Der neuartige Virustyp der Myxomatose, der Feldhasen tötet, scheint tatsächlich Heek und den Kreis Borken erreicht zu haben. Dieser Redaktion liegen aus Jägerkreisen entsprechende Fall-Listen und diverse Fotos vor. Demnach scheint das Ausmaß schon größer als bisher angenommen zu sein.
Die Tiere auf den Fotos haben deutlich erkennbare Schwellungen am Kopf – besonders um die Augen herum – und lassen offenkundig den sonst typischen Fluchtreflex vermissen. Die Seuche hat bisher die Bestände von Wildkaninchen drastisch dezimiert. Jetzt die offenkundige Mutation.
Geänderte Wortwahl
Zwei Wochen liegt die erste Anfrage dieser Redaktion beim Kreis Borken zum Thema Myxomatase-Fälle bei Feldhasen zurück. Seinerzeit gab es keine bestätigten Fälle. Und jetzt? Die gleiche Aussage, allerdings hat sich die Wortwahl geändert und lässt Spielraum zur Interpretation.
Der Kreis teilt mit, dass „tatsächlich bestätigte Fälle von Myxomatose“ im Kreis bislang nicht vorlägen (Stand 20.09.). Schon seit Juni 2024 schickt der Kreis tote Feldhasen zur Untersuchung in ein Labor nach Münster.
Etwa im August (14) und September (bisher 26) verendete Feldhasen. Auf Nachfrage zu den Laborergebnissen teilt der Kreis mit, dass davon auszugehen sei, dass diese Tiere mit Myxomatose infiziert waren.
Pathologische Befunde
Doch wie passt das zusammen mit den Listen aus Jägerkreisen und warum gibt es keinen eindeutigen Beweis? Die Erklärung: Dem Kreis liegen aktuell „nur“ pathologische Befunde vor. Entsprechend können diese bisher auch nur als Verdachtsfälle eingestuft werden.
Hinzu kommt, dass „fast alle eingesandten Tiere“ auch weitere Vorerkrankungen gehabt haben sollen, sodass nicht eindeutig gesagt werden kann, dass sie auch tatsächlich an einer Myxomatose-Infektion gestorben sind.

Problem: Laut Kreis-Angaben kann das Labor in Münster „bisher keine Untersuchung auf die Pockenvirusinfektion“ durchführen. Die Myxomatose gehört aber zu den Pockenviren, die bei infizierten Tieren die typischen Schwellungen und Wucherungen entstehen lassen.
Natürlich auch nach wie vor auch bei Wildkaninchen. Der Redaktion wird berichtet, dass im Heeker Stiegenpark infizierte Tiere aufgetaucht seien. Ein ungeschützter Kontakt mit diesen Tieren, egal ob Hase, Kaninchen, tot oder lebendig, gilt es zu vermeiden. Wegen möglicher Sekundärinfektionen.
Grundsätzlich ist die Myxomatose laut Kreis – anders als die Hasenpest – aber nicht auf den Menschen übertragbar. Und es gibt – das erschwert die Erfassung eines Virus-Ausbruches – bisher keine Meldepflicht.
Der Kreis betont aber, dass die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW die Unteren Jagdbehörden sowie die Veterinärämter informiert und darum gebeten habe, verendete Feldhasen zur Untersuchung an die staatlichen Veterinäruntersuchungsämter weiterzuleiten.
Mithilfe gefragt
Der Kreis ist also auf die Mithilfe – auch von Spaziergängern und Radfahrern – angewiesen. Sollte man einen Feldhasen mit Symptomen entdecken – oder auch ein totes Tier –, sollte das bei der Unteren Jagdbehörde des Kreises (Tel. 02861/681 3010) gemeldet werden.
Diese informiert dann den Revierpächter. So können dann verendete Tiere von diesem zur Untersuchung an das Kreisveterinäramt weitergeleitet werden. Revierpächter, die Kreisjägerschaft sowie Hegeringsleiter seien über dieses Vorgehen bereits informiert worden, teilt der Kreis Borken mit.
Sollte man „innerorts“ auf ein verendetes Tier stoßen, dann gilt es, das örtliche Ordnungsamt über den Fund zu informieren, das dann die entsprechenden und zuvor genannten Stellen informieren wird.
Weitere Untersuchungen
Noch mal zurück zu einem gesicherten Nachweis des Virus-Ausbruches. Natürlich möchte auch der Kreis Borken darüber Klarheit haben. Genau deshalb werden jetzt auch „weitergehende Untersuchungen“ der toten Tiere durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe und Friedrich-Loeffler-Institut (Erregernachweis) veranlasst.
Dies diene auch der Klärung, ob es sich um den gleichen Virustyp wie in Spanien handele. 2018 verendeten dort erstmalig an Myxomatose erkrankte Iberische Feldhasen. Die Sterberate bei den infizierten Tieren lag dabei bei rund 55 Prozent. Tausende Tiere sollen gestorben sein.
Populations-Einbruch?
Während im Nachbarkreis Wesel der Virus-Ausbruch bei Feldhasen bereits bestätigt ist, bliebt es im Kreis Borken trotz aller negativen Vorzeichen vorerst bei Verdachtsfällen. Zwölf davon führt der Kreis aktuell an. Die der Redaktion zugespielte Liste aus Jägerkreisen ist hingegen deutlich länger.
In Gesprächen mit Jägern hat die Redaktion erfahren, dass die Befürchtung groß ist, dass der Feldhasen-Bestand im Kreis Borken durch das Virus drastisch einbrechen könnte. Von bis zu 70 Prozent ist die Rede.
Ob dem so kommt, wird sich zeigen. Der Kreis gibt dazu keine Prognose ab, da es sich um eine „neu auftretende Erkrankung bei einer Wildtierart“ handelt. Der Fachbereich Tiere und Lebensmittel sowie die Untere Jagdbehörde des Kreises seien lediglich für die Einsendung der Tiere und das Erfassen der Daten (Fundort, Befundberichte etc.) zuständig.
Eine Nachfrage bei der dafür zuständigen Wildschadenverhütung in Bonn, die zum Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW gehört, über die möglichen Auswirkungen des Virus im Kreis Borken blieben am Freitag (20. September) aufgrund der Kurzfristigkeit noch unbeantwortet.