewusst einbehalten zu haben.
„Warum muss es für so etwas zu einer Gerichtsverhandlung kommen?“, fragte die an diesem Tag extra aus Sachsen angereiste Geschädigte. Wohl auch, weil die Angeklagte nur wenige Wochen nach dem Internetbetrug wieder auffällig wurde, diesmal mit einer falschen Verdächtigung gegenüber ihrem Ehemann, die ebenfalls verhandelt wurde.
Trauma aus der Kindheit
Mit der flachen Hand habe er ihr auf den Kopf geschlagen, so ihre Aussage. Gegen den Ehemann wurde ein zehntägiges Begegnungsverbot ausgesprochen, er wohnte in dieser Zeit im Hotel. Bis die 43-Jährige einräumte, dass es den Vorfall nie gegeben hatte.
Ein Hilferuf an ihre Therapeutin seien die Taten gewesen. An die Therapeutin, bei der die Ahauserin seit Januar 2021 in Behandlung war, um ihre betrügerischen Verhaltensweisen aufzuarbeiten. „Meine Mandantin kam mit der Therapeutin nicht zurecht, für sie war es eine schlechte Therapie“, so die Verteidigerin.

Die Angeklagte ergänzte, dass die Fokussierung auf ihre Kindheit in der Therapie ihr nicht gut getan habe: „Ich habe mich wieder wie so ein Kind gefühlt, bin immer wieder dahin zurückgefallen. Ich hatte auch Angst, am Ende wieder ohne Therapie dazustehen.“
Die Diagnose der Therapeutin lautete: Posttraumatische Belastungsstörung und Borderline-Störung, bedingt durch Gewalterfahrungen im Grundschulalter. Eine Einschätzung, die ein vom Gericht als Sachverständiger hinzugezogener forensischer Psychiater im Wesentlichen teilte.
Bewährungshelferin verärgert
„Wir haben hier sicher einen hoch belasteten Menschen“, so der Sachverständige, der der Angeklagten zusätzlich einen „Hang zu kleineren oder auch größeren Unwahrheiten“ attestierte. Die Bilanz: Mehrere Vorstrafen wegen Betrugs in insgesamt nahezu 50 Fällen, zweimal Gefängnis für jeweils knapp zwei Jahre, auch wegen Verstößen gegen Bewährungsauflagen.
Bis Ende 2024 läuft noch die Bewährung aus einem anderen Verfahren. Die vor Gericht ebenfalls anwesende Bewährungshelferin offenbarte in diesem Zusammenhang keine guten Neuigkeiten. Seit sie die Betreuung im Juli dieses Jahres übernommen habe, habe kein persönliches Gespräch stattgefunden. „Mir scheint es, als ob sie bewusst den Kontakt meidet“, erklärte sie.
Dem gegenüber standen die Beteuerungen der Angeklagten, nach einer inzwischen abgeschlossenen stationären Therapie und der Aufnahme einer neuen Beschäftigung auf dem Weg der Besserung zu sein.
Gericht folgt Staatsanwaltschaft
Schließlich lautete das Urteil für die Ahauserin: Acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, zusammengesetzt aus sechs Monaten für den Betrug und drei Monaten für die falsche Verdächtigung. Der Richter folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
In seiner Begründung führte er das Geständnis und das psychische Störungsbild der Angeklagten als strafmildernde Umstände an. „Zu Ihren Ungunsten kommt das Vorstrafenregister“, so der Richter weiter. „Insgesamt sechs Eintragungen sind gewaltig. Und dass die Bewährungshelferin die Geduld verliert, das muss man erstmal hinkriegen. Ich habe die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, aber das fiel mir nicht leicht.“
Die Bewährungszeit legte das Gericht auf drei Jahre fest. Zusätzlich muss die Ahauserin als Auflage 1500 Euro an „Brot für die Welt“ zahlen und erneut eine Therapie beginnen.